Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
Fragen durch den Kopf.
Den Schalldämpfer haben sie also verschwinden lassen. Na gut. Aber wenn die Waffe der Organisation gehört, warum haben sie dann das Gutachten gefälscht? Zurückspulen. Was hat Metin von der Terrorbekämpfung in der Nacht, in der Betül ermordet wurde, am Tatort gemacht?
Und die brennende Frage:
Warum läßt Metin Informationen durchsickern? Gibt es zwischen ihnen etwa interne Konflikte?
Während er die Packung aufriß, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er mußte Gökhan und Aykut finden, außerdem Muhsin. Ansonsten könnte es noch mehr Tote geben.
Ein richtiger Türke kann am besten denken, wenn er Klopapier aufreißt
…
Am nächsten Morgen marschierte er mit ungeduldigem und cholerischen Stechschritt durch das Büro. Er war wütend auf das Phantom, das sich in aller Herrgottsfrühe Harun geschnappt hatte und mit ihm verschwunden war. Sie wollten den Schlag ausführen, bei dem sie Muhsin verhaften konnten, allerdings ohne Bescheid zu sagen, wohin sie gingen.
»Bin ich hier der Oberesel, oder was?«, regte er sich auf. »Kommen die Herren denn nicht auf die Idee, nach meiner Meinung zu fragen? Was denken die sich eigentlich, loszufahren, ohne mir vorher Bescheid zu geben?« Dem Geier und Eda begann er bereits den Tag zu verderben. »Und ihre Telefone sind natürlich ausgeschaltet. Wer weiß, wo sie sich rumtreiben.«
Schließlich rang sich der Geier, der Behzat Ç mit den Augen verfolgte wie einen Pingpongball beim Tischtennisspiel, die Bemerkung ab: »Tja, wir sind älter geworden. Wenn es um Action geht, lassen die jungen Leute uns links liegen.«
»Red doch nicht so’n Quatsch, verdammt nochmal.«
Um das Thema zu wechseln und deeskalierend einzuwirken, sagte Eda: »Ich kann euch sagen, warum Betül Muhsin in die Bar bestellt hat. Um Unterstützung zu bekommen.«
»Gegen wen?«
»Das werden wir erfahren, wenn sie Muhsin herbringen.«
»Falls sie lebendig hier eintreffen.«
Von der Zentrale wurde ein Verletzter gemeldet. Der Geier nahm sein Funkgerät und verließ den Raum. Behzat Ç griff zum schrillenden Telefon.
»Wo steckst du?«
Das Phantom sprach mit gedämpfter Stimme: »Wir haben Muhsin gefunden, aber es sieht so aus, als ob wir ihn nicht verhaften können.«
»Ist Harun denn nicht bei dir? Brecht die Wohnung auf und schnappt ihn euch!«
»Es ist alles ganz anders, als du denkst.«
»Ja, wie denn? Wo steckst du überhaupt? Gib gefälligst deine genaue Position durch!«
»Irgendwo in Kızılcahamam… Hey! Heyyy! Was soll das?«
Der Telefonhörer fiel ihm aus der Hand, man hörte ihn irgendwo gegenprallen.
»Hallo? Hallo?«
Inmitten des Geschreis erkannte er Haruns kräftige Stimme, die »Auseinander! Loslassen!« schrie. Das Handgemenge dauerte rund dreißig Sekunden. Dann nahm jemand den Hörer auf; es handelte sich vermutlich um eine Telefonzelle. Er hatte eine piepsige Kinderstimme.
»Bist du dieser verhurte Hauptkommissar?«
»Wer bist du, Bursche?«
»Nenn mich nicht Bursche! Ich fick deine Vorfahren, deinen erweiterten Verwandtenkreis…«
Behzat Ç drehte durch. Er wehrte sich mit ein paar kurzen Kraftausdrücken, die aber gegen den Inhaber der Piepsstimme nicht ankamen, da er sich mittels verblüffend origineller Flüche in Trance zu schreien schien. Als der Mann zu Ende geflucht hatte, holte er tief Luft.
»So, und jetzt frag mich nochmal, wer ich bin«, sagte er. »Weißt du, wer ich bin? Ich bin der Mann, der dich in fünf Minuten fertigmachen kann.«
»Ach ja?«
»Na, dann schau mal auf die Uhr. Du wirst schon sehen.«
Er knallte den Hörer auf die Gabel. Behzat Ç spürte vor Zorn den Puls an seinen Schläfen pochen. Dabei glitt sein Blick unwillkürlich zur Uhr an der Wand. Nach genau fünf Minuten wurde seine Bürotür aufgerissen. Der stellvertretende Polizeipräsident, den er das letzte Mal anläßlich des Mordes im Lehrerzimmer der Schule gesehen hatte, baute sich mit zornesrotem Gesicht vor ihm auf.
»Was bildest du dir eigentlich ein?«
»Was soll ich denn gemacht haben?«
»Da fragt der auch noch. Als wenn deine Leute nicht Muhsin Süvari observiert hätten!«
»Doch, haben sie. Im Rahmen unserer Ermittlungen. Er ist eine Schlüsselperson.«
»Genau deshalb hat ihn der Geheimdienst festgenommen. Und du versuchst, dem Geheimdienst die Leute aus den Fingern zu reißen!«
»Woher soll ich denn wissen, daß der Geheimdienst ihn festgenommen hat?«
»Laß das! Wenn es euch in den Kram paßt, wißt ihr alles. Wir waren gerade
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