Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
suchst du denn hier?«
»Berna ist auch meine Tochter.«
Ceyda setzte sich auf einen Baumstumpf und begann lautlos zu weinen.
»Es ist alles deine Schuld.«
»Meinst du, es ist meine Schuld, daß Berna in all diese Sachen reingeschlittert ist?«
»Natürlich. Du hast deine Waffe gezogen, du hast sie geschlagen, du hast dem Mann, den sie heiraten wollte, das Gesicht zertrümmert, Pillen in seine Tasche gesteckt und ihn ins Gefängnis werfen lassen, obwohl er unschuldig war. Es fehlt nur noch, daß du sie umbringst. Tu’s doch, wenn es dir dann besser geht.«
»Dann soll sie sich einen anständigen Mann suchen.«
Er hatte weder Zeit noch Lust, Ceyda zu beruhigen. Vor allem nicht jetzt. Er schaute auf seine Uhr. Während ihrer Ehe hatte sie so viele Tränen vergossen, daß man damit einen ganzen Wasserspeicher hätte auffüllen können.
»Wir haben aus Liebe geheiratet«, sagte Behzat Ç. »Du hättest zurückkommen und wieder mit mir zusammensein können, wenn du gewollt hättest.«
Ceyda starrte in die Finsternis und schrie zornig: »Mit dir kann man nicht zusammensein. Dir kann man nur ausgeliefert sein!«
»Sei leise, sonst hören sie uns.«
»Na und? Du ziehst in den Krieg und die Frauen müssen dir deine Munition hinterhertragen. Das ist dein Verständnis von Zusammensein.«
»Still!«
»Du behandelst alle Frauen wie Nutten. Du brauchst gar keine Frau, du brauchst eine Nutte. Bist du jetzt glücklich mit deinen Nutten? Bist du glücklich?«
Er mußte ihr den Mund zuhalten. Da Ceyda seine Waffe gesehen hatte, strampelte sie, als fechte sie einen Todeskampf aus. Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigte. Behzat Ç sah in ihr Gesicht und fragte sich, ob das die Frau war, die er geliebt hatte. Ceyda schaute ihn an und fragte sich vermutlich das gleiche.
Irgendwann bewegte Ceyda die Augen. Sie versuchte, ihn auf etwas aufmerksam zu machen. Als er ein Brüllen hörte, ließ er von ihrem Mund ab und fragte: »Was ist das?«
»Ein Löwe. Das Marsch-Rudel läuft hier herum.«
»Hör auf. Was machen denn die Löwen vom Marsch-Rudel in Ankara? Das sind doch BBC-Tiere.«
»Sie sind aus der Atatürk-Forstfarm ausgebrochen.«
Ein Schatten huschte über den Grillplatz.
»Sieh doch«, sagte Ceyda. »Da läuft jemand herum.«
»Wer?«
»Wer wohl? Berna. Was meinst du, weshalb wir hier sind?«
Er lief so schnell er konnte in ihre Richtung. Es war aber nicht Berna, sondern Betül.
Bist du etwa gar nicht tot? Hast du uns den Selbstmord nur vorgespielt?
Die Marsch-Löwen sprangen aus ihrem Versteck hervor und umringten Betül. Er drückte auf den Abzug, doch seine Waffe hatte eine Ladehemmung.
Gottverdammtes Scheiß-BBC!
Er lud nach. Patt! Patt! Fehlschuß.
Wir haben das Mädchen erwischt, aber die Löwen konnten fliehen
. Er ging zu dem erschossenen Mädchen. Alles war voller Blut. Er drehte ihr Gesicht zu sich. Es war Berna.
War ich das etwa? Was habe ich getan? Und was soll ich jetzt tun? Ich muß die Spuren vernichten, bevor die Polizei kommt. Die Polizei ist längst schon da. Wer sind wir schon gegen die?
Er suchte den Boden nach den Patronenhülsen ab. Die eine fand er und versenkte sie in seiner Tasche. Die andere war verloren.
»Was machst du da?«
Er drehte sich um. Es war der Geier.
»Nichts«, sagte er.
»Dann gib mir mal eine 216. Ich muß meine Lunge füttern.«
Er gab ihm die Zigarette und bemerkte erst beim Anzünden, daß es nicht der Geier war, sondern Half-Tail, die von dem Baum geklettert war, auf dem sie sich ausgestreckt hatte. Die Augen der Leopardenmutter funkelten in der Nacht, ihr Rücken spannte sich an, unvermittelt sprang sie ihn an. Er spürte ihre Pranken in seiner Schulter. Bis der Schmerz in seinem Gehirn angelangt war, hatten sich längst zwei spitze Zähne in seinen Hals geschlagen. Blut.
Er fuhr auf und faßte sich an den Hals. Es dauerte eine ganze Weile, bis er zu sich kam. Es war eine seltsame, schöne und bittere Zeitspanne, in der er Vergangenes und Zukünftiges gleichzeitig erlebte und jeder Augenblick ihm versicherte, daß der Alptraum vorbei war. Er lebte. Und Berna lebte auch. Er war kein Mörder und mußte nicht die Spuren seiner Bluttat verwischen. Es war alles vorbei.
Er verspürte ein Rumoren im Magen und ging im Laufschritt ins Bad. Die Zweiunddreißigerpackung Toilettenpapier lag vor der Waschmaschine. Er hob sie auf, drehte und wendete sie.
Daraus kannst du dir einen Beistelltisch basteln… Du brauchst doch einen
… Noch im Halbschlaf, schossen ihm
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