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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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dabei, wieder ein kollegiales Vertrauensverhältnis zu denen aufzubauen. Und jetzt guck dir das Apfelmus an, das du verzapft hast! Ich werd dich dafür zur Rechenschaft ziehen. Die Kripo mit ihren beschissenen Windeln führt einen Schlag gegen den Geheimdienst durch! Wer bist du überhaupt? Wer bist du, Behzat Ç? Was denkst du, wer du bist!?!«
    Behzat Ç ballte die Fäuste, bis seine Hände taub wurden und er eigentlich jede Flüssigkeit aus ihnen gewrungen haben müßte. So war es wohl, wenn man älter und reifer wurde. Der Hauptmann, dem er sämtliche Zähne ausgeschlagen hatte, hatte ihn längst nicht so angeschrien. Der stellvertretende Polizeipräsident hatte die ganze Mordkommission zusammengebrüllt und das Zimmer verlassen. Tahsin trat ein.
    »Sag jetzt bloß nichts.«
    »Ist ja gut«, sagte Tahsin. »Geh nach Hause. Nimm zwei Wochen Urlaub. Laß dich hier nicht blicken. Ich regel das.«
    »Ruf erstmal jemanden an, der unsere Jungs aus den Klauen dieser Leute befreit.«
    »Schon erledigt. Die Jungs sitzen bei mir.«
    Nachdem Tahsin gegangen war, setzte er sich an seinen Tisch und schaute auf die Uhr. Es waren nicht mehr als zehn Minuten vergangen. Er nahm ein weißes Blatt Papier, griff sich einen Kugelschreiber aus dem Stiftständer und dachte eine Weile nach. Er beugte sich leicht vor, um zu schreiben, doch der Kugelschreiber funktionierte nicht. Er nahm sich einen anderen. Der schrieb auch nicht. Er wühlte hektisch in seinen Taschen. Dann zog er die Schubladen auf und knallte sie wieder zu. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen. Dann begann er, die Stifte, den Stiftständer und alles, was ihm in die Hände fiel, gegen die Wand zu werfen. Die Wanduhr fiel zu Boden und zerbrach.
    Eda streckte ihren Kopf zur Tür herein und fragte: »Geht es Ihnen gut?«
    »Red nicht so’n Quatsch.«
    Sie zögerte.
    »Na spuck’s schon aus. Steh nicht da rum wie ein Ölgötze.«
    »Die Jungs haben Aykut hergebracht. Was sollen wir machen?«
    »Nichts, verdammt. Die Akte wird geschlossen.«
    Er nahm seine Jacke und ging.

23
    Elf Tage dämmerte er auf dem Sofa im Wohnzimmer vor sich hin. Das Fieber war von 38,5 °C auf 39 °C gestiegen. Der ständige Schlafmangel hatte sich in einem kolossalen, vegetativen Erschöpfungszustand entladen. Kamber hatte ihm letzte Woche zwei Stangen 216 vorbeigebracht und gestern hatte Gülsün ihm eine Suppe gekocht. Wenn er andere Menschen sehen wollte, schaltete er den Fernseher ein. Das Schlimmste am Kranksein war, daß ihm die 216 nicht richtig schmeckten. Auch wußte er nicht, ob er Urlaub hatte oder vom Dienst suspendiert worden war. Aber im Leben läuft nie alles schief, das Pendel findet immer wieder die Mitte. Letzte Woche hatte er sich mit Berna versöhnt. Endlich hatte seine Tochter ihn verstanden. Wurde auch langsam Zeit dafür. Wenn einen nicht einmal die Nächsten verstehen, wer denn sonst? Du kannst ihnen nicht ewig grollen, kannst sie nicht aus deinem Leben verbannen. Dazu mußt du verdammt mutig und stark sein, vielleicht sogar erbarmungslos. Schließlich strebt Blut zu seinesgleichem.
    Als Berna für ihn in der Küche Minze mit Zitronen aufkochte, wollte er ihr sagen:
Was bist du doch für eine talentierte Hausfrau geworden
. Er wollte sogar noch einen melodramatischen Satz hinzufügen wie:
Wär mir doch die Hand abgefallen, die dich schlug
. Er entschied sich dagegen und sagte lediglich: »Ich bin ein sehr grober Mensch.« Den Rest sollte sie auch ohne Worte verstehen. Berna hatte ja auch ihre Fehler eingesehen.
Nenn mir ein einziges Kind in diesem Land, das von seinem Vater nicht geschlagen wurde. Aber seine erwachsene Tochter zu ohrfeigen
… Aber eine Entschuldigung hatte er schon parat: Er hätte sich bestimmt beherrschen können, wären da nicht die Schreckensbilder in seinem Kopf entstanden, als sie sagte: »Ich verzapfe soviel Mist, wie ich will!«
Vor dem stellvertretenden Polizeipräsidenten hattest du dich besser unter Kontrolle. Man weiß nun mal, mit wem man sich anlegen kann. Wenn du Eier in der Hose hast, prügel dich gefälligst mit Kerlen, die stärker sind als du. Während du dir noch Sorgen um ihre Jungfräulichkeit gemacht hast, lag sie schon in der Abtreibungsklinik. Das alles mußt du vergessen, wenn du gesund werden willst
.
    Er vergaß es sogleich. Wenn er jetzt anrief, ging Berna nach dem zweiten Klingeln ran. Zweimal war sie ihn besuchen gekommen; was wollte er mehr, das war sein größtes Glück auf Erden. Sie sprachen über alles, sogar

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