Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sveva Casati Modignani
Vom Netzwerk:
Tages tränenüberströmt nach Hause gekommen, weil ihn die Klassenkameraden »betucht« genannt hatten.
    Â»Wie ist es dazu gekommen?«, hatte Guido nachgehakt.
    Â»Sie haben es gesagt, als die Lehrerin dabei war«, erzählte das Kind.
    Â»Und sie?«
    Â»Sie hat gesagt, dass man nichts dafür kann, ob man reich oder nicht reich geboren wird.«
    Â»Weißt du, was das Wort bedeutet?«
    Â»So was Ähnliches wie bescheuert?«, fragte das Kind.
    Guido hatte ihm mit großer Geduld erklären müssen, dass »betucht« keine Beleidigung war, dass seine Klassenkameraden nur die Realität erkannten und die Unterschiede bemerkten. Sie stellten eben fest, dass er reich war. Andere waren weniger reich und wieder andere arm. Guido hatte noch hinzugefügt, dass diese Ungleichheit ungerecht sei. Deshalb seien diejenigen, die mehr hätten, verpflichtet, denen, die nicht das Glück hätten, zu helfen.
    Geendet hatte er mit der Erklärung, dass die Cantonis schon lange Familien in Schwierigkeiten, notleidenden alten Menschen und armen Kindern halfen, indem sie ihnen Arbeit gaben, alte Leute ins Seniorenheim aufnahmen und Kinder in den Betriebskindergarten, den Léonie sich gewünscht hatte. Da hatte sich der kleine Giuseppe wieder beruhigt. Auch Gioacchino hatte so seine Probleme: Er spielte gern mit den Puppen seiner Schwester, und auch wenn er sich manchmal mit seinem großen Bruder in die Haare geriet, ging er Raufereien mit Gleichaltrigen aus dem Weg – nicht zuletzt, weil er seinen Freunden stets unterlag.
    Gioia gab nach wie vor Rätsel auf. Sie war sehr stur, weigerte sich , Italienisch zu sprechen, ja, gab sogar immer wieder vor, es nicht zu verstehen. Weder Strafen noch gutes Zureden konnten sie davon abbringen, und Léonie überlegte schon, mit ihr zu einer Kinderpsychologin zu gehen. Doch Guido und der Schwie gervater waren davon überzeugt, dass es sich nur um die fixe Idee eines Kindes handelte und sich die Angelegenheit bald von selbst regeln würde.
    Â»Ich hatte eine Mutter mit psychischen Problemen und kann dir versichern, dass Gioia vollkommen gesund ist. Außerdem: Einem Kind, dessen Name ›Freude‹ bedeutet, bleibt doch gar nichts anderes übrig, als seinen Eltern Sorgen zu machen, allein um sie zu provozieren!« Mit diesen Worten des Großvaters war die Sache erst einmal vom Tisch.
    Während Léonie eines Tages Giacinta stillte, fragte sie Guido: »Ist dir aufgefallen, dass dein Vater in letzter Zeit etwas seltsam ist?«
    Â»Wie meinst du das?«, wollte er wissen.
    Â»Er hat seinen Kleidungsstil geändert, dabei war auch der vorherige völlig in Ordnung. Er hat ein neues Aftershave, ein englisches. Du bist fünf von sieben Tagen in Rom, deshalb kannst du das nicht wissen, aber abends, nach der Arbeit, kommt er manchmal nicht mehr nach Hause, sondern geht auswärts essen. Aber das sind keine Geschäftsessen, denn das wüsste ich. Außerdem gibt es noch andere Hinweise, die eine Frau sofort erkennt«, verriet ihm Léonie belustigt.
    Â»Hat er eine Geliebte?«, meinte Guido fast angewidert.
    Â»Wenn ja – würdest du es wissen wollen?«
    Â»Nein. Und du?«
    Â»Ich auch nicht. Das ist seine Sache, schließlich ist er Witwer und hat ein Recht auf eine Gefährtin. Doch was, wenn es sich um eine Frau handelt, die nur auf sein Geld scharf ist …«
    Â»Du hast es gerade selbst gesagt: auf sein Geld, nicht auf unseres. Doch die Firma gehört uns allen. Andererseits ist Papa immer sehr vernünftig gewesen. Vielleicht machen wir aufgrund von kleinen Indizien, die nur dir aufgefallen sind, gerade aus einer Mücke einen Elefanten«, überlegte Guido laut. »Oder sprichst du vielleicht aus Erfahrung?«
    Seine Frau ließ sich nichts anmerken. Sie sah ihn gelassen an und sagte: »Ich hoffe, das war ein Scherz, wenn auch ein sehr geschmackloser.«
    Diese Gelassenheit konnte sie zur Schau stellen, weil sie fest da von überzeugt war, dass ihre Geschichte mit Roger nichts mit ihrer Ehe zu tun hatte. Und zwar nicht nur, weil sie ihn nur einmal im Jahr traf und die letzte Verabredung nicht mal eingehalten hatte, sondern auch weil die Gefühle, die sie für ihn empfand, nichts mit der tiefen Zuneigung zu tun hatten, die sie mit ihrem Mann verband.
    Guido wiederum hatte nach den beruhigenden Worten der Mailänder Detektivin beschlossen, Léonie keine Fragen zu

Weitere Kostenlose Bücher