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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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runter
von der Autobahn, das Fahrzeug zurücklassen und sich rasch ein anderes Auto
besorgen. In die Wohnung konnte er nicht zurück. Seinen Wagen? Vergiss ihn!
Aber Ivoritzki hatte vorgesorgt. Sein Geld — jedenfalls das meiste, befand sich
auf Konten im Ausland. Dort hatte er auch gefälschte Ausweise hinterlegt.
Allerdings würden die nur einer flüchtigen Betrachtung standhalten, keiner
gründlichen Prüfung.
    Nichts überstürzen!, dachte er.
Vielleicht hält Havliczek eine Weile dicht. Den Dr. Specht wird er nicht
verraten. Das wäre tödlich. Der Boss hat andere Möglichkeiten als wir.
Vielleicht sollte ich erst mal dort unterschlüpfen.
    Die nächste Ausfahrt!
    Er wurde ruhiger und lenkte das
Fahrzeug in die weit ausgezogene Kurve. Ein Hinweisschild tauchte in der
Dunkelheit auf: Üppigroden, Kreis Großroden — 4 km.
    Nie gehört. Egal! Er fuhr über
die Landstraße. Sie war leer. Die Begrenzungspfähle sahen aus wie frisch
gestrichen.
    Dann das Ortsschild.
    Neben der Straße war ein
geschotterter Platz. Ivoritzki lenkte sein Fahrzeug dorthin, hielt im hinteren
Teil, schaltete Motor und Scheinwerfer aus.
    Die Tasche. Den Schal um den
Hals. Ivoritzki knüpfte seine Lederjacke zu, stieg aus und schloss das
Führerhaus ab. Den Schlüssel steckte er ein. Sicherlich würde er ihn nie wieder
benutzen. Aber ihn wegzuwerfen — erschien ihm nicht als die richtige Geste.
    Er folgte der Straße. Es war
kalt. Laternen standen in großen Abständen. Kleine Grundstücke mit
Einfamilienhäusern zu beiden Seiten. Nur zweimal sah er Licht hinter Fenstern.
    Dann — beim fünften oder
sechsten Grundstück rechts — die geöffnete Garage.
    Das Tor war hochgeklappt. Eine
Doppelgarage. Links leer — rechts stand ein neuer VW, Modell untere
Mittelklasse. Offenbar graue Lackierung.
    Kuno sah sich rasch um. Keine
Menschenseele auf der Straße. Er huschte in die Garage und griff bereits in
seine Tasche, die u.a. ein Lederetui mit Fein-Werkzeugen enthielt: verschiedene
Schraubenzieher, elegante Zangen — Haken, Feilen, Drähte: sozusagen die
luxuriöse Geschenkausgabe für den Hobby-Einbrecher. Auch eine Rolle Leukoplast
— die nicht dazu gehörte — war drin.
    Er probierte die Fahrertür.
Verblüfft stellte er fest, dass sie nicht abgeschlossen war.
    Erst in diesem Moment hatten
sich seine Augen an die Dunkelheit in der Garage gewöhnt und er sah: Jemand saß
hinterm Lenkrad.
    „Heh! Was soll das?“, tönte
eine piepsige Stimme.
    Eine Frau! Nein, ein Mädchen!
Aber sicherlich volljährig.
    Er war zurückgeprallt, sprang
aber sofort wieder vor, riss den Schlag auf und warf sich regelrecht auf sie,
wobei er sein Gepäck fallen ließ. Eine Hand wurde ihr auf den Mund gepresst.
Mit der anderen packte er sie roh an der Schulter.
    „Keinen Laut! Wenn du schreist,
schlage ich zu!“
    Sie erstarrte. Sie trug Brille.
Im Innenlicht des Fahrzeugs sah er ihre schreckgeweiteten Augen. Ja, sie war
nicht älter als 17 oder 18, hatte langes dunkles, etwas strähniges Haar und ein
mopsiges, aber nicht unhübsches Gesicht. Sie trug einen Kapuzenmantel. Der
Zündschlüssel steckte.
    „Keinen Laut!“, wiederholte er.
    Ihr Mund unter seiner Hand
fühlte sich kalt an. Ein säuerlicher Geruch stieg auf. Apfelschorle — oder so
ähnlich. Wahrscheinlich kam sie von einer Dorfparty zurück, wollte gerade ins
Haus, war aber noch sitzen geblieben, weil sie ihn — den unbekannten,
nächtlichen Passanten — im Rückspiegel gesehen hatte.
    Er nahm die Hand von ihrem
Mund.
    „Seit wann sitzt du hier?“
    „Schon... schon... eine Weile.
Habe noch Radio gehört.“
    „Sind deine Eltern im Haus?“
    „N... nein. Sie... sie sind
noch bei Berkmeiers in Großroden. Bitte... tun Sie mir nichts.“
    „Verhalt dich ruhig! Und mach,
was ich sage! Dann hast du nichts zu befürchten.“
    „Was... wollen Sie?“
    Er sah ihr an, was sie
befürchtete. Aber ein Übergriff dieser Art stand nicht auf dem Programm. Diese
Angst konnte er ihr nehmen.
    „Ich will nur deinen Wagen. Den
Wagen und ein paar Stunden Vorsprung. Damit meine ich: Die Karre nutzt mir
wenig, wenn du gleich die Polizei verständigst und nach mir gefahndet wird.“
    „Ich... werde nichts sagen.
Bestimmt nicht. Sie können ihn haben.“
    „Ich habe ihn ja schon. Aber du
kommst mit. Wenn deine Eltern zurückkommen, denken sie vermutlich, du wärst
noch unterwegs. Richtig?“
    „Ja. Dass ich... bei Regina
übernachte. Das mache ich manchmal.“
    Er sagte ihr abermals, sie
hätte nichts zu

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