Bei Anruf - Angst
befürchten. Sie musste sich in den Fond setzen. Dort konnte sie
nicht rausspringen. Der Wagen war zweitürig. Ivoritzki klemmte sich hinters
Lenkrad, fuhr rückwärts aus der Garage und spähte die Dorfstraße entlang. Na,
wunderbar! Hier hatte man schon vor Stunden die Gehsteige hochgeklappt. Alles
schlief.
Er fuhr zur Autobahn zurück.
Dann kam ihm eine Idee. Irgendwie musste er das Mädchen loswerden — möglichst
so, dass ihr nichts passierte, sie aber erst in einigen Stunden aufgefunden
wurde.
Grinsend fuhr er auf den
geschotterten Platz und hielt neben dem Schleuser-Fahrzeug. „Dieses Ungetüm“,
erklärte er, „gehört mir. In dem Tankauflieger schließe ich dich jetzt ein.
Keine Sorge, du erstickst nicht. Die Frischluftzufuhr funktioniert auch bei
ausgeschaltetem Motor. Morgen früh wird man deine Klopfzeichen hören und dich
rauslassen. Und falls nicht — spätestens um acht Uhr früh rufe ich deine Eltern
an und sage ihnen, wo du bist. Die können dann zu Fuß herkommen und dich
befreien. Ich sage ihnen auch, wo die Verriegelung ist. Und du sagst mir jetzt
eure Telefonnummer samt Vorwahl.“
Seine Ankündigung löste Hysterie
bei ihr aus.
„Bitte, bitte, sperren Sie mich
nicht ein! Ich... ich leide unter Platzangst. In engen Räumen halte ich’s nicht
aus. Sogar meine Zimmertür muss ich immer offen lassen, sonst drehe ich durch
und...“
„Tut mir Leid! Darauf kann ich
keine Rücksicht nehmen. Dann wirst du’s dir jetzt eben abgewöhnen.“
Er musste sie aus dem Wagen
zerren und fast mit Gewalt in das Versteck im Tankauflieger zwingen. Sie
weinte, sie zitterte. Immerhin nannte sie die Telefonnummer, bevor er den
Einstieg hinter ihr verriegelte. Und auch ihren Namen: Traudel Bruhn.
Sofort erklangen
Klopfgeräusche. Aber die konnte man nur aus nächster Nähe vernehmen. Wer auf
der Straße vorbeifuhr, hörte nichts.
Er war mit sich zufrieden,
düste zur Autobahn, dann Richtung Millionenstadt. Unterwegs hielt er bei einer
Raststätte und trank einen Kaffee. Bei der Gelegenheit rief er in Hamburg an — bei
Beate Welkhalm. Zu seinem Entsetzen meldete sich eine Männerstimme, eine harte
Stimme in dem unverfänglichen Tonfall, um den Polizisten sich bemühen, wenn sie
sich nicht zu erkennen geben. Das hieß: Die Bullen waren bereits bei Beate. Man
hatte sie verhaftet. Offenbar ging jetzt alles sehr rasch.
Kuno unterbrach die Verbindung,
ohne sich zu melden, und fuhr weiter nach Hinterflecken zum Boss, zu Dr.
Heribert Specht. Der würde nicht sehr begeistert sein über den späten Besuch.
Aber es war der einzige Ausweg: seine Schnapsfabrik das willkommene Versteck.
17. Lügt er oder lügt er nicht?
Auch mitten in der Nacht ist
das Polizeipräsidium der Millionenstadt kein ruhiger Ort. TKKG wissen das
längst. Nur zu oft haben abenteuerliche Ereignisse, die sich zu
nachtschlafender Zeit abspielten, sie hierher geführt. Und natürlich immer in
das Büro von Kommissar Glockner, Gabys Vater. Dort saßen sie auch jetzt — auf
vier harten Stühlen. Glockner, Tims väterlicher Freund, saß hinter dem
Schreibtisch. Sein markantes Gesicht lag etwas im Schatten der Tischlampe, doch
jetzt beugte er sich vor. Ernste Miene, aber freundlich. Immerhin hatte Gaby
ihn bereits becirct. Und welcher liebe Papi, dachte Tim, kann einem solchen
Töchterchen böse sein. Nein, es wird keine Standpauke geben wegen unserer
Aktion.
Glockner war — zusammen mit
einem Kollegen — zur Ivoritzki-Wohnung gekommen. Der Kollege — und ein
weiterer, den man angefordert hatte — wachte jetzt dort, wartete auf die
Rückkehr des Schleusers.
Havliczek war von Glockner
verhört worden — in Gegenwart von TKKG. Der Schleuser leistete nun keinen
Widerstand mehr. Sein letzter Versuch, sich heimlich mausig zu machen und
Ivoritzki zu warnen, war schon vorhin von TKKG, vor allem von Tim, durchschaut
worden. Mit ein paar Drohgebärden, die zwar nur heiße Luft waren, aber von
Havliczek ernst genommen wurden, hatten sie ihn zum Sprechen gebracht. Ja, er
habe einen Code benutzt, gab er zu. Bestens-bestens-bestens sei dringliche
Warnung gewesen an Kuno Ivoritzki. Und der hätte das sicherlich begriffen.
Damit war die
Wahrscheinlichkeit, dass der Kerl in seine Wohnung zurückkam, äußerst gering.
Aber man hat ja schon Typen erlebt, die wider alle Vernunft dennoch auf eine
Möglichkeit lauern — weil sie sich von irgendeinem Stück Hausrat nicht trennen
können und es unbedingt mitnehmen wollen beim Abtauchen in den Untergrund
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