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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Mutter.
     
    »Darf ich einen Moment um Ruhe bitten?« Torstens sonore Mikrofonstimme unterbrach das Stimmengewirr ebenso wie die Schockstarre an der Tür. »Ich rede auch nicht lange.«
    Es wurde still, alle Augen wandten sich Torsten zu. Auch Doris drehte sich langsam von Katja und Alex weg und starrte ihren Mann, der in der Mitte des Raumes stand, an, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
    »Liebe Doris, liebe Familie, liebe Freunde. Ich habe dieses kleine Fest hinter Doris’ Rücken und, ich muss es zugeben, auch gegen ihren ausdrücklichen Wunsch organisiert. In den letzten Tagen hatte ich deshalb auch ein paarmal den Anflug eines schlechten Gewissens. Das ist heute aber komplett verflogen, weil ich mir nun sicher bin, dass dieser Tag meiner Frau Spaß machen wird.«
     
    ›Sascha ist nicht schwul‹, dachte Doris. ›Katjas jugendlicher Liebhaber ist tatsächlich der Freund von Sascha.‹
     
    »Der fünfzigste Geburtstag wiegt sicher schwerer als der achtzehnte oder der zwanzigste. Ich kann mich aber erinnern, dass wir den dreißigsten auch schon schockierend fanden.« Einige der Gäste lachten.
    |307| Doris dachte: ›Katja hätte ja auch mit Sascha zusammen sein können. Statt mit seinem Freund.‹
     
    »Viele von euch kennen Doris schon seit dieser Zeit und erinnern sich an diesen dreißigsten Geburtstag und ihre Rede, die mit dem legendären Satz endete: ›Lasst uns für den Rest der Zeit wenigstens Spaß haben. Wenn wir schon alle zusammen alt werden müssen.‹ Daran habe ich in den letzten Jahren manchmal gedacht. Ich bin froh, dass wir alle zusammen alt werden, und hoffe, dass wir noch oft zusammen feiern. Und, liebe Doris, an die Sache mit dem Spaß sollten wir noch mal verstärkt rangehen, mit fünfzig kann man sich endlich eine gewisse Leichtigkeit im Leben leisten, dass wir viel können, haben wir doch in den letzten Jahren bewiesen.«
     
    ›Wenn meine Mutter Katja und Alex so sieht, fängt sie an zu kreischen.‹ Doris zwang sich, ihren Blick auf Torsten zu richten, der sie gerade liebevoll ansah. ›Lass uns abhauen‹, dachte sie, ›ich habe keine Lust auf diese ganzen Menschen.‹
    Ihr wurde klar, dass sie kaum etwas von Torstens Rede mitbekommen hatte. Anke stand plötzlich in ihrer Nähe und blickte fragend. Doris nickte ihr zu und bemühte sich, den letzten Worten von Torsten zu folgen.
     
    »Ich wünsche uns einen unbeschwerten Tag und Abend mit viel guter Laune und meiner Frau eines der besten Jahrzehnte ihres Lebens. Ich liebe dich, Doris Goldstein-Wagner, übrigens mit fünfzig genauso oder mehr wie mit fünfzehn, als wir uns das erste Mal geküsst haben. Und jetzt bitte ans Büffet. Danke für euer Kommen und ganz viel Spaß.«
     
    |308| Doris wollte so schnell wie möglich zu ihm und lief, unter einem herzlichen Applaus und ohne auf ihre Gäste zu achten, quer durch den Saal.
    »Danke«, sagte sie und küsste ihn schnell auf den Mund. »Das hast du schön gemacht. Ich gebe mir Mühe, viel Spaß zu haben.«
    »Keine Mühe mehr, bitte.« Er hielt sie an ausgestreckten Armen von sich und musterte sie prüfend. »Hast du ein Gespenst gesehen? Oder war die Rede so schlecht?«
    Doris deutete hinter sich, wo Katja immer noch von Alex umfangen an der Tür stand. Sascha unterhielt sich mittlerweile mit Anke.
    »Wenn Kerner jetzt auch noch was mit Sascha anfängt, muss ich mal über dich nachdenken. Ich glaube es einfach nicht. Severin und dieses Kind.«
    »Oh.« Torsten grinste. »Katja lässt doch wirklich nichts aus. Respekt. Aber wenn’s ihr gut tut? Wieso bist du plötzlich so moralisch? Und spießig?«
    Doris sah ihn nachdenklich an. Er hatte recht. Sie bekam gerade wieder einen Rückfall. Dabei sollte doch eigentlich vieles ganz anders werden. Langsam hakte sie sich bei ihm unter. Er hatte eine helle Wildlederjacke und Jeans an, seine grauen Haare waren kurz, seine Augen sehr blau, er wirkte ungeheuer lässig und sehr männlich.
    »Organisierst du uns zwei Gläser Sekt und gehst mit mir einen Moment vor die Tür?«
    Überrascht ließ er sie los. »Jetzt? Vor dem Essen?«
    »Seit wann bist du so spießig?«
    Doris legte kurz die Hand an sein Gesicht und drehte sich um. »Bis gleich.«
     
    |309| Katja und Alex gingen mit Anke zu ihrem Tisch, Sascha folgte ihnen. Alle Gäste waren jetzt im Lokal, nur Doris war auf der Außenterrasse. Sie setzte sich auf eine Bank, von wo aus man das Meer sehen konnte, und wartete auf ihren Mann.
    Nach wenigen Minuten war er da, balancierte zwei

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