Bei Interview Mord
Sie hat uns mit unserem Wagen gefahren. Nikolaus mochte es nicht, wenn fremde Leute sein Auto benutzten. Aber sie hat gesagt, dass sie uns nur schnell zum Flughafen bringt, dann wieder zurück in die Schreibersheide fährt, und fertig. Nikolaus hat dann entnervt zugestimmt. Wir waren spät dran.«
»Wann ging das Flugzeug?«
»Morgens. Recht früh. Ich glaube, so um sieben.«
»Wie lange sind Sie in Leipzig geblieben?«
»Nur eine Nacht. Was hat das denn alles mit den Morden zu tun?«
Ich ignorierte ihre Frage. »War hinterher mit dem Fahrzeug irgendwas nicht in Ordnung?«
»Was meinen Sie damit?«
»Irgendwas am Lack? Kratzer? Oder eine größere Beschädigung?«
»Nein. Nichts. Ich würde mich bestimmt daran erinnern. Nikolaus wäre das aufgefallen. Er war immer sehr pingelig mit dem Wagen.«
»Und wir sprechen über dasselbe Auto, das Sie heute auch noch fahren?«
»Ja. Wir reden über den silbernen Kombi.«
»Noch eine Frage. Wie lange haben Sie damals schon mit Herrn Landauer zusammengelebt?«
»Noch nicht so lange. Ich war mehr sporadisch da. Mal übers Wochenende. Meine Mutter wollte das ja nicht…«
»Haben Sie die Schwester von Frau Kley-Knöter gekannt?«
»Kaum. Ich habe nur von ihr gehört. Ich wüsste jetzt noch nicht mal, wie sie aussieht.«
»Sie ist tot. Wussten Sie das?«
»Nein.«
»Vielen Dank«, sagte ich. »Sie haben mir sehr geholfen.«
Das Gasthaus »Em Hähnche« war ein lang gestrecktes Gebäude mit den typisch bergischen Schieferplatten auf den Wänden und mit blendend weißen Fensterrahmen. Es stand längs zur stark befahrenen Olpener Straße, und nur wenige Zentimeter von der schwarzen Wand entfernt brauste der Verkehr in Richtung Köln. Das Haus hatte sicher schon beschaulichere Zeiten gesehen. Eine Plakette neben dem Eingang wies darauf hin, dass das Anwesen auf eine fränkische Hofanlage zurückging. Wahrscheinlich hatte man damals noch auf die Straße treten können, ohne dass man Gefahr lief, sofort überfahren zu werden.
An der Seite führte eine breite Einfahrt zu einem gepflasterten Biergarten. Hier konnte man noch ein bisschen von der alten Beschaulichkeit erahnen. Wir setzten uns, nachdem wir unsere Blicke über das Publikum hatten schweifen lassen, an einen der langen Tische. Ich sah auf die Uhr. Zehn vor sieben. Um diese Zeit war es noch überschaubar leer. Frau Arend und ihr Mann schienen noch nicht angekommen zu sein. Die Bedienung kam, und wir bestellten zwei Kölsch.
»Ich glaube, da sind sie schon«, sagte ich.
Theresa wandte den Kopf, und wir sahen gemeinsam zu, wie ein Mann und eine Frau von dunklen Trekkingrädern stiegen.
Die beiden stellten sich hin und schienen jemanden zu suchen. Sie wirkten ziemlich sportlich. Die Frau hatte kurze blonde Haare, die etwas struppig unter dem Fahrradhelm herausstanden. Jetzt nahmen beide die Kopfbedeckungen ab und befestigten sie an den Rädern. Der Mann schob seine Sonnenbrille auf die Stirn. Die Frau kam auf uns zu. Ich hatte am Telefon versucht, uns zu beschreiben. Offenbar mit Erfolg.
»Entschuldigung, sind Sie Herr Rott?«
»Frau Arend? Ja, hier sind Sie richtig. Das ist meine Mitarbeiterin Frau Heilig.«
Wir standen auf und gaben uns die Hände. »Kommen Sie jetzt wirklich etwa aus Wiehl? Mit den Rädern?«
»Klar«, sagte der Mann, der Frank Schneider sein musste, und lächelte. Sein Atem ging schnell. »So was machen wir oft. Nach der Arbeit ist das die perfekte Entspannung.«
Wir nahmen Platz. »Wie weit ist das denn?«, fragte Theresa.
»Na ja, von Wiehl hierher, das sind sicher fünfzig Kilometer.« Die beiden sahen mich freundlich an. »Wir fahren aber nachher nicht die ganze Strecke zurück«, sagte Frau Arend. »Nur bis Rösrath. Von da aus nehmen wir den Zug bis Ründeroth. Dann müssen wir aber noch ein paar Kilometer den Berg rauf.«
Die Kellnerin kam, und die beiden bestellten ebenfalls Kölsch. Frank Schneider nahm die Speisekarte und begann darin zu blättern.
»Und damals, ich meine, im September, waren Sie ebenfalls auf so einer Tour?«
Beide nickten. »Ich weiß das noch genau«, sagte Frank Schneider. »Es war einer der letzten schönen Septembertage, das haben wir ausgenutzt. Kurz vorher hatten wir eine kleine Reise gemacht, und wir hatten noch Urlaub übrig. Zwei Tage. Für einen davon haben wir uns eine Radtour nach Wipperfürth vorgenommen.«
Ich verzichtete darauf, auszurechnen oder nachzufragen, wie viele Kilometer das waren.
»Wann sind Sie an der Unfallstelle gewesen?
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