Bei Interview Mord
seit ihrer Schulzeit drogensüchtig und hat immer wieder Therapien gemacht, dann wieder Rückschläge erlitten, wieder Entzug gemacht und so weiter. Ihre Patentante hat ihr ein Vermögen vermacht, aber natürlich konnte sie mit so viel Geld gar nicht umgehen, und was ihr fehlte, war eine richtige Familie. Also haben wir dieses Haus gebaut und das Darlehen von den Zinsen abbezahlt, das Vivianes Geld brachte. Sie hat mit uns hier zusammen gelebt, und das ging auch alles ganz gut. Sie hat nach ihrer letzten Therapie sogar einen Job bekommen, in Leverkusen in einem Baumarkt. Und dann ist sie letztes Jahr plötzlich umgekommen. Bei einem Motorradunfall.«
»Das heißt, sie hatte ein Motorrad?«
»Sie ist nicht selbst gefahren. Sie hatte einen Freund im Oberbergischen. Mit dem war sie viel unterwegs…«
»… so ähnlich wie Sie gestern.«
»So ähnlich. Jedenfalls ist sie seit September tot. Meine Frau hat sie beerbt.«
»Und Sie haben Ihr Verhältnis angefangen«, vollendete ich. »Ein Verhältnis, das eventuell zu einer Scheidung hätte führen können, die finanziell eine Katastrophe gewesen wäre. Jedenfalls für Ihre Frau.«
»Miriam hätte das Haus aufgeben müssen. Und sie liebte dieses Haus. Dafür war sie bereit, nach außen hin unsere Ehe weiterzuführen. Aber jetzt ist ja alles anders.« Kley-Knöter lächelte seine Freundin an und ergriff über den niedrigen Wohnzimmertisch hinweg ihre Hand. Es war eine etwas linkische Geste.
»Zurück zu dem Nummernschild«, sagte ich. »Wie kam es denn nun in Ihre Hütte? Hat dieser Winfried Kurz gelogen?«
Kley-Knöter zog die Hand zurück und schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich sah das Schild, und ich wusste, dass es das Kennzeichen war, das auch die Polizei beschäftigte. Ich habe es meiner Frau gezeigt, aber sie wusste auch nicht, wie es dahin kam.«
Ich sah Kley-Knöter ins Gesicht und versuchte zu ergründen, ob er log. Seine Miene war wie versteinert. Irgendetwas stimmte da nicht, da war ich sicher.
»Was ist aus dem Schild geworden?«
»Das weiß ich nicht. Miriam hat es wohl weggeworfen.«
»Und wie erklären Sie sich, dass es überhaupt da war?«
»Jemand muss es in die Hütte gelegt haben. Vielleicht, um es loszuwerden. Oder um mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. Aber warum? Ich bin kein Mörder. Meine Frau ist keine Mörderin. Mehr sage ich dazu nicht.«
»Kurz hat Ihnen also kein Motorrad verkauft?«
»Ich habe noch nie ein Motorrad besessen.«
»Wie kommen Sie an den Führerschein?«
»Ich habe ihn erst vor einem Monat gemacht. Um mit Manuelas Motorrad zu fahren. Das können Sie gern nachprüfen.«
Ich schüttelte den Kopf. Etwas ratterte in meinem Hinterkopf.
»Können Sie mir das genaue Datum sagen, an dem Ihre Schwägerin ums Leben kam?«, fragte ich.
»Es war der 15. September 2004.«
»Vielen Dank, Herr Kley-Knöter«, sagte ich und stand auf. Theresa erhob sich ebenfalls.
»Ich bin unschuldig«, sagte er. »Ich hoffe, das ist Ihnen jetzt klar.«
»Ja«, sagte ich. »Mir ist einiges klar geworden. Sie sind jedenfalls nicht der Mörder, den wir suchen.«
»Ich habe damit nichts zu tun«, beteuerte er, während wir durch den kleinen Gang der Haustür zustrebten.
Das würde ich so nun auch wieder nicht sagen, dachte ich.
»Die haben das Haus gekauft und die kranke Schwester der Frau das Darlehen abbezahlen lassen«, sagte Theresa, als wir wieder im Wagen saßen. »Was soll man davon halten?« Sie starrte auf die Straße, ohne den Motor zu starten.
»Vivianes Tod hat ihnen finanziell einiges gebracht«, sagte ich. In meinem Hinterkopf ratterte es weiter. Und plötzlich hörte es auf.
»Ich weiß, wie alles zusammenhängt«, sagte ich.
Theresa drehte sich zu mir um. »Tatsächlich? Sag's mir.«
»Noch nicht. Erst machen wir einen Ausflug ins Oberbergische.«
Mit dem kleinen Auto dauerte es fast anderthalb Stunden, bis wir die einsame Straße erreichten, die zu Winfried Kurz' Haus hinaufführte.
Alle drei Minuten löcherte mich Theresa, wo ich denn nun eigentlich hinwollte.
»Kein Kommentar«, sagte ich jedes Mal.
Dann hatten wir es geschafft. Der Wagen röhrte den Berg hinauf und erreichte die Kurve, wo das hölzerne Kreuz stand.
»Halt an«, sagte ich. »Hier sind wir richtig.«
Theresa quetschte den Wagen auf die linke Seite, und wir stiegen aus. Ländliche Stille umfing uns. Eine Wohltat nach dem Krach.
»Ein Kreuz«, sagte Theresa. »Aus Holz.«
»Kannst du die Inschrift lesen?«, fragte ich.
Sie beugte
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