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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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der kleinen Abzweigung, an der ich mich schon einmal verfahren hatte. Es war die Strecke, wo die besonders gefährlichen Kurven ausgeschildert waren. Die Kurven, von denen eine Viviane das Leben gekostet hatte.
    Wir kamen an einem Bauernhof vorbei, von dem man nur ein paar Umrisse vor dem Himmel erkannte, schwach von ein paar Außenlampen beleuchtet. Dann tauchten wir wieder weg in den Wald, und es ging bergauf. Der R4 röhrte, als Theresa in einen niedrigen Gang schaltete. Plötzlich wurde mir bewusst, dass der Wagen einen gewaltigen Lärm machte.
    Theresa hatte wohl denselben Gedanken. »Wo lassen wir denn das Auto stehen?«, fragte sie.
    »Am besten im Wald. Ich habe da ein paar Waldwege gesehen.«
    Theresa gab Gas, denn der Weg wurde steiler. Wir erreichten jetzt die große Kurve, wo der Unfall passiert war.
    »Jetzt kann es nicht mehr weit sein. Fahr mal etwas langsamer.«
    Theresa griff an die Revolverschaltung und bewegte den Hebel. Der Kegel der Scheinwerfer berührte die rechte Straßenbegrenzung kaum, sodass ein Abzweig in einen Weg nicht zu erkennen war.
    »Verdammt, ich kann nichts sehen«, sagte ich.
    Dann war der Wald plötzlich zu Ende. Vor uns klebten lauter Lichter an einem Hügel.
    »Wir sind zu weit gefahren«, sagte ich. »Sieh zu, dass du oben drehen kannst.«
    Wir röhrten mitten in das Dorf hinein, und ich hatte das Gefühl, dass wir sämtliche Bewohner aus den Betten warfen. Hinter manchen Fenstern sah ich zuckende lila-graue Lichter.
    Theresa erreichte die Kirche. Daneben lag, von einer Straßenlaterne beleuchtet, ein Gasthaus. Die Fenster waren dunkel. Es war geschlossen. Direkt neben dem Gebäude zweigte eine kleine Straße ab. Ich sah gelbe Wegweiser, konnte sie jedoch nicht lesen, weil Theresa mit Karacho abbog, bremste und zurücksetze. Dann gab sie Gas und fuhr zurück den Hügel hinunter.
    »Wahrscheinlich haben jetzt mindestens zwanzig Leute unser Kennzeichen aufgeschrieben«, sagte ich.
    »Macht doch nichts. Es ist nicht mein Auto und deins auch nicht. Und der Krimiautor, dessen Frau der Wagen gehört, treibt sich viel im Bergischen Land herum. Recherchen, verstehst du? Und eben hat er sich halt verfahren.«
    Ich blickte nach links, wo Winfried Kurz' Haus liegen musste. Wir tauchten wieder in den Wald.
    »Jetzt fahr mal bitte langsam.«
    Theresa drosselte das Tempo.
    »Hier ist was«, sagte sie und stoppte.
    Vorsichtig lenkte sie nach links, und die Scheinwerfer trafen auf eine breite Lücke zwischen den Baumstämmen. Der Weg war mehr eine Rampe für Holzarbeiter. Nach wenigen Metern verschwand er hinter einer Linkskurve.
    »Das reicht, um den Kleinen hier unauffällig abzustellen«, sagte ich.
    Wir stiegen aus. Die Nacht war fast sommerlich mild. Ich roch Gras, Blüten, Tannennadeln.
    Ich konnte Theresa in der Dunkelheit kaum erkennen. Nur ihr Gesicht, und das war nichts als eine helle Fläche.
    Ich hörte, wie Theresa die Fahrertür schloss.
    »Wir brauchen noch den Werkzeugkoffer und die Taschenlampe.«
    Ich ging die paar Schritte zur Straße zurück. »Man kann von hier schon Kurz' Haus sehen«, sagte ich.
    »Ist es nicht ein bisschen auffällig, die Straße entlangzugehen und von vorn einfach das Grundstück zu betreten? Wenn er zu Hause ist, braucht er nur zufällig aus dem Fenster zu schauen und sieht uns.«
    »Gibt es einen Gegenvorschlag?«
    »Wir sollten mal sehen, wo der Weg hier hinführt. Grenzt das Grundstück hinten, wo die Scheune steht, gleich an den Wald?«
    »Nein, ich glaube nicht. Da ist ein kleines Stück Weide dazwischen. Der Zaun ist aber direkt am Wald, da bin ich mir sicher.«
    »Das klingt doch gut. Versuchen wir's.«
    Ehe ich etwas sagen konnte, marschierte Theresa in die Dunkelheit. Ich folgte ihr. Vorsichtig tasteten wir uns den Weg entlang. Plötzlich blieb Theresa stehen.
    »Was ist?«, zischte ich.
    »Man kann schon das Ende des Waldes sehen.«
    Ich kniff die Augen zusammen. Das Dunkel öffnete sich hinten wie ein Tor in einer Burgmauer und gab den Blick auf eine Fläche in etwas hellerem Grau frei. Rechts davon war zwischen den Bäumen ein Licht zu sehen: Kurz' Haus. Wir waren auf dem richtigen Weg.
    »Also, weiter«, flüsterte Theresa.
    Langsam näherten wir uns der Öffnung des Waldes. Die Zeit, die wir dafür brauchten, kam mir lang vor. Aus der Finsternis um uns herum war plötzlich ein eigenartiges Geräusch zu hören. Ein unterdrückter Schrei. Dann Stille, und schließlich Geflatter.
    Wir schlichen weiter. Das graue Feld wurde größer und

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