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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Heike Quisselborn, offenbar über Landini und sich selbst begeistert. Während der Zauberer auf der Bühne mit einem Tuch wedelte und plötzlich von irgendwoher Plastikblumensträuße hervorschossen, sagte sie: »Er hatte vor, richtig Karriere zu machen.«
    Heike starrte auf die Blumenexplosionen und sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Dieser Trick mit den Blumen«, sagte sie, und ich konnte förmlich sehen, wie sie sich zusammenriss, »war das Finale der Show. Nikolaus hat lange darüber nachgedacht, wie man das verbessern konnte. Und da hat er sich überlegt, dass die Fluchtkiste eine gute Idee wäre.«
    Sie stoppte das Video, nahm die Kassette heraus und legte eine andere ein. »Das ist die Nummer, die er im Löwen zeigen wollte. Schauen Sie es sich an.«
    Der Schnee auf dem Bildschirm verschwand, und nun war da keine Bühne, sondern ein Raum mit Terrakottafliesen und weißen Wänden.
    »Haben Sie das hier im Wohnzimmer aufgenommen?«
    »Ganz genau. Nikolaus machte zum Üben manchmal Videos. Sehen Sie die gläserne Kiste da?«
    Ich hatte das Ding auf dem Bild für eine Art Tisch oder eine außergewöhnlich gestylte Vitrine gehalten, aber es war tatsächlich eine schlichte Kiste. Sie sah aus wie ein großes würfelförmiges Aquarium.
    »Sie ist aus Plexiglas«, erklärte Heike.
    Landini trat ins Bild, riesig und nah an der Kamera, und stellte noch irgendetwas ein. Dann kam auch Heike. Beide trugen keine Auftrittskleidung, sondern Jeans und Pullover. Es war auch keine Musik dabei, und das Ganze wirkte völlig nüchtern.
    Landini trat kurz aus dem Bild und kam mit einem riesigen schwarzen Tuch zurück. Er behielt es in der Hand, als er auf die Kiste stieg. Als er auf dem Deckel stand, hob er den Saum über den Kopf. Er selbst und die Kiste waren jetzt von dem Tuch verdeckt. Plötzlich wurden aus den zwei Händen vier, das Tuch rauschte herunter, und Heike stand auf der Kiste. Landini kauerte hinter dem Glas.
    »Wow«, machte ich ehrlich beeindruckt.
    Offenbar fühlte er sich in seinem Gefängnis nicht wohl, denn er bewegte sich hin und her und versuchte, die bequemste Stellung zu finden.
    »Es geht noch weiter«, sagte Heike. »Schauen Sie.«
    Nun hielt sie das Tuch hoch, wie es vorher Landini getan hatte. Wieder sah man nur noch die beiden Hände. Aus den beiden Händen wurden wieder vier, und ich wusste, was kam: Das Tuch würde wieder herunterfallen, Landini würde auf der Kiste stehen, Heike sich darin zusammenkauern. Bravo. Tolle Sache.
    Aber ich irrte mich.
    Alle vier Hände ließen los und verschwanden. Das Tuch, das nun offenbar überhaupt nicht mehr festgehalten wurde, hatte nicht die geringste Lust, herunterzufallen, und blieb einfach steif stehen. Ich starrte auf die schwarze Wand, die sich da hartnäckig gegen die Gesetze der Schwerkraft behauptete.
    Doch dann bewegte sich etwas. Erst ein Schatten, dann zwei, und schließlich kamen Landini und Heike von links und rechts ins Bild. Sie nahmen etwas weiter außen Aufstellung, und im selben Moment fiel das Tuch herunter. Die Kiste war leer.
    Landini ging auf die Kamera zu. Sein schwarzer Pullover füllte alles aus. Dann kam wieder Schnee.
    Eine Weile herrschte Stille. Heike schien ganz versunken in ihre Erinnerungen zu sein. Und ich war beeindruckt.
    »Wie geht das?«, wollte ich wissen.
    Sie schien plötzlich zu bemerken, dass ich da war, stand auf und schaltete das Gerät aus.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Und es hat auf dem Video keinen Schnitt gegeben?«
    Sie sah mich an. »Natürlich nicht. Wozu auch? Es war ja nur für uns. Zur Kontrolle, wie ich schon sagte.«
    »Kann ich die Kiste sehen? Sie haben sie doch sicher hier irgendwo.«
    »Nein, das geht nicht.«
    »Aber Sie können mir doch sicher sagen, wer Ihren Mann auf diesen Trick gebracht hat. Wie kommt man eigentlich auf Zaubertricks? Manche sind ja bekannt, man sieht sie immer wieder. Aber andere…«
    »Landini hat viel gelesen«, sagte sie. »Biographien anderer Zauberer. Man erfährt auch einiges von Kollegen. Oder man entwickelt das, was sie machen, selbst weiter.«
    »Aber ich denke, er hat sich mit diesem Zirkel nicht weiter auseinander gesetzt.«
    »Nur später nicht. Am Anfang hat er sich mit Kollegen getroffen, hat sich auch von ihnen etwas zeigen lassen.«
    »Das geht einfach so?«
    »Wenn man beweist, dass man die Zauberkunst ernst meint, ja. Man wird praktisch Zauberlehrling bei einem Meister.«
    »Und wer war der Meister von Landini?«
    »Das war vor meiner

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