Bei Interview Mord
auf die Uhr: Es ging auf zwölf zu. Höchste Zeit, wenn ich freitags noch jemanden auf einem Amt erreichen wollte.
»Straßenverkehrsamt, Meyer?«
Die Stimme klang scharf und abweisend. Der Mann freute sich zweifellos aufs Wochenende, und Anrufe störten ihn natürlich. Da half nur die Überrumpelungstaktik. Ich quatschte ohne Punkt und Komma drauf los.
»Ja hier Hauptkommissar Richrath von der Polizeiinspektion Solingen wir haben im Rahmen einer Fahndung eine Frage und würden gerne wissen ob ein gewisser Kley-Knöter aus Bergisch Gladbach einen Führerschein besitzt und zwar geht es um einen Führerschein der Klasse -«
»Moment, Moment«, rief der Mann auf der anderen Seite der Leitung. Das muss ich mir erst mal notieren. Wer sind Sie noch mal?«
»Hauptkommissar Richrath von der Polizeiinspektion Solingen ich rufe Sie an um sie um Hilfe zu bitten bei einer Fahndung in deren Rahmen wir…«
»Okay, okay«, sagte der Mann. »Sie wollen wissen, ob eine bestimmte Person eine bestimmte Fahrerlaubnis besitzt?«
»So ist es die Person heißt Kley-Knöter Kley mit Ypsilon und wohnt in der Schreibersheide in Bergisch Gladbach.«
»Wissen Sie auch den Vornamen des Mannes? Es war doch ein Mann, oder?«
Mir verschlug es die Sprache.
»Und? Wie heißt er, Herr Hauptkommissar?«
Verdammt! Keine Ahnung, wie Kley-Knöter mit Vornamen hieß! Ich holte Luft.
»Ist das denn so wichtig Herr Meyer schließlich können Sie doch in Ihren Unterlagen sicher auch aufgrund des Nachnamens herausfinden ob -«
Der Mann unterbrach. »Herr… wie war doch noch mal Ihr Name?«
»Hauptkommissar Richrath.«
»Herr Richrath. Bitte geben Sie mir Ihre Nummer. Ich rufe Sie zurück.«
Ich versuchte es erneut mit verbalem Dauerfeuer: »Aber warum können Sie nicht gleich im Computer nachsehen es ist doch keine große Sache und wir in der Polizeiinspektion Solingen müssen unbedingt in dieser Fahndung weiterkommen und wir haben ja auch mal Wochenende und -«
»Sie wissen, dass ich so eine Auskunft am Telefon gar nicht geben darf«, sagte der Beamte von der Kreisverwaltung ruhig. »Das ist mit dem Datenschutz nicht zu vereinbaren. Ich kenne Sie persönlich nicht, und eigentlich wäre der korrekte Dienstweg, dass ein Polizist hier zu mir ins Amt kommt und ich die Daten heraussuche. Ich bin aber gern bereit, Ihnen angesichts der Dringlichkeit zu helfen, doch Sie müssen mir eine Telefonnummer geben. Wissen Sie was? Ich rufe jetzt die Auskunft an, lasse mir die Nummer von der Polizeiinspektion Solingen geben, und dort werden sie mich schon mit Ihnen verbinden. Bis gleich.«
Es tutete in der Leitung. Meyer hatte aufgelegt.
Mist, Mist, Mist!
Ich stärkte mich in der Gaststätte »Stadtmitte« mit dem Fünf-Euro- Mittagstisch, der aus zwei Minutensteaks, Kartoffelgratin und Salat bestand.
Um halb vier brach ich nach Gladbach auf und bekam im Autoradio gerade noch einen kleinen Trailer mit, mit dem das Interview angekündigt wurde. »Menschen im Bergischen live. Heute mit der bergischen Schriftstellerin Miriam Kley-Knöter.« Dann kam wieder dieses Werbegestammel, und die hundert Prozent beste Musik fing an.
Die Schreibersheide war bis obenhin zugeparkt. Ich versuchte erst gar nicht, bis zu dem kleinen Wendehammer zu gelangen, sondern suchte mir einen Platz auf der Feldstraße.
Ich hörte schon von weitem Gelächter und Geschrei. Im Wendehammer stand ein weißes Ungetüm von Fahrzeug. Auf dem Dach reckte sich eine Satellitenschüssel in den Himmel. Der Ü-Wagen. Daneben, klein und bescheiden, Juttas Motorrad.
Bei Landini stand der silberne Kombi vor dem bemalten Garagentor. In der oberen Etage bewegte sich etwas hinter den Fenstern. Heike Quisselborn schien nicht bei der Interviewparty bei Kley- Knöters zu sein.
Ich klingelte, aber nichts geschah. Ich klingelte wieder. Wartete. Irgendjemand redete im Garten nebenan mit lauter Stimme. Dem Duktus nach erzählte er einen Witz. Ich konnte aber nichts verstehen. Gelächter brandete auf.
Wieder drückte ich auf den Klingelknopf. Und da kam sie. Diesmal in einem dunkelblauen Leinenkleid. Nackte Füße. Sie hatte die Stirn gerunzelt und hielt die Tür fast geschlossen.
»Ach, Sie«, sagte sie.
»Guten Tag, Frau Quisselborn. Darf ich reinkommen? Ich wollte Sie noch ein paar Kleinigkeiten fragen.«
»Damit Sie es hinterher im Radio erzählen können? Oder in der Zeitung schreiben?« Sie wirkte anders als sonst. Verärgert.
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
»Geben Sie's doch zu! Sie
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