Bei Interview Mord
einem lang gestreckten Quergebäude reckte sich ein eckiger Turm in die Höhe. Ein zwiebeiförmiges Dach aus grauem Schiefer stach in den blauen Morgenhimmel.
»Da hast du ja wieder mal Pech gehabt«, sagte Jutta.
»Ich habe getan, was ich konnte. Und was hätte es denn genützt, wenn ich das Nummernschild eher gefunden und mitgenommen hätte? Ich hätte ja nicht beweisen können, dass es von Kley-Knöter stammt. Die Polizei hätte meine Aussage natürlich zur Kenntnis genommen. Genau wie die von Winfried Kurz, der ihm das Ding ja angeblich samt Motorrad verkauft hat.«
»Wie geht's denn eigentlich Theresa?«, fragte Jutta unvermittelt.
Ich erzählte die Geschichte von Theresas Umzug und von ihrer Begegnung mit Andreas Lindner und dass Theresa jetzt Krimis schrieb. Aber ich bemerkte gleich, dass sich Jutta nicht wirklich für sie interessierte. Es war nur eine rhetorische Frage gewesen.
Plötzlich blieb sie stehen und sagte: »Remi, du musst so schnell es geht mehr Beweise heranbringen. Denk nicht, ich will wieder auf dir herumhacken, aber es muss Material her. Wir brauchen das Motorrad. Wir brauchen die Armbrust. Und wir brauchen ein glasklares Motiv. Ohne Motiv nützt uns das schönste Motorrad nichts und die schönste Armbrust auch nicht. Außer wir können beweisen, dass Kley-Knöter genau dieses Motorrad besitzt, das auch der Mörder hatte, und genau diese Armbrust, mit der er geschossen hat.«
»Das wird schwierig«, sagte ich. »Zumindest was die Waffe betrifft.« Ich erklärte ihr, was ich von Rudy Lück erfahren hatte. Dass die Zuordnung eines Pfeils zu einer bestimmten Armbrust praktisch unmöglich war. »Die Polizei steht sicher vor demselben Problem«, sagte ich. »Aber sie wissen eines nicht: dass die Spur zu Kley- Knöters in die Schreibersheide führt.«
Jutta ging weiter. »Und wie ist dein weiterer Plan?«
»Ich kriege raus, ob Kley-Knöter einen Motorradführerschein besitzt. Außerdem fahre ich noch mal nach Overath zu diesem Kürten. Ich schaue mir den Videofilm noch mal ganz genau an. Und dann ist ja heute Nachmittag der Interviewtermin bei Kley-Knöters zu Hause.«
»Was hat der Interviewtermin mit deinen Ermittlungen zu tun?«
»Ich nehme an, die ganze Sache findet auf dem Rasen hinter dem Haus statt.«
»So ist es geplant.«
»Das heißt, alle Leute stehen draußen. Ich könnte die Chance nutzen und mich noch mal im Haus umsehen. Vielleicht gibt es noch ein anderes Versteck.«
Jutta sah mir fest in die Augen. »Dann mach dich mal an die Arbeit. Ich erhole mich noch ein Weilchen hier in diesem schönen Ambiente. Die haben auch eine Wellness-Farm, weißt du.« Wellness-Farmen waren Juttas große Leidenschaft.
Wir waren an eine Bank gelangt. Jutta setzte sich und sah auf das Schloss Lerbach hinüber. Auf der Terrasse saßen Leute und genossen jetzt wahrscheinlich die umgekehrte Aussicht: eine Dame auf einer Bank, inmitten einer Parklandschaft. Nur der Typ neben ihr störte.
»Übrigens, ich freue mich für dich, dass du jetzt wieder so gut bei Kasse bist«, sagte Jutta.
»Klar. Du hast ja selbst dafür gesorgt. Wenn du mir nicht diesen Auftrag gegeben hättest.«
»Das meine ich nicht. Ich meine diesen Auftraggeber, der dir noch Geld geschuldet hat.«
Ich setzte mich neben sie. »Wovon redest du?«
Jutta riss sich von dem schönen Blick los und runzelte die Stirn. »Na, da ist doch dieser… ich glaube, er hat seinen Namen gar nicht gesagt. Nur dass er dir Geld schuldet und dich unbedingt sprechen will. Gestern war das. Er hat mich auf dem Handy angerufen. Der war unheimlich freundlich.«
»Was hat er genau gesagt?«
»Ist irgendwas nicht in Ordnung? Hast du ihn nicht getroffen?«
»Sag mir einfach, was er gesagt hat.«
»Er fragte nach dir und sagte, er sei ein Klient von dir, der dir noch Geld schuldet. Leider hättest du ja kein Handy, und er konnte dich im Büro nicht erreichen. Er wollte dir das Geld unbedingt persönlich geben.«
»Und was hast du gemacht?«
»Ich habe ihm gesagt, wo du zu finden bist. Die Adresse von Theresa wusste ich nicht. Mir ist aber eingefallen, dass du dich auf der Autobahnraststätte mit diesem Kostka treffen wolltest. Ich dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, und der Mann sagte, er käme eh aus Remscheid. Das wäre also überhaupt nicht weit für ihn. Und? Ist er gekommen? Warum machst du so ein erschrockenes Gesicht?«
Ich kam nicht mehr umhin, Jutta die Geschichte von Piet und meinem Wagen zu erzählen. Ich verdonnerte sie dazu,
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