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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Premiere. Und dann passiert so was Schreckliches. Ausgerechnet.« Sie bewegte den Kopf, als wolle sie die Erinnerung abschütteln. »Dabei habe ich noch ganz tolle Leute auf meiner Liste.«
    »Heidi Klum?«
    »Nein, das würde nicht klappen. Sie wohnt ja nicht mehr im Bergischen. Aber an ihre Eltern hatten wir gedacht. Oder zum Beispiel Jason Dark.«
    »Den Sinclair-Autor?« Mich streifte eine vage Erinnerung an meine Kindheit. Ich musste so fünfzehn, sechzehn Jahre alt gewesen sein, als wir in der Schule eifrig die Gruselheftromane tauschten.
    »Ganz genau. Der wohnt in Refrath, wusstest du das? Ja, und dann Peter Orloff, der Schlagersänger. Oder Reiner Calmund.«
    »Wie hat sich das denn eigentlich alles ergeben?«, fragte ich. Vielleicht würde sie das etwas von ihrem Schock ablenken. »Ich meine, wie kommt es, dass du neuerdings als Journalistin arbeitest?«
    Sie lehnte sich im Sofa zurück. »Ach, du weißt doch, wie das ist. Man lernt ein paar Leute kennen, und die bringen einen dann wieder mit anderen Leuten zusammen…«
    Aha, so war das also. Komisch nur, dass mir das nie passierte.
    »Im März hat mich ein Bekannter zu einem Empfang nach Kürten mitgenommen. Da hat Radio Berg gerade seine neuen Räumlichkeiten eingeweiht. Es gab viele Reden, ein Büfett und Prominenz. Es waren auch die Senderbosse da. Und plötzlich stellte sich raus, dass einer von denen meinen verstorbenen Mann gekannt hatte. Wie das halt so geht. Ich habe dann erzählt, dass ich schon immer Radioreporterin werden wollte. Claudia und ich haben uns dann schnell angefreundet.«
    »Und die haben dich so mir nichts dir nichts live an ein Mikro gelassen?«
    »Ich habe erst ein, zwei kleine Sendungen vorproduziert. Als Test.«
    »Auch über diesen Zauberer?«
    »Nein, da ging's um einen Autor, der bergische Krimis schreibt. Übrigens, das ist lustig: In den Büchern gibt es einen Detektiv, der auch in Wuppertal wohnt.«
    »Apropos. Warum machst du nicht mal ein Interview mit mir? Ich könnte ein bisschen Reklame wirklich gebrauchen.«
    »Remi, das meinst du doch nicht im Ernst! Vetternwirtschaft verträgt sich nicht mit ernsthaftem Journalismus!«
    Es klang wie auswendig gelernt.
    »Wenn also Jason Dark oder Reiner Calmund mit dir verwandt wären, dann hätten die keine Chance, ins Radio zu kommen?«
    »Nicht, wenn ich das Interview mache. Außerdem sind das ja auch berühmte Leute.«
    »Und was passiert jetzt?«, fragte ich. »Haben die deine Interviewreihe abgeblasen?«
    »Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Wir sind nicht dazu gekommen. Du kannst dir nicht vorstellen, was los war. Erst mal das ganze Chaos, direkt nachdem es passierte. Ich wusste überhaupt nicht, was ich tun sollte. Plötzlich hatte ich Peter im Ohr, Peter Volkmer aus der Redaktion. Der hat erst gedacht, es gäbe eine Störung oder so was, und hat Musik reingehauen. Ich habe ihm dann klar zu machen versucht, was passiert ist und dass ich jetzt wohl aufhören muss.«
    »Aber du hast nicht aufgehört.«
    »Nein. Als die Musik lief, haben sie mir über den Kopfhörer gesagt, dass ich weiterberichten soll. Ist ja klar. Wenn das Radio schon mal live bei einem Mord dabei ist, muss man als Reporter flexibel sein.«
    »Mord?«, fragte ich. »Ich habe den ganzen Abend Radio gehört und die Sache auch im Regionalprogramm im Fernsehen verfolgt. Da hat sich niemand darauf festlegen wollen, dass es Mord war. Es wurde immer nur gesagt, Landini sei von einem Pfeil getroffen worden. Wo der genau herkam, haben sie nicht berichtet.«
    »Nein, so war es nicht. Unten auf dem Platz hat die ganze Zeit ein Motorradfahrer gestanden, und der ist praktisch im selben Moment weggefahren, als es passierte. Vielleicht ein, zwei Sekunden später. Ein paar Leute haben ihm hinterhergeschaut und gesehen, dass er eine Armbrust auf dem Rücken hatte.«
    »Eine Armbrust? Der hat die ganze Zeit mit einer Armbrust dagestanden? Völlig unbehelligt?«
    »Scheint so.«
    »Und keiner hat den Motorradfahrer erkannt?«
    »Nein. Er hatte den Helm auf.«
    »Und das Kennzeichen? Wurde das überprüft?«
    »Keine Ahnung. Aber es ging auch so schnell.«
    Ich starrte eine Weile mein halb volles Glas Kölsch an. Der Schaum hatte sich, wie bei Kölsch üblich, schon längst aufgelöst.
    »Schade eigentlich«, sagte Jutta nach einer Weile.
    »Was meinst du?«
    »Jetzt hat meine Journalistenkarriere so gut angefangen, und schon ist sie wieder zu Ende.«
    »Wieso? Das ist doch nicht gesagt.«
    Sie schüttelte den Kopf.

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