Bei null bist du tot
Jane hatte Recht. Mario war dabei, sich zu verändern, erwachsen zu werden. »Sie scheinen das ja wirklich ernst zu meinen.«
»Außerdem möchte ich etwas über Selbstverteidigung lernen.«
»Ich habe keine Zeit, um Ihnen einen Kurs in –« Er unterbrach sich, als Mario entschlossen das Kinn vorreckte. Gott, er konnte den Jungen verstehen. An seiner Stelle hätte er selbst genauso gehandelt. Aber er war nie in einer solchen Lage gewesen. Er konnte sich an keine Zeit erinnern, in der sein Leben nicht auf die eine oder andere Weise vom Kampf ums nackte Überleben geprägt gewesen wäre. Elfenbeintürme waren ein Mythos. »Also gut, zwei Stunden pro Tag. Ich werde auf dem Turnierplatz einen Schießstand einrichten. Die restliche Zeit werden Sie sich der Arbeit an den Texten widmen.« Er hob eine Hand, als Mario etwas sagen wollte. »Und MacDuff ist mir was schuldig. Ich werde ihn bitten, Ihnen ein bisschen Karate beizubringen. Mehr ist nicht drin, Mario.«
»Können wir gleich heute anfangen?«
»Meinetwegen.«
»Das wär’s fürs Erste. Nur noch eins.«
»Sie strapazieren meine Geduld.«
»Es gibt etwas, das ich wissen muss. Ich finde, ich habe ein Recht, das zu wissen, und ich hätte Sie von Anfang an danach fragen sollen. Warum ist Grozak hinter den Schriftrollen her? Warum hat er meinen Vater ermordet?«
Trevor nickte. Mario war ein zu unsicherer Kandidat, man konnte ihn nicht in alles einweihen, aber er hatte es verdient, wenigstens das Wichtigste zu erfahren. »Sie haben Recht. Es ist nicht fair, Sie im Dunkeln zu lassen.« Er ging auf die Tür zu. »Kommen Sie rein, dann setzen wir uns mit einem Drink in die Bibliothek. Sie werden ihn brauchen – es ist eine hässliche Geschichte.«
»Sie haben Trevor ganz schön genervt«, sagte Brenner, als er Jane am Flughafen abholte. »Er hat mir schwere Körperverletzung angedroht für den Fall, dass ich nicht gut auf Sie aufpasse.«
»Dann passen Sie halt auf mich auf. Soviel ich weiß, sind Sie selbst Experte in Sachen schwere Körperverletzung.« Sie wechselte das Thema. »Haben Sie schon mit den Kellnern in dem Café gesprochen?«
Er nickte. »Vormittags ist der Laden immer ziemlich voll. Offenbar haben sie viele Stammkunden wie Donato, die jeden Morgen ins Café kommen. Aber Albert Dengler, der Mann, der an dem Morgen hinter dem Tresen stand, meint, sich ganz gut an den Mann erinnern zu können, der bei Donato am Tisch gesessen hat. Das Café ist so eine Art Starbucks und Dengler stand hinterm Tresen, als er sich einen Kaffee geholt hat. Ich habe ihm lieber keine Einzelheiten erzählt, nur dass Donato verschwunden ist.«
»Arbeitet er heute oder müssen wir zu ihm nach Hause?«
Brenner warf einen Blick auf seine Uhr. »Er müsste in anderthalb Stunden seine Schicht antreten.«
»Okay, gehen wir.«
»Zu Befehl, Ma’am.« Er hielt ihr die Beifahrertür seines Mietwagens auf. »Sonst noch Wünsche?«
»Sie können dafür sorgen, dass er genug Zeit hat, um mir eine ausreichend genaue Beschreibung zu liefern.«
»Ich werde mein Bestes tun.« Brenner lächelte. »Das dürfte kein Problem sein. Wenn nötig, übernehme ich seine Schicht. Natürlich kann ich nicht dafür garantieren, dass ich den Unterschied zwischen einem Caffè latte und einem Caffè mocha kenne. Aber ich werde so viel Charme versprühen, dass keiner was merkt.«
»Hauptsache, Sie machen Dengler nicht so nervös, dass er sich nicht konzentrieren kann.«
»Er kommt mir nicht vor wie ein nervöser Typ. Und wenn doch, dann raucht er zurzeit seine Lieblingssorte.«
»Ach Gott. Drogen?«
»Marihuana. Der Geruch, der ihn umgibt, ist unverkennbar. Und er wirkte sehr entspannt.«
»Hoffentlich nicht zu entspannt, um sich auf Einzelheiten zu konzentrieren.«
»Tja, wenn er das Zeug regelmäßig raucht, wird er kein besonders gutes Erinnerungsvermögen haben. Es wird sich zeigen, wie brauchbar er ist.« Er ließ den Wagen an. »Aber wenn er stoned ist, dann wird er Ihnen bestimmt alle Zeit geben, die Sie brauchen.«
»Meistens hat er da drüben gesessen.« Dengler deutete mit einer Kinnbewegung auf einen Tisch vor dem schmiedeeisernen Geländer an der Terrasse mit Blick auf den See. »Ein netter alter Herr. Immer sorgfältig gekleidet. Nicht wie manche von den Jugendlichen, die hier rumhängen. Denen muss ich noch sagen, dass sie Schuhe tragen sollen. Man sollte meinen, sie wüssten, was sich –«
»Haben Sie Donato vorher schon mal mit dem anderen Mann zusammen
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