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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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sein.“
    „Außerdem könnte ich gar nichts über
diese Leute aussagen... Ich hoffe nur, daß ich ihnen nie mehr begegne“, fügte
sie seufzend hinzu. „Das würde ich nervlich nicht durchstehen.“
    „Ich glaube, in dieser Hinsicht können
Sie ganz beruhigt sein. Die Gangster haben hauptsächlich Ihre Wohnung benutzt,
um mich in eine Falle zu locken. Ich bin ihnen dummerweise auf den Leim
gegangen, konnte ihnen aber wieder entkommen. Das zeigt, daß die Kerle nicht so
schlau sind, wie sie meinen. Von Ihnen, Madame, wollen sie nichts.“
    Zehn Minuten lang bemühte ich mich,
die Frau davon zu überzeugen, daß unser Gespräch keinerlei unangenehme
Konsequenzen für sie haben würde. Schließlich wolle ich keine Informationen
über die Gangster, schloß ich.
    „Sehen Sie, vor allem würde ich mich
gerne über Ihren verstorbenen Mann unterhalten, wenn es Ihnen nicht zu
schwerfällt. Ich begreife genausowenig wie Sie die Ereignisse, in die wir
verwickelt sind. Aber ich habe Grund zu der Annahme, daß sich mehr oder weniger
alles um Ihren Mann dreht, auch wenn er tot ist. Seine Gewohnheiten, sein
Verhalten in letzter Zeit, na ja, tausend Kleinigkeiten des täglichen Lebens
könnten vielleicht ein wenig Licht auf die geheimnisvollen Vorgänge werfen.“
    „Das ist doch unglaublich!“ rief
Madame Dolguet und blickte mit ihren grünen Augen gen Himmel. „Da hat der
gemeine Kerl mich belogen und betrogen, hat mich lächerlich und unglücklich
gemacht, solange wir zusammen waren. Und jetzt, da er tot ist, macht er mir
immer noch Ärger! Das ist doch ungeheuerlich! Ich meine natürlich nicht Ihren
Besuch heute. Ich spreche von diesen Leuten von gestern und von dem, was in
Zukunft noch passieren kann...“
    Wieder gab ich mir alle Mühe, sie zu
beruhigen. Mit der Zeit würde ich schon Erfolg haben!
    „Es fällt mir ganz und gar nicht
schwer, über Henri zu sprechen, diesen gemeinen Kerl!“ ereiferte sie sich
schließlich. „Nur bezweifle ich sehr, daß ich Ihnen irgendwie weiterhelfen
kann. Henri hat nicht viel von dem erzählt, was er so machte. Er gehörte
überhaupt nicht zu den Männern, die sich einer Frau anvertrauen. Wenn er
Geheimnisse hatte, dann hatte er sie bestimmt auch vor mir. Sicher, hin und
wieder ist mir etwas merkwürdig vorgekommen, aber...“
    „Was zum Beispiel?“ hakte ich sofort
nach. „Die kleinste Kleinigkeit könnte wichtig sein.“
    „Am besten wird es vielleicht sein,
wenn wir ganz von vorn beginnen, nicht wahr? Also, es war so, daß...“
    Geschafft! Im folgenden erfuhr ich
sehr interessante Dinge. Dolguet, Henri für die Damen, war ein ausgemachter
Schürzenjäger gewesen. Seine Frau hatte es leider zu spät bemerkt. Da er bei
ihr nur zum Ziel kommen konnte, wenn er sie heiratete (sie besaß Prinzipien!),
heiratete er sie. Die Ehe wurde im April 1961 geschlossen, also vor bald drei
Jahren. Nach einem halben Jahr begann Henri Dolguet (oder begann wieder), in
fremden Revieren zu jagen. Mit anderen Worten: Er ging fremd. Die Reportagen,
die ihn in die Provinz führten und normalerweise zwei oder drei Tage
andauerten, zogen sich in die Länge. Schließlich hatte Madame Dolguet die Nase
voll, und im Dezember 1962 trennte sich das Paar. Wie gesagt, Jeanne Dolguet hatte
Prinzipien, und eine Scheidung kam für sie nicht in Frage. Die Ehe wurde also
offiziell nicht geschieden. Vor sieben Monaten dann wurde Madame Dolguet Witwe,
als Henri Dolguet bei dem Feuer in den Studios am Parc des Buttes-Chaumont
umkam.
    „Opfer seines goldenen Herzens“,
stellte ich fest.
    „Opfer seines... was? Seines goldenen
Herzens? Henri? Woher haben Sie das denn?“
    „Aus einer Zeitung. Dimanche-Gazette. Dort steht, daß er in den Flammen umkam, als er jemanden retten wollte.“
    „Er? Jemanden retten? Na, hören Sie
mal! Ein gemeiner Kerl war das, ein erbärmlicher Feigling!“
    „Dann stimmt es wohl auch nicht, daß
er nur Freunde hatte, wie es in der Dimanche-Gazette steht?“
    „Ganz sicher nicht.“
    „Wenn das so ist... Tja, also... Ich
hab da so eine Idee... Ich frag mich nämlich, ob man nicht vielleicht ein wenig
nachgeholfen und ihn ins Feuer geschubst hat.“
    „Was erzählen Sie da! Sicher, ein
gemeiner Kerl war er, aber daß man ihn ins Feuer geschubst haben soll, wie Sie
sagen... Das wäre ja schrecklich! Die Polizei, die den Fall damals untersucht
hat, hat jedoch so eine Möglichkeit ausgeschlossen. Es war ein Unfall... Einen
Moment lang habe ich vermutet, es könnte Selbstmord gewesen

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