Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Anwesenheit
verzichten. Er war also weg, und ich glaube, von dem Tag an wurde Henri so
seltsam, zeigte Nervosität. Deswegen führe ich sein Verhalten auf seinen
zweifelhaften Umgang zurück.“
    „Welche Beziehung hatten dieser...
Strolch und Ihr Mann zueinander?“
    „Schwer zu sagen. Sie waren beide
nicht sehr gesprächig. Ich nahm an, Henri hatte diesen Roger als Leibwächter
engagiert, um solch einen Vorfall wie den, von dem ich Ihnen erzählt habe, zu
verhindern. Verstehen Sie?“
    „Hm... Nicht so ganz... Der Kerl hieß
also Roger. Und wie weiter?“
    „Ich kannte nur seinen Vornamen.“
    „Sprach er mit Akzent?“
    „Ja, mit einem südfranzösischen. Sie
kennen ihn?“
    „Möglicherweise. Er war nicht
besonders hübsch, stimmt’s?“
    „Oh, nein! Richtig häßlich war er.“
    „Woher kannte Henri ihn?“
    „Henri hatte ihn von der Côte d’Azur mitgebracht,
wo er fürs Fernsehen gearbeitet hatte. Verschiedene kulturelle Veranstaltungen
am Rande des Filmfestivals in Cannes, wissen Sie...“
    „Wann war das?“
    „April, Mai 1962... Ach, jetzt
verstehe ich!“
    „Was verstehen Sie?“
    „Woher Sie diesen Roger kennen! Sie
müssen ihn gestern gesehen haben, bei diesen... diesen Leuten! Großer Gott!“
jammerte sie und rang ihre Hände. „Egal, wie man es auch dreht und wendet,
immer kommt man auf diese Leute zu sprechen!“
    „Haben Sie keine Angst. Alles, was Sie
sagen, bleibt unter uns. Was diesen Roger angeht, den habe ich tatsächlich bei
meinen Kidnappern gesehen. Aber woher haben Sie...“
    „Ach, das ist doch alles ein und
dasselbe Pack! Ich hab Ihnen erzählt, daß wir den Kerl ein paar Tage bei uns
beherbergt hatten, bevor er wieder abgehauen ist. Ich hatte gehofft, daß ich
ihn nie mehr wiedersehen würde. Aber ich hab ihn noch einmal gesehen.“
    „Wann?“
    „Letzten Dezember, als die Männer zum
ersten Mal bei mir hier in der Wohnung aufgetaucht sind. Roger war abgemagert
seit seinem Verschwinden, das inzwischen so rund anderthalb Jahre zurücklag.
Aber ich hab ihn sofort wiedererkannt. Na ja, bei seinem Gesicht... Und als
dann irgendwann auch noch sein Name fiel... Drei Männer waren bei ihm. Zwei von
ihnen — ein großer, kräftiger und ein kleiner — sahen halbwegs anständig aus;
aber der Schein trügt ja bekanntlich! Der Dritte jedoch, der sah nun wirklich
wie ein richtiger Gangster aus.“
    Ich überlegte. Der Große und der
Kleine, die beiden mit halbwegs anständigem Äußeren, mußten „Zitrone“ und der
Kerl sein, der meinem Steuerbeamten so ähnlich sah. Der „richtige Gangster“
aber, das war bestimmt der andere nächtliche Besucher, der glücklose Boxer mit
den Narben im Gesicht, der zweite angebliche Freund von Mairingaud.
    „Die vier standen also in der Tür“,
fuhr Madame Dolguet fort, „und fragten, ob Henri zu Hause sei. Ich verneinte.
„Dann warten wir eben“, antworteten sie. Ich hatte große Mühe, sie von zwei
Dingen zu überzeugen: erstens, daß ich seit einem Jahr von meinem Mann getrennt
lebte; und zweitens, daß Henri drei Monate zuvor bei dem Brand am Buttes
umgekommen war. Das schien ihnen nicht in den Kram zu passen. Können Sie sich
das vorstellen? Sie verlangten Beweise für meine Behauptungen. Zum Glück
besitze ich eine amtliche Bestätigung unserer ‚Trennung von Tisch und Bett’,
und außerdem ist Henris Tod in unserem Familienbuch eingetragen. Angesichts
dieser eindeutigen Beweise fingen die Kerle an zu fluchen wie Bierkutscher.
Dann berieten sie sich leise miteinander, und schließlich teilte mir der
Kräftige, der einigermaßen anständig aussah, mit, daß sie eine Hausdurchsuchung
vornehmen würden. Sie hätten die Pflicht und das Recht dazu, denn sie seien von
der Polizei. Mein verstorbener Mann habe die günstigen Umstände seines Berufs
ausgenutzt, um mit Drogen zu handeln.“
    „Und Sie haben das geglaubt?“
    „Natürlich nicht. Außer vielleicht die
Anspielung auf Drogen. Ich frage mich, ob das nicht die Erklärung für Henris
wechselnde Stimmungen sein könnte. Was meinen Sie?“
    „Keine Ahnung... Die Männer haben also
Ihre Wohnung durchsucht?“
    „Ja, sie haben überall
rumgeschnüffelt, aber offenbar nichts gefunden. Dann sind sie weggegangen und
haben mir geraten, ihren Besuch zu vergessen. Haben sich nicht mal mehr den
Anschein von Polizisten gegeben. Doch ich hab ihren Rat befolgt. Was sollte ich
tun? Ich hatte Angst.“
    „Verständlich... Und gestern sind sie
zurückgekommen. Alle zusammen?“
    „Nein.

Weitere Kostenlose Bücher