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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Gestern waren nur der Kleine da
und der Große mit dem Gangstergesicht. Und eine Frau... der übelsten Sorte.
,Wir sind’s noch mal’, sagte der Kleine. ,Wir brauchen Ihre Wohnung und Ihr
Telefon für einen kleinen Spaß, den wir mit einem Freund vorhaben. Setzen Sie
sich aufs Sofa, wir tun Ihnen nichts.’ Ich war wirklich sprachlos. Da knurrte
der Große, das sei alles dummes Zeug, man müsse mich fesseln und knebeln. Er
setzte seine Worte direkt in die Tat um. Das Weitere kennen Sie... Als die drei
mit Ihnen weggingen, gaben sie mir denselben Rat wie beim ersten Mal: ,Halten
Sie die Klappe!’ Was die Flics angeht, habe ich gehorcht. Aber jetzt, da ich
Ihnen alles erzählt habe, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich nicht besser
daran täte, auch die Polizei zu benachrichtigen.“
    „Nicht nötig“, erwiderte ich. „Ich
glaube, Sie werden nie wieder was von den Leuten hören. Die haben sich Ihrer
bedient, so gut es ging, wenn ich das mal so sagen darf... Aber man kann nie
wissen. Wenn Sie ein paar Tage wegfahren würden, weit weg von der Rue d’Alésia,
wäre das bestimmt nicht verkehrt.“
    Sie stimmte mir zu. Damit war die
Unterhaltung so gut wie beendet. Sie schien alles ausgespuckt zu haben, was sie
wußte. Noch zwei Fragen, und wir konnten die Sitzung aufheben. Eine meiner
Fragen bezog sich auf Jean, meinen unglücklichen Besucher, der im Moment am
Ufer eines Sees frische Luft schnappte; mit der anderen Frage wollte ich noch
etwas über Dubaille erfahren. Jean und Dubaille, zwei Namen, die Jeanne Dolguet
noch nie im Leben gehört hatte.
    Wir verabschiedeten uns.
     
    * * *
     
    Der Crépu erschien am heutigen
Sonntag nicht in seiner üblichen Aufmachung. Er bestand nur aus einem
Sportteil. Ich kaufte eine Ausgabe, nachdem wir Madame Dolguet verlassen
hatten, und mußte feststellen, daß Covet nicht bis Montag gewartet hatte, um
den versprochenen Artikel über den Tod von Françoise Pellerin zu
veröffentlichen. Irgendwie hatte er es geschafft, ihn in die Sonntagsausgabe zu
schmuggeln. Es war eine knappe Zusammenfassung des Falles, in der jedoch das
Wichtigste erwähnt war: die Adresse von Madame Pellerin, der Mutter der
Fernsehansagerin. Blieb abzuwarten, ob die Erwähnung zu irgend etwas führen
würde. Nach all dem, was ich seit der Unterhaltung mit Madame Pellerin erlebt
hatte, zweifelte ich an einem Erfolg. Dennoch rief ich Reboul an und bat ihn,
eiligst Stellung bei der alten Dame zu beziehen.
    In den Radionachrichten wurde
gemeldet, daß ein grausiger Fund den Spaziergängern am See von Saclay die
Freude an dem schönen Frühlingstag versaut habe: die Leiche eines Mannes von
etwa fünfundzwanzig Jahren, ärmlich gekleidet, ohne Ausweispapiere und, den
ersten Untersuchungen zufolge, erschossen. Die Gendarmerie von Seine-et-Oise
habe die Ermittlungen eingeleitet und erste Nachforschungen in der Umgebung
angestellt.
    Hervorragend! Aus keinem anderen Grund
hatte ich den armen Kerl zu dem einsamen See gebracht. In der gottverlassenen
Gegend konnte ruhig mal ein wenig aufgeräumt werden!

Die Alderton-Affäre
     
     
    Am Montagmorgen gegen zehn Uhr saß ich
am Steuer von Hélènes Wagen (meiner war in der Werkstatt) und fuhr in die Rue
Cognacq-Jay zum Fernsehen. Als Ergebnis einer harmonischen Reihe von
Telefonaten hatte ich eine Verabredung mit einem gewissen Marcel. Dieses
pfiffige Bürschchen, so hatte Loursais mir versichert, halte sich stets in der
Nähe der Leitung von Schlagzeilen im Ersten auf. Marcel war ein
sympathischer Junge, der in einer Tweedjacke herumlief. Nachdem er noch schnell
ein halbes Dutzend Anrufe innerhalb des Riesengebäudes getätigt hatte, führte
er mich in den Projektionsraum. Wir setzten uns in bequeme Sessel, Marcel gab
verschiedene Anweisungen, und die Privatvorstellung begann: die Sendung von Lektüre
für alle , die ich — ein wenig abwesend, wie ich zugeben muß — von meinem
Krankenbett aus gesehen hatte.
    In dieser Sendung stellte Albert
Simonin, der Autor von Hände weg vom Geld, einen jungen Kollegen vor,
der soeben eine Art Reportage über das Gangstermilieu veröffentlicht hatte. Das
Ganze hieß Sitten, Gebräuche und Legenden des Milieus und handelte von
allem möglichen (zum Beispiel vom Gesetz des Schweigens und der Ganovenehre),
ohne unveröffentlichte Details halb vergessener Fälle preiszugeben. Der Autor
wollte anonym bleiben und präsentierte sich den Fernsehzuschauern mit einer
schwarzen Augenmaske. Entweder war er ein furchtbar seriöser Gangster

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