Bei Rotlicht Mord
nicht, daß er
immer noch in dem Hotel wartet!“ lachte Hélène ungläubig.
„Natürlich nicht. Aber vielleicht lebt
Madame Alderton noch. Hoffe ich jedenfalls.“
Ich fand die Telefonnummer der Vier
Pinien und wählte sie. Nach einer Weile meldete sich jemand am anderen
Ende:
„Villa Vier Pinien. Ja bitte?“
Es war eine junge, frische Stimme,
sanft, ausgesprochen angenehm. Zu jung und zu frisch, um der Amerikanerin zu
gehören. Außerdem stammte der leichte Akzent aus Südfrankreich. Irgendeine
Hausangestellte war es aber auch nicht.
„Ich möchte gerne mit Madame Alderton
sprechen“, sagte ich.
„Madame Alderton ist krank. Worum geht
es, und wer spricht dort, bitte?“
„Mein Name sagt Ihnen bestimmt nichts.
Ich heiße Nestor Burma.“
„Nestor Burma!“
Die Stimme veränderte ganz plötzlich
ihren Klang, wurde hart, beinahe feindselig.
„Anscheinend sagt Ihnen mein Name doch
etwas“, stellte ich gleichgültig fest.
Die Antwort ließ etwas auf sich
warten. Dann stammelte die veränderte Stimme:
„Ja, ja... äh... Ich lese Zeitung
und... Sie sind der Privatdetektiv, nicht wahr?“
„Höchstpersönlich.“
„Sie möchten mit Madame Alderton
sprechen?“
„Wenn es möglich ist.“
„Ist es leider nicht, Monsieur. Madame
Alderton ist krank, ich darf sie nicht stören. Wenn ich etwas ausrichten
kann...“
„Gute Idee... Aber vielleicht könnten
Sie selbst mir weiterhelfen...“
„Worum geht es?“
Als ob sie das nicht ahnen würde! Ihr
Tonfall verriet sie. Bestimmt war es nicht das erste Mal, daß ein Privatflic am
Gartentor der Villa läutete. Ich war nur einer von vielen aufdringlichen
Kerlen, wenn auch ein Spätzünder!
„Es geht um den Schmuckdiebstahl, dem
Madame Alderton vor zwei Jahren zum Opfer gefallen ist.“
„Ach so... Und?“
„Sie wissen darüber Bescheid?“
„Ja, ja. Was wollen Sie wissen?“
„Den Namen der
Versicherungsgesellschaft.“
„Den Namen der Vers... Oh! Haben Sie
irgendeine Spur, Monsieur Burma?“
„Möglicherweise. Noch nichts
Konkretes.“
„Ich hoffe... ich... ich meine...“
„Was meinen Sie?“
„Na ja... Ich lese Zeitung, wie schon
gesagt, und da hab ich Ihren Namen gelesen und auch, daß eine Klientin von
Ihnen... diese Fernsehansagerin...“
„Keinerlei Zusammenhang! Erschrecken
Sie nicht gleich. Nicht jedem, der mit mir in Berührung kommt, passiert etwas
Schlimmes.“
Ich unterstrich die
Unbedenklichkeitserklärung mit einem ebenso jovialen wie falschen Lachen. Wie
es dort in Cannes, eintausend Kilometer von der Rue des Petits-Champs entfernt,
aufgenommen wurde, wußte ich nicht. Es folgte ein Schweigen, dann fragte die
Stimme:
„Sie wollten den Namen der
Versicherungsgesellschaft wissen, war es das?“
„Ja, das war es.“
„Warten Sie bitte, ich sehe nach...“
Der Hörer wurde auf eine Tischplatte
geknallt, ein wenig brutal, wie mir schien. Bumm!, machte es an meinem Ohr. Ich
wartete. Einen Moment lang drängte sich eine Säuferstimme in die
Telefonleitung, verschwand dann aber mit einem dump’ fen Geräusch wieder im
Nichts.
„Hören Sie?“ meldete sich schließlich
die Stimme aus Gold, einem etwas matt gewordenen Gold allerdings.
„Ja?“
„Smith-Continental, Monsieur. Die Büros befinden sich in
der Rue Taitbout Nr. 35.“
„Vielen Dank. Ich werde mich mit den
Leuten in Verbindung setzen und Sie dann auf dem laufenden halten.“
Ja, Monsieur.“
Sie legte auf. Ich auch.
„Smith-Continental, 35 Rue Taitbout“, wiederholte ich und
schnappte mir das Pariser Telefonbuch.
„Sie wollen tatsächlich nachfragen, ob
die Prämie immer noch ausgesetzt ist!“ rief Hélène.
„Ja, und ob sie in der Zwischenzeit
etwas üppiger geworden ist!“
„Wissen Sie auch, wie spät es ist?
Vielleicht ein wenig spät, um dort anzurufen.“
„Stimmt“, sagte ich und sah vom
Telefonbuch auf. „Vor allem, weil eine Versicherungsgesellschaft Smith-Continental gar nicht existiert! Die reizende junge Dame hat mich für dumm verkaufen
wollen.“
In diesem Augenblick läutete das
Telefon. Ich nahm den Hörer ab. Wieder vernahm ich eine junge, wohlklingende
Stimme:
„Hallo! M’sieur Burma? Guten Tag. Hier
Jacques Mortier.“
„Jacques Mortier?“
„Vom Fernsehen. Der Kollege von Lucot,
den Sie um Informationen über Paul Roudier und Henri Dolguet gebeten haben.“
„Ah ja! Entschuldigen Sie, ich war im
Moment ganz woanders.“
„Macht nichts. Heute ist Montag, da
ist so was normal. Also, ich habe die
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