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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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haben, könnten wir eine solide These
basteln. Nur mit dem, was wir vorher schon wußten, und dem, was Marcel, das
Gottesgeschenk, mir erzählt hat. Abgesehen von zwei oder drei dunklen Punkten,
die mich noch ein wenig stören, paßt alles wunderbar zusammen. Hören Sie sich’s
einfach mal an! Was wissen wir? Daß Henri Dolguet im Mai 1962 in Cannes
Mitglied des Aufnahmeteams war, das den Empfang bei Madame Alderton... äh...
aufnahm; daß nach diesem Empfang das Verschwinden von dreihundert Millionen
Francs in Juwelenform festgestellt wurde; daß der Schmuck wahrscheinlich von
Dubaille, dem Gigolo von Mutter Alderton, geklaut wurde; und daß drei Wochen
nach dem Coup Dubailles Leiche in einer verlassenen Bucht angespült wurde.
Hinzu kommt, daß Dubaille früher einmal unseren Dolguet etwas hart angefaßt
hat. Außerdem wissen wir, daß Dolguet nach seiner Rückkehr von der Côte d’Azur
recht launenhaft war und einen kleinen Gauner namens Roger mitgebracht hat. Der
häßliche Roger blieb ein paar Tage als eine Art Leibwächter bei Dolguet. Danach
sah ich Roger bei meinen Kidnappern, die sehr an Dolguet interessiert waren.
Roger brüstete sich damit, Dubaille ,die Fresse poliert’ zu haben, wie er sich
ausdrückte... Ich nehme an, Sie haben verstanden und kommen zu den gleichen
Schlußfolgerungen, zu denen ich auch gekommen bin?“
    „Ich glaube schon. Aber ich würde noch
viel besser verstehen, wenn Sie das Pünktchen aufs i setzen würden.“
    „Gut. Also, folgendermaßen müssen sich
die Dinge abgespielt haben: Dolguet fährt zusammen mit seinen Kollegen vom
Fernsehen zur Villa Vier Pinien , um die Übertragung des Empfangs
vorzubereiten. Dort trifft er auf Dubaille, der schon seit längerer Zeit bei
Madame Alderton wohnt, wie wir inzwischen wissen. Der Gigolo spielt sich als
Herr im Hause auf. Die Begrüßung der beiden Schürzenjäger kann man sich lebhaft
vorstellen! Vielleicht tun sie so, als würden sie sich nicht kennen. Auf jeden
Fall aber ist anzunehmen, daß Dolguet auf Rache sinnt. Rache für die Niederlage
im Jagdrevier, wenn ich das mal so sagen darf. Doch wie soll die Rache
ausse-hen? Mit den Fäusten scheint Dubaille schneller zu sein. Eine ehrliche
Revanche kommt also nicht in Frage. Dolguet könnte einen oder mehrere Gangster,
die er kennt, um Hilfe bitten, um Dubaille das hübsche Gesicht zu verunstalten.
Einer der Gangster ist Roger. Spät in der Nacht soll der Plan in die Tat
umgesetzt werden. Doch als sie sich Dubaille vornehmen wollen, ist dieser
gerade im Begriff, mit dem Schmuck in einer kleinen Reisetasche abzuhauen. Die
Juwelen wechseln den Besitzer, und genau von diesem Augenblick an weiß niemand
mehr, wo sie geblieben sind, die Klunker. Später dann erfahren andere —
,Zitrone’ und Co. — durch Roger, daß Dolguet den Schmuck als letzter besessen
hat. Deswegen interessieren sich die Gangster so brennend für Dolguet, auch
wenn er inzwischen verbrannt ist, und logischerweise auch für diejenigen, die
sich für Dolguet zu interessieren scheinen, so wie ich. Soweit klar?“
    „Soweit paßt jedenfalls alles
zusammen“, sagte Hélène. „Aber haben Sie nicht von zwei oder drei Punkten
gesprochen, die Sie noch stören?“
    „Allerdings. Und zwar betrifft das
Dubaille. Ich verstehe sein Verhalten einfach nicht! Lebte bei Madame Alderton
wie die Made im Speck. Gedeckter Tisch und einladendes Bett. Was für eine
hirnverbrannte Idee, sich alles durch diesen Juwelenraub zu versauen!“
    „Vielleicht war er die Amerikanerin
leid. Hab gehört, daß solche Frauen sich zu regelrechten Tyrannen entwickeln
können.“
    „Gehört denn Madame Alderton zu
solchen tyrannischen Frauen? Sie haben sich doch sicher anhand der
Zeitungsmeldungen ein Bild von der Dame machen können, oder? Was wurde über die
geschrieben?“
    „Nicht viel“, sagte Hélène und warf
einen Blick auf ihre Notizen. „Barbara Alderton, eine der hervorragendsten und
sympathischsten Persönlichkeiten der mondänen Gesellschaft in Cannes... reiche
Witwe... dreimal verheiratet, nur die erste Ehe wurde geschieden...
liebenswürdiges Wesen, ausgeglichen, jugendlich... nie nervös oder gereizt.
Übrigens, was ihr jugendliches Auftreten betrifft: Sie gehe auf die Fünfzig zu,
heißt es. Will sagen: auf die Sechzig.“
    „Und Dubaille?“
    „Sechsundzwanzig.“
    „Ich meinte mehr seine inneren Werte.“
    „Tja... Gigolo von Beruf, bekannt an
der Côte, sogar bei den Flics. Mußten sich zwei- oder dreimal mit

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