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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Sie
sich selbst die Schuld geben. Möchten Sie etwas trinken, während ich mich
anziehe? Die Wohnung hier wird nur einen Monat im Jahr bewohnt, aber der
Weinkeller ist gut bestückt.“ Sie brachte mir etwas, womit ich meine Ungeduld
besänftigen konnte, und verschwand, um sich in ihr Schantung-Kostüm zu werfen.
     
    * * *
     
    Es schlug Mitternacht, als ich sie
nach Hause in die Rue de l’Alboni brachte.
    „Es war ein wunderschöner Abend“,
sagte sie, bevor sie aus meinem Wagen stieg. „Haben Sie vielen Dank. Das hat
mich ein wenig abgelenkt. Wie ist es, kommen Sie noch auf ein letztes Gläschen
mit zu mir?“
    „Nein. Das ist sehr freundlich von
Ihnen, aber verschieben wir’s lieber auf ein andermal.“
    „Wie Sie wollen.“
    Sie stieß ein spöttisches Lachen aus,
was wie eine schallende Ohrfeige wirkte. Dann öffnete sie die Wagentür und
stieg aus. Dabei wand und drehte sie sich so sehr, daß man meinen konnte, sie
bestünde nur aus Beinen.
    „Gute Nacht“, sagte sie.
    Ihr Tonfall mißfiel mir. Er paßte gut
zu dem spöttischen Lachen von eben. Sie reichte mir ihre Hand. Ich ergriff sie
und ließ sie lange nicht los.
    „Ich komm doch noch auf ein letztes
Glas mit zu Ihnen“, sagte ich.
    Ich spürte, wie sich ihre Finger
verkrampften. Ich stieg aus, und wir gingen hinauf. Bis wir wieder oben in dem
Salon mit den schonenden Schonbezügen standen, sagten wir kein Wort. Und auch
dann machte sie nicht sogleich den Mund auf. Erst als sie mir ein volles Glas
reichte, fragte sie mit dem Gesicht eines geprügelten Hundes:
    „Was haben Sie? Sind Sie verärgert?
Hab ich irgend etwas Falsches gesagt?“
    „Nein, nichts... Reden wir nicht mehr
davon... Sie trinken nichts?“
    „Nein, ich bin schon beschwipst.“
    „Ach ja?“
    Ich nahm das angebotene Glas und trank
einen Schluck. „Es tut mir leid“, begann sie wieder ernst.
    „Aber warum denn? Reden wir von etwas
anderem.“
    Sie versuchte es. Es gelang ihr nur
schlecht. Wir saßen uns in angemessener Entfernung gegenüber. Sie gab sich
jetzt alle Mühe, ihre Beine vor mir zu verstecken; aber der verdammte Rock war
einfach zu kurz und zu eng und tat, was er wollte. Ein paar Minuten weidete ich
mich an ihrer Verlegenheit. Sie hatte mich provozieren wollen, und nun
fürchtete sie sich vor dem, was daraus folgen konnte.
    Schließlich erhob ich mich.
    „Ich muß Juwelen im Wert von
dreihundert Millionen suchen“, sagte ich sachlich, so als würde ich mich an
eine Schaufel wenden. „Wenn ich morgen in Form sein will, muß ich ausgeschlafen
sein.“
    Sie begleitete mich hinaus. An der
Wohnungstür überraschte ich sie, indem ich sie in die Arme nahm und meinen Mund
ihren Lippen näherte. Mit einem gequälten Seufzer wandte sie ihren Kopf ab. Ich
mußte mit ihrem linken Ohr und ihrem duftenden Haar, das meine Nase kitzelte,
vorliebnehmen.
    „Nein“, flüsterte sie. „Nein, das wäre
nicht recht.“
    Sie zitterte am ganzen Körper, ihr
Atem ging stoßweise. Ich hatte das Gefühl, ihr Herz klopfen zu hören. Aber vielleicht
war das auch das dumpfe Geräusch der letzten Metro, die die Seinebrücke
Bir-Hakeim überquerte.
    Ich ließ sie los. Sie senkte den Kopf,
doch ich hatte Zeit, in ihren Augen eine große Bestürzung zu lesen. Ich schob
meine Hand unter ihr Haar und streichelte ihren Nacken.
    „Gute Nacht“, sagte ich.
    „Gute Nacht“, flüsterte sie.
    Honig kann nicht süßer sein.
    Ich fuhr nach Hause.
     
    * * *
     
    Um sieben Uhr schlief ich noch den
Schlaf des Gerechten und träumte von etwas sehr Angenehmen, als ein wüstes
Geklingel mich aus dem Bett warf. Ich ging zur Tür und öffnete.
    Sie waren zu zweit, wie üblich.
Inspektor Fabre machte das gequälte Gesicht des von Arbeitsüberlastung
gezeichneten Beamten. Sein Begleiter, den ich zum ersten Mal sah, rollte wild
mit den Augen. Da ich seinen Namen nicht kannte, taufte ich ihn in Gedanken
sogleich „Menschenfresser“. So wie die beiden vor mir standen, konnte ich nicht
viel mit ihnen anfangen. „Hallo“, sagte Fabre. „Kann man reinkommen?“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte
er seine Frage in die Tat um und stand schon im Korridor. Die Zeiten schienen
auf Sturm zu stehen.
    „Aber ich bitte Sie darum!“ rief ich.
„Sie stören mich überhaupt nicht. Brigitte ist soeben gegangen... Sie kennen
doch Brigitte Bardot...?“
    „Herrje“, knurrte Menschenfresser
angewidert.
    „Ihr Geklingel hat sie verscheucht“,
fuhr ich unbeirrt fort. „Aber ich bin Ihnen nicht böse. Kommen

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