Beichte eines Verfuehrers
die Pflanzen im Atrium ausgetauscht. Der Schwertfarn war Grünlilien gewichen. Die spitzen, herabhängenden Büschel schufen ein ganz neues Spiel aus Licht und Schatten. Ich wusste nicht, ob ich das mochte.
Heute hatte ich ganz bewusst meine Kleidung gewählt. Ich trug Farben, die mir schmeichelten und Schuhe, die mich größer machten. Der Lippenstift, den ich aufgelegt hatte, war in einer besonders kräftigen Farbe, weil mir das Selbstbewusstsein gab. Als ich mich auf die Bank setzte, fühlte ich mich trotzdem unsicher. Was würde ich denken und fühlen, wenn ich Joe sah?
In dem Moment, als ich ihn sah, war ich mir plötzlich wieder sicher. Ich hatte Wut erwartet, oder Enttäuschung, vielleicht sogar unterschwellige Leidenschaft. Aber ich hatte nicht erwartet, mich erleichtert zu fühlen.
Die Erleichterung rauschte über mich hinweg, als er sich zu mir setzte. Der Atem stockte mir und meine Hände verknoteten sich in meinem Schoß. Es war wie jener spannungsgeladene Moment, wenn man in einer großen Menschenmenge jemanden verliert und glaubt, ihn nicht wiederzufinden – und im nächsten Moment sieht man die vertraute Gestalt auftauchen und alles ist wieder gut. Man ist nicht länger allein.
„Es ist schön, dich zu sehen, Sadie.“
Ich nickte und blickte blinzelnd hinauf zur Sonne, die durch das Glasdach schien. Der Farn hatte Schatten geworfen. Das taten die Grünlilien nicht, und ich entschied, dass ich sie nicht mochte.
„Ich habe schon geglaubt, du kommst nicht mehr.“
„Mein Mann hatte einen Schlaganfall“, sagte ich ruhig. Ich blickte ihn an. „Er ist gestorben.“
Ich dachte, ich hätte inzwischen Routine darin, anderen Menschen von Adams Tod zu erzählen. Durch meine Worte wurde sein Tod so real. Aber dennoch war es einfacher, als zu sagen „mein Mann hatte einen Unfall und ist vom Hals abwärts gelähmt“. Und auch für die anderen war es leichter, mir ihr Mitleid auszusprechen, weil sie mit dem Tod besser umgehen konnten als mit einer Behinderung.
Die Worte klangen leicht. Aber ich fühlte den Schmerz wieder und musste die Hand auf meine Augen legen. Ich spürte Joes Hand auf meiner Schulter. Wir rückten näher zusammen, ohne uns zu bewegen.
Es war das erste Mal, dass er mich berührte.
„Hast du eine Geschichte für mich, Joe? Diesmal brauche ich sie wirklich.“ Obwohl ich flüsterte, wusste ich, dass er mich verstand.
Diesen Monat heiße ich immer noch Priscilla und ich trage am Ringfinger einen Diamantring, der verkündet, dass ich verlobt bin. Der Diamant ist groß genug, dass auch Fremde mich auf ihn ansprechen. Ich liebe meinen Verlobungsring.
Heute habe ich mit meinem Verlobten eine Verabredung mit einem der sieben Feinkostlieferanten, die für den Empfang in der engeren Auswahl sind. Man hat uns versprochen, dass wir alle Speisen probieren können, die ich als mögliche Menüfolge in Erwägung ziehe. Wir dürfen sogar den Kuchen probieren und haben die Wahl zwischen Erdbeerküchlein und Schokoladentorte. Für meine Hochzeit kommt kein Kuchen aus dem Supermarkt in Frage, vielen Dank. Das muss schon alles etwas Besonderes sein. Schließlich heiratet eine Frau nur einmal im Leben, wenn sie sich schon das erste Mal für den Richtigen entscheidet.
„Liebling!“ Da ist er. Mein Joe. Er dreht sich um. Wieder einmal hat er die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Liebling, du machst es schon wieder!“
Er nimmt die Hände aus den Hosentaschen mit diesem entschuldigenden Lächeln, das ich so bezaubernd finde. „Entschuldige.“
„Du bist zu attraktiv, um dich so flapsig zu verhalten.“ Ich trage heute flache Schuhe und muss mich auf Zehenspitzen stellen, um ihn auf die Wange zu küssen. Er riecht sauber. „Ich werde dir ein Parfum kaufen.“
Seine Hände streichen über meine Hüften und ziehen mich näher. Er sieht auf mich herab. „Magst du es nicht, wie ich rieche?“
„Du riechst gut. Aber ich mag es, wenn Männer nach Parfum riechen.“ Ich küsse ihn erneut und löse mich aus seiner Umarmung. „Komm. Wir wollen doch pünktlich sein.“
„Natürlich. Uns wäre ja nicht zu helfen, wenn wir aus dem Terminplan ausbrechen.“
Ich halte inne und blicke ihn ernst an. Nimmt er mich auf den Arm? Bei Joe bin ich mir da manchmal nicht so sicher. Meistens schwimmen wir auf einer Wellenlänge, aber hin und wieder zieht er mich auf und macht mich lächerlich.
„Es ist unfreundlich, jemanden warten zu lassen.“ Obwohl ich es nicht will, klinge ich barsch. Er sollte
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