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Beichte eines Verfuehrers

Beichte eines Verfuehrers

Titel: Beichte eines Verfuehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hart Megan
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erste Mal seit langer Zeit wollte mich jemand einladen und mir fehlten die Worte. Ich starrte ihn stumm an.
    Der fremde Mann trat näher und blickte mich hoffnungsvoll an. „Also? Sind Sie …?“
    „Ich … nein. Tut mir leid.“
    Sofort drehte er sich auf dem Absatz um und rannte mit weit ausgreifenden Schritten den Gang hinunter. Völlig perplex schaute ich hinter ihm her. Seine plötzliche Flucht gab dieser Situation etwas Surreales. Schließlich ging ich zur Kasse und bezahlte meine Einkäufe. Ich hatte Probleme, mein Wechselgeld einzustecken, weil meine Hände zitterten, und als der Kassierer einen Witz machte, der überhaupt nicht lustig war, lachte ich besonders laut.
    Schon so lange hatte ich mich als verheiratete Frau wahrgenommen, dass ich glaubte, von den üblichen Flirts verschont zu bleiben. Entweder nahmen die Männer mich nicht wahr – schließlich war ich verheiratet – oder ich nahm nicht wahr, dass sie mir nachschauten. Jedenfalls hielt ich nach diesem gescheiterten Brachialversuch meine Augen offen. Blickte der Mann im Auto neben mir nicht so, als überlegte er, ob sich ein Date mit mir lohnte? Und der Typ, der mir die Fahrstuhltür aufhielt, als ich in mein Büro zurückkehrte – tat er das nur aus Höflichkeit oder weil er neugierig war, in welches Stockwerk ich fuhr?
    Selbst wenn sie kein Interesse an mir hatten, ließ mich doch die Vorstellung lächeln, dass sie vielleicht nach den richtigen Worten suchten, um mich anzusprechen und zu einem Abend in der Stadt einzuladen.
    Adam fand das nicht sehr amüsant, als ich ihm abends davon erzählte.
    „Was hat er genau zu dir gesagt?“
    Ich zeigte ihm gerade den neuen Kaffeebecher, den ich gekauft hatte, doch er nickte ungeduldig.
    „Ich hab es dir doch gesagt. Er fragte mich, ob ich für ein Date ’verfügbar’ sei.“
    „Er wollte dich zu einem Date einladen? Er fragt dich mitten im Laden, ob du mit ihm ausgehst?“
    „Um ehrlich zu sein, ich glaube, dass er ein bisschen verrückt war.“ Ich packte den Kaffeebecher zurück in die Einkaufstüte.
    Adam steuerte seinen Rollstuhl vom Computertisch weg, um mir direkt gegenüberzusitzen. „Was hast du zu ihm gesagt?“
    „Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht verfügbar sei.“ Selbst jetzt, als ich an diese absurde Situation dachte, musste ich lachen. „Also wirklich, wenn du ihn gesehen hättest …“
    „Was war mit ihm?“
    Ich beschrieb den Mann und übertrieb dabei ein bisschen, um die Geschichte lustiger zu machen. „Ich glaube ja, er war einer von den Patienten aus dem Landeskrankenhaus, die hin und wieder Ausgang haben. Er hatte so einen leicht irren Blick. Er tut mir richtig leid, sein Therapeut hat ihm wahrscheinlich geraten, einfach mal rauszugehen und eine Frau anzusprechen und ich habe ihn abgelehnt. Das wird ihn in seiner Entwicklung um Monate zurückwerfen.“
    Adam lachte nicht. „Vermutlich.“
    „Adam“, sagte ich mit einem leisen Seufzen. „Das war wirklich keine große Sache.“
    „Irgend so ein Typ will sich mit meiner Frau verabreden und das soll keine große Sache sein?“
    Wütend drehte er den Rollstuhl um. Dieser war groß und schwer, aber trotzdem konnte Adam ihn normalerweise durchaus geschickt lenken, obwohl er viel Platz brauchte. Diesmal stieß er jedoch an die Tischkante und fluchte laut, weil seine Notizen auf den Boden fielen.
    Ich bückte mich, um seine Unterlagen aufzuheben. Dabei erhaschte ich einen Blick auf das oberste Blatt – es waren Notizen zu Adams aktueller Lektüre. Ich packte den Papierstapel zurück in den Ordner.
    „Komm schon, Liebling. Der Typ war nicht mal attraktiv!“
    Er warf mir einen langen Blick zu, in dem ich so viel Bitterkeit las, dass ich erschrak. „Was heißt das? Wenn er attraktiv gewesen wäre, hättest du dich mit ihm verabredet?“
    Mir lag eine schnippische Antwort auf der Zunge, aber ich schaffte es mit Mühe, mich zu bremsen. „Bitte, das ist doch Unsinn“, entgegnete ich stattdessen sanft.
    Adam sagte nichts. Mit dem Rollstuhl konnte er sich nur in kleinen, ruckartigen Bewegungen vor- und zurückrollen lassen, zumal in diesem Raum kaum Platz und der Rollstuhl viel zu wuchtig war, um ihm kleine, wendige Drehungen zu ermöglichen.
    „Adam, das war eine lustige Geschichte, mehr nicht. Ich habe gedacht, du magst sie, aber jetzt muss ich mich ja fast entschuldigen, dass ich sie dir erzählt habe.“
    Er blitzte mich an. „Was soll das heißen, Sadie? Meinst du, dass du mir in Zukunft nicht mehr davon erzählen

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