Beichte eines Verfuehrers
unwillkürlich lachen.
„Ich will Dan nie betrügen, aber ich fürchte einfach, dass ich es irgendwann tun werde. Einfach, weil sich die Gelegenheit ergeben wird.“
„So etwas passiert ja nicht gerade zufällig.“
Sie schien durch meinen ungewöhnlich ernsten Ton etwas gezähmt. „Ich weiß.“
Nachdenklich blickte ich sie an, bevor ich sagte: „Mein Angebot steht nach wie vor.“
Elle blickte zu mir auf. „Sie wollen uns beide sehen, ja. Ich weiß.“
„Dan ist ein wunderbarer Mann und er hat Ihnen bisher sehr gut getan. Sie wissen aber, dass es nicht gut ist, wenn Sie die Verantwortung für Ihr eigenes Glück auf jemand anderen abwälzen. Aber ebenso wenig ist es gut, wenn Sie gar nicht zulassen, dass jemand Ihnen hilft, glücklich zu werden.“
„Ich weiß, ich weiß, ich weiß!“ Sie warf den Kopf in den Nacken und stöhnte. Dann zog sie eine Grimasse. „Verdammt, ich weiß das alles! Dieser blöde, verdammte Valentinstag macht es mir einfach so schwer.“
„Vielleicht verlangen Sie zu viel von sich, Elle. Was haben Sie für den Valentinstag geplant?“
Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf. „Es wird einen Hackbraten in Herzform geben und dazu Spargel. Und danach ein bisschen Sex.“
Eigentlich wollte ich sofort antworten, wie hübsch ich diese Idee fand. Doch plötzlich blieb mir das Wort im Halse stecken. Ich griff nach der Teekanne und goss mir Tee nach. Ich wollte nicht zugeben, dass mir die Worte fehlten. Die Teekanne klapperte, als sie gegen meine Tasse stieß und ich musste mir Mühe geben, damit meine Hände nicht zitterten.
Ich beneidete sie plötzlich heftig. Wie schrecklich! Ich beneidete Elle, weil sie einen Hackbraten machen würde und danach würde sie sich mit Dan lieben. Und das alles für einen Feiertag, den sie hasste. Ich beneidete sie sogar um ihre Angst, dass sie etwas zu verlieren hatte.
„Dr. Danning?“
Ich riss mich zusammen und war jetzt wieder ganz die Psychologin. Das war ich Elle schuldig. Wir konnten beisammensitzen, Tee trinken und miteinander lachen und ich konnte Einblick in ihre tiefsten, dunkelsten Geheimnisse haben, aber wir waren keine Freunde.
„Das klingt toll. Ich bin mir sicher, dass er sich darüber freuen wird.“
Sie nickte langsam. „Ja, das glaube ich auch.“
„Und was auch immer danach passieren wird, Elle: Denken Sie daran, dass er das tut, weil er Sie liebt. Und es ist für Sie alles in Ordnung, denn Sie lieben ihn auch.“
Es war nicht das erste Mal, dass sie vor mir in Tränen ausbrach, aber als sie diesmal anfing zu schluchzen, berührte es mich und ich spürte einen dicken Kloß im Hals. Oder war es, weil ich um mich selbst weinen wollte und nicht aus Mitleid um sie? Als ich ihr die Box mit den Taschentüchern reichte, nahm ich mir auch eines.
„Wann hört das auf?“, fragte sie, als wüsste ich auf alles eine Antwort.
„Ich weiß es nicht, Elle. Glauben Sie mir, ich wünschte, ich wüsste es.“
Es war nicht das erste Mal, dass ich ihr keine befriedigende Antwort geben konnte. Aber zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich versagt hatte.
Wann hörte es auf? Das war die Frage des Tages. Wann verließ mich die Furcht, wann würde ich keine Sehnsucht mehr verspüren, wann würde ich aufhören, etwas zu wollen, das falsch war?
Es war einfach für mich, in meinem bequemen Bürostuhl zu sitzen, und Elle gute Ratschläge zu erteilen, dass sie ihren Freund nicht betrügen sollte. Aber welches Recht hatte ich, so selbstgefällig zu sein? Meine Patienten konnte ich beraten, aber ich konnte diese Ratschläge nicht annehmen. Wenn ich mir gegenübergesessen hätte, dann hätte ich mir selbst gesagt, dass es ganz natürlich und normal war, wenn ich solche Gefühle hegte. Meine Ehe war durch den Unfall von Adam und die daraus resultierenden Veränderungen enormen Belastungen und Veränderungen ausgesetzt. Es war völlig normal und verständlich, dass ich mich danach sehnte, von jemandem festgehalten und geliebt zu werden … und ja, auch der Wunsch, mit einem Mann zu schlafen, war völlig normal.
Ich war normal.
Aber wenn ich mir gegenübergesessen hätte, dann hätte ich mir ebenso geraten, mich nicht länger mit Joe zu treffen. Die emotionale Untreue war genauso real, als ob ich wirklich mit ihm ins Bett ging. Und vielleicht war diese Untreue in Gedanken sogar noch schlimmer. Denn ein körperliches Bedürfnis zu stillen war eine Sache – aber die Unabwendbarkeit der Dinge, die passierten, eine völlig andere.
Bloß weil
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