Beifang
keine Nummer mit dem Kürzel ›ved‹? Oder eine mit der Vorwahl von Salzgitter?«
Kuttler schüttelte den Kopf.
Steinbronner wartete, einen wachsamen Blick auf Kuttler gerichtet. Der gab den Blick zurück und versuchte, nicht an den Zettel in seiner Brieftasche zu denken, auf dem er zwei Telefonnummern vermerkt hatte. Die von »ved« mit dem Anschluss im Ulmer Justizgebäude. Und die von Egbert, dem Herrn vom Bundesamt für Strahlenschutz. Das musste sich wohl in Salzgitter befinden, wenn er Steinbronners Frage richtig deutete.
»Na gut«, sagte Steinbronner schließlich. »Was schieflaufen kann, läuft irgendwann auch schief. Übrigens sprechen wir immer noch von dem Handy, das Ihnen zugespielt wurde. Leider sind durch ein technisches Versehen die in dem elektronischen Verzeichnis gespeicherten Daten gelöscht worden. Ich bedauere das sehr, wirklich.« Wie zur Bekräftigung hieb er mit dem stumpfen Ende des Bleistiftstummels auf die Akten, die vor ihm lagen. »Und die Gespräche, die von diesem fraglichen Mobiltelefon aus geführt wurden, liegen zeitlich so weit zurück, dass
die Verbindungsdaten nicht mehr rekonstruiert werden können. Sehr schade, wirklich.« Angewidert legte er den Stummel zur Seite und nahm wieder Kuttler ins Visier. »Sie wollen jetzt bitte eine dienstliche Erklärung abgeben, was Sie genau mit dem Ihnen zugesandten Mobiltelefon gemacht und welche Informationen Sie ihm entnommen haben. Das ist - nein, das ist nicht alles.«
Plötzlich wirkte er erschöpft. Er nahm seine Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ganz persönlich und unter vier Augen darf ich Ihnen noch einen Ratschlag geben, den Sie bei der Niederschrift Ihrer Erklärung berücksichtigen können oder auch nicht. Es liegt ganz bei Ihnen. Dieser Ratschlag lautet: Falls Sie Daten angeben, etwa über irgendwelche Gesprächspartner, die von diesem Mobiltelefon aus angerufen worden sein könnten, dann beachten Sie bitte, dass Sie diese Angaben auch belegen müssen. Ihre bloße Erinnerung, selbst handschriftliche Notizen, werden in diesem Fall nicht genügen.«
»Das verstehe ich nicht«, wandte Kuttler ein.
»Ich denke, Sie haben gar keine Aufzeichnungen gemacht?«, fragte Steinbronner zurück. »Aber egal. Stellen Sie sich einmal vor, Sie behaupten, irgendjemand oder noch besser: ein Herr Egbert Müllermeier aus … sagen wir mal: aus Salzgitter sei von diesem Ihnen zugesandten Mobiltelefon aus angerufen worden. Was geschieht, wenn dieser Herr Müllermeier das abstreitet und einen Nachweis sehen will? Dann können Sie sich nicht hinstellen und erklären, das Elektronische Telefonbuch dieses Handys sei zwar leider gelöscht worden, Sie jedoch hätten in weiser Voraussicht exakt diese eine Nummer daraus abgeschrieben. Das können Sie vielleicht behaupten, wenn der Herr Egbert Müllermeier ein Fliesenleger oder ein Handlungsreisender oder sonst ein kleiner, unbedeutender, furzender Steuerzahler ist: Dann allerdings kann es sein, dass Sie damit durchkommen. Aber wie sieht es aus, wenn der Herr Müllermeier oder vielmehr: wenn seine Freunde Ihnen plötzlich mit fünf hochbezahlten Anwälten auf den Leib rücken? Niemals kommen Sie damit durch, vor
keinem Gericht in diesem Land, die fünf Anwälte zerreißen Sie in der Luft... diese eine Nummer haben Sie notiert, ja? Da waren keine anderen, wie? Diese eine war Ihnen eben aufgefallen, ach! Und dann haben Sie die Liste mit den übrigen Namen gelöscht, wie? Nein, das haben nicht Sie getan? Als Sie mit dem Gerät hantiert haben, dann nur, um eben diese eine Nummer in Erfahrung zu bringen, wirklich?... so ungefähr.«
Steinbronner schwieg und hatte den Kopf wieder über seine Aufzeichnungen gesenkt. Unter dem weißlichen Strahlenkranz seiner spärlichen, kurz geschnittenen Haare schimmerte rosig die Kopfhaut.
»Also …«, setzte Kuttler an und räusperte sich.
»Sind Sie noch immer da?«, fragte Steinbronner und machte eine Handbewegung, die zur Tür zeigte. Kuttler stand auf und ging, aber als er an der Tür war und schon die Klinke in der Hand hatte, holte ihn Steinbronners Stimme wieder ein.
»Da ist doch noch dieser Fall Eisholm …«
»Ja?«, fragte Kuttler und drehte sich um.
»Sehe ich das richtig - haben wir als Hinweis auf ein Fremdverschulden nur die Aussagen dieses Lokführers?«
»Ich kann jetzt nicht für die Kollegen sprechen«, antwortete Kuttler zögernd. »Immerhin gibt es dieses Phantombild …«
»Dieses Phantombild ist ein Witz«, unterbrach
Weitere Kostenlose Bücher