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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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noch heute Nacht tun«, antwortete Berndorf. »Morgen muss er entweder wieder vor der Polizei davonlaufen, oder er muss mit ihr reden. Zu etwas anderem wird er nicht kommen.«
    »Mag sein. Und wo, bitte, sollen wir suchen?«
    »Auf dem Friedhof.«
    »Bitte?«
    »Kuttler hat mich draufgebracht«, erklärte Berndorf. »Er sei hoffentlich nicht auf dem Friedhof gelandet, hat er gesagt. Das ist so ein Wort, und plötzlich verfängt man sich darin … Was suchen wir? Wir suchen diesen Schmuck. Und wir denken, dass er etwas mit dem Haus zu tun hat... Aber ist der Ring wirklich mit dem Haus verbunden oder doch nicht eher mit der Person von Marianne Gaspard? Also müssen wir wo suchen?«
    »Meinst du nicht«, sagte die Anwältin, »dass wir uns alle inzwischen genug zum Narren gemacht haben? Da müssen wir uns jetzt nicht auch noch zur Geisterstunde auf dem Friedhof einstellen.«
    »Ich hätte gerne«, antwortete Berndorf, »dass Lukas uns das Grab seiner Großmutter zeigt.« Er beugte sich vor und suchte den Blick des jungen Mannes. »Ich weiß, das klingt merkwürdig, aber wenn Sie es uns gezeigt haben, lassen wir Sie in Ruhe und bringen Sie, wohin Sie wollen - nach Hause oder zu einem Freund oder zu einer Freundin …«
    »Meine Großmutter hat kein eigenes Grab«, antwortete Lukas. »Die ist verbrannt worden.«
    »Und die Urne mit der Asche - wo befindet sich die?«
    »Die ist im Grab von meinem Großvater.« Selbst in der Dunkelheit sah man, dass er die Achseln zuckte. »Das klingt vielleicht blöd, weil - dann hätte man sie ja genauso gut so dazulegen können. Aber sie hat nun einmal verbrannt werden wollen.«

    Die Deckenlampen tauchten die schweren schwarzen Eichenmöbel in ein Licht, das auf die Augenlider drückte. Wieder, wie am Morgen, war Kuttler eingetreten, ohne anzuklopfen; Steinbronner saß schweigend da, wartend oder über seinen Notizen brütend, einen Bleistiftstummel in der Hand.
    »Setzen Sie sich«, sagte er, ohne aufzublicken. »Dieses Bürschchen haben Sie noch immer nicht gefunden?«
    »Nein«, sagte Kuttler. »Gefunden haben wir nur das Fahrrad. Er hat es gleich am nächsten Bahnübergang stehen gelassen …«
    »Und ist auf der anderen Seite davongelaufen, dort, wo wir nicht gesucht haben«, fiel ihm Steinbronner ins Wort. »Er hat uns vorgeführt.« Er blickte auf. »Dazu gehören immer zwei. Einer, der es tut, und einer, der es mit sich machen lässt. Aber deswegen habe ich Sie nicht gerufen.« Er schien sich wieder in die Notizen zu vertiefen, die vor ihm lagen. »Heute Morgen habe ich Sie gefragt, ob Sie sich eigentlich die Anruf- und Adressenlisten dieses Mobiltelefons angesehen haben, bevor Sie’s an die Kriminaltechnik zur Untersuchung weitergaben. Ich glaube, die Frage haben Sie mir immer noch nicht beantwortet.«
    »So hatten Sie die Frage nicht formuliert«, wich Kuttler aus.
    »Weichen Sie mir nicht aus«, sagte Steinbronner mit einer Stimme, die plötzlich ganz leise und bedrohlich geworden war. »Haben Sie oder haben Sie nicht?«
    »Ich hab das Gerät eingeschaltet«, antwortete Kuttler, »nur um zu sehen, ob da überhaupt noch ein Chip drin ist.«
    »Nur um zu sehen!«, wiederholte Steinbronner, »Herrgott noch mal! Und wenn jemand eine Bombe hineingepackt hätte, dann hätte es Ihnen den Kopf abgerissen wie nichts... nun ja, einen besonders wichtigen Körperteil hätten Sie nicht eingebüßt.«
    »Ich hatte darauf gewartet, dass mir dieses Handy...«, versuchte Kuttler zu erklären, aber Steinbronner machte nur eine ärgerliche Handbewegung, und so schwieg er.
    »Was ich wissen will«, sagte der Kriminaldirektor. »Was genau haben Sie sich angesehen? Anruflisten? Elektronisches Telefonbuch?«

    »Kann sein, dass ich da einen Blick daraufgeworfen hab...«, antwortete Kuttler zaghaft.
    »Einen Blick darauf geworfen! Menschenskind, wissen Sie, dass Sie sich um Kopf und Kragen reden?«
    Kuttler schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    Steinbronner sah ihn an, mit einem Blick, der fast mitleidig schien. »Sie haben doch neuerdings so Ihre ganz eigenen Fährten, Ihren ganz eigenen Verdacht?« Steinbronner lehnte sich zurück. »Wie kommt das?«
    »Ich bin nur Fragen nachgegangen, die meiner Ansicht nach nicht ausreichend beantwortet sind«, antwortete Kuttler und versuchte, möglichst gerade auf seinem unbequemen Eichenstuhl zu sitzen, mit durchgedrücktem Rücken. »Das betrifft sowohl …«
    »Sie haben sich die Nummern notiert?«
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Auch

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