Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
bis hierher«, antwortete Berndorf. Walleter kam heran und reichte Berndorf eine Stablampe. »Damit Sie nicht unter Leute geraten, die da verlassen die rechte Bahn und gehen finstere Wege«, sagte er.
    Er werde sich Mühe geben, antwortete Berndorf. »In einer oder anderthalb Stunden sollten wir zurück sein.«
    Sie trennten sich, Walleter ging zu dem Gasthof, Berndorf und Elaine nahmen den Fußweg, der unter Bäumen an dem kleinen Fluss vorbeiführte, von dem Berndorf sagte, dass es die Kleine Lauter sei. Ein Hund verbellte das Paar, dann schienen sie bereits wieder aus dem Dorf heraus zu sein, das Tal wurde enger und weitete sich noch einmal, dunkel lag ein lang gestrecktes Anwesen vor ihnen. Über einen von einzelnen Bäumen bestandenen Hof, der mit Kies aufgeschüttet war, führte Berndorf
die Anwältin zu einer Steintreppe, sie stiegen hoch, vor ihnen ragte eine steile Felswand, Wasser rauschte, hoch über ihnen riss die Wolkendecke auf, und ein halber Mond spiegelte sich im Quelltopf, der unmittelbar zu Füßen der Felswand entsprungen schien. Berndorf ließ den Lichtkegel der Lampe über Gestein und Ufermauer wandern. Hier hielt sich niemand verborgen.
    »Warum?«, flüsterte die Anwältin und hängte sich bei ihm ein.
    »Es gibt viele Motive«, antwortete Berndorf und schaltete die Lampe aus. »Hier an der Blau und im Kleinen Lautertal. Hat Lukas gesagt.«
    Sie verließen den Quelltopf und gingen über den gekiesten Hof zurück auf die Straße, folgten ihr ein Stück weit in den Wald und stiegen dann einen Weg hoch, der noch tiefer in die Dunkelheit zu führen schien. Elaine wollte sagen, dass am Gasthof von einer Nachtwanderung eigentlich nicht die Rede gewesen sei, aber sie merkte, dass Berndorf mit Vorsatz schwieg und nicht reden wollte. So sagte sie nichts.
    Unvermittelt blieb Berndorf stehen. Der Weg war feucht und modrig geworden, er schaltete die Lampe ein, vor ihnen wurde ein Pfad sichtbar, der steil nach oben führte. Aber davor sah man im Erdreich tief eingeprägt den Abdruck eines Schuhes, Berndorf bückte sich und leuchtete ihn aus.
    »Wir sind hier an der Ruine Lautern«, sagte er dann mit einer ganz normalen Stimme, die gleichwohl durch die Stille der Nacht brach, »der Burgherr hat von den drei oder vier Mühlen im Tal gelebt, und irgendwann war Paracelsus zu Gast. Steht auf einem Schild, das hier herumhängt.«
    »Du willst mich aber bitte nicht hier hinaufschleppen«, antwortete sie, »Burgruinen finde ich überhaupt nicht romantisch, und immer riecht es dort nach Pipi.«
    »Wie du meinst«, antwortete Berndorf. »Obwohl es hier nicht einmal ein Gemäuer hat, in dem es nach was auch immer riechen könnte. Da sind nur Mauerreste und Vorsprünge, und dann geht es auch schon runter.«
    »Und man bricht sich den Hals«, meinte Elaine. »Reizend.«

    »Nein«, meinte Berndorf, »so tief geht es nun auch wieder nicht hinunter, die Beine kann man sich vielleicht brechen oder sich eine Querschnittslähmung einhandeln, aber mehr ist da nicht. Hören Sie das, Lukas?« Plötzlich hatte er die Stimme erhoben und richtete das Licht der Taschenlampe erst auf sich, dann auf die Anwältin. »Sie kennen uns doch - ich bin der alte Mann mit der jungen Frau, sie haben uns vom Fotografieren erzählt und von den Seitentälern der Blau, erinnern Sie sich?«
    Er schaltete die Lampe wieder aus und wartete, aber der Wald schwieg.
    »Sie haben die Polizei abgehängt, die fährt im Hochsträß herum, und von uns haben Sie nichts zu befürchten. Sie müssen mir nicht einmal in den Bauch treten, so ungefährlich bin ich. Warum sollen wir nicht miteinander reden?«
    Stille.
    »Das wird so nichts«, sagte die Anwältin, nahm die Lampe und schaltete sie ein. »Ich komme jetzt zu Ihnen, Lukas, und wenn ich dabei ausrutsche und runterfalle und mir das Rückgrat breche, dann sind Sie schuld!« Der Lichtkegel beleuchtete den Pfad, den sie hochstieg oder hochzusteigen versuchte, aber der Pfad war nicht für Pumps geschaffen, einer davon blieb stecken und glitt von ihrem Fuß, sie trat barfuß auf und knickte mit einem leisen, kaum hörbaren »Autsch!« zur Seite und in das Gesträuch, das den Weg zu beiden Seiten überwucherte.
    Berndorf fluchte und kletterte nach oben und rutschte selbst zwei Mal aus, ehe er auch nur den Schuh der Anwältin gefunden hatte. Die hockte neben dem Weg, vor ihr kniete ein junger Mann im Trainingsanzug und untersuchte im Schein der Stablampe Elaines Fuß.
    »Sie sind in eine Brombeerranke getreten«,

Weitere Kostenlose Bücher