Beim ersten Om wird alles anders
Unterdrückten in Auseinandersetzungen zu ziehen, wenn man ihn dazu zwingt.
Am liebsten gehe ich Essen, selber kochen ist nichts für mich. Ich beherrsche genau ein Gericht: Steinpilzrisotto.
Alkohol trinke ich nicht, von meinem Vater habe ich nämlich ein Alkoholproblem geerbt: Ebenso wie er bekomme ich schon von einem Glas Bier oder Wein Kopfschmerzen. Das beginnt noch während des Trinkens und ist beinahe unerträglich am Tag danach.
Ich habe in meinem Leben vielleicht zehn Zigaretten geraucht, sämtlich, um coole jüngere Frauen zu beeindrucken. Deshalb, hier endet die Parallele zum yogischen Leben vielleicht, habe ich auch noch nie gekifft oder sonstige Rauschmittel probiert. Ich habe nie abgelehnt. Ich wurde einfach nie gefragt.
Ich hätte wohl, auch ohne Yoga für mich zu entdecken, so oder ähnlich weiter gelebt, aber immer mit dem Gefühl, mich dafür bei mir selbst entschuldigen zu müssen, weil ich etwas sonderbar bin. Jetzt, nach einem Jahr Yoga-Praxis, kann ich endlich feststellen: So bin ich eben, und wenn dabei noch die Atmung und die Haltung stimmen, kann nichts mehr schiefgehen.
Ich überlege noch, wie ich diese Erkenntnis gebührend feiern soll. Zwei Möglichkeiten erscheinen mir besonders passend. Ein Yoga-, Meditations- und Ayurveda-Urlaub am symbolträchtigen Om-Strand oder die Anmeldung zu einer Yoga-Lehrerausbildung in New York.
Im südindischen Bundesstaat Karnataka liegt tatsächlich ein Strand, dessen sanft geschwungene Form an das
gleichnamige Sanskrit-Zeichen erinnert, das als Symbol der spirituellen Erkenntnis dient, wonach Körper, Geist und Seele eins werden sollen. Dessen gesungene Version ertönt nicht nur zu Beginn vieler Yoga-Stunden, sondern hat auch den Titel dieses Buchs inspiriert.
Über dem Strand befindet sich auf einem Hügel ein Hotel, das sich die Besonderheit der Strandform zu eigen gemacht hat und deshalb sowie aufgrund seiner Nähe zum Hindu-Pilgerort Gokarna ganz auf Yoga-Reisende eingestellt zu sein scheint.
Das Hotel bietet dem Urlauber neben ayurvedischer Kost Yoga und Meditation bis zum Abwinken an. Unter Anleitung einheimischer Lehrer stehen alle möglichen Formen des Yogas zur Auswahl, selbst exotisch klingende Ausprägungen wie Lach- und Art-Yoga fehlen nicht. Die Kurse finden in einem selbstredend lichtdurchfluteten Yoga-Raum statt. Ein ganz besonderer Ort für eindringliche Pranayama-Atemübungen ist unter einem 500 Jahre alten Banyanbaum eingerichtet. Meditiert wird im Zentrum des Resorts in einem eigens angelegten Meditationsdom. In dem runden Gebäude mit der kobaltblauen Kuppel treffen sich Gäste und Lehrer zu Gesangs- oder Kerzenmeditation. Am Om-Strand können Gäste ganz ungestört Asanas praktizieren oder meditieren. Und wem das nicht genügt: Im „Open Air“-Bad, über das jede Gartenvilla verfügt, duschen Gäste direkt unter den Sternen.
Das wäre was, vielleicht kann ich den Verlag dazu überreden, dass er mir zur Feier der Buchveröffentlichung einen Ausflug genau dahin spendiert. Na gut, das ist vielleicht ein wenig unrealistisch. Mache ich es eben wie nicht wenige Yoga-Novizen: Ich starte gleich durch vom Schüler zum Lehrer.Tatsächlich habe ich schon einige Yogis und vor allem Yoginis erlebt, die nach gerade einmal einjähriger Praxis meinen, über so tief greifende Erkenntnisse
zu verfügen, dass es doch schade wäre, diese nicht sofort an nachwachsende Yoga-Menschen weiterzugeben.
Da es für den Erwerb der Bezeichnung „Yoga-Lehrer“keiner großen Formalien bedarf, steht dies jedem offen, der bereit ist, dafür tief in die Tasche zu greifen, und eines der vielen Angebote wahrnimmt, „Yoga-Lehrer nach der Methode XY“zu werden. Auf den Anmeldeunterlagen zum Erwerb der Yoga-Lehrerbezeichnung nach der Jivamukti-Methode etwa lese ich: „Mit der Lehrerausbildung startest Du einen Prozess tief greifender körperlicher, mentaler und spiritueller Transformation. Tägliche Meditation, herausfordernde Asanapraxis, vegane Ernährung und die ganztägige Auseinandersetzung mit philosophischen Themen geben Dir das Werkzeug in die Hand, Dich selbst und andere auf einem ganzheitlichen Entwicklungsprozess hin zu echter Menschlichkeit zu begleiten.“
Mich selbst auf dem Weg zur echten Menschlichkeit begleiten? Das wäre tatsächlich mal was. Dazu müsste ich mich aber für einen Monat in die Umgebung von New York begeben oder neuerdings, produziert wird offenbar, wo die Märkte sind, auf die Insel Herrenchiemsee im Münchner Umland. Hier
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