Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition)
Sie fürchten die neue Rasse, die die Menschen beschützt. Die Unterweltler haben Angst, keine Seelen mehr zu bekommen. Es hat Krieg gegeben, die Dämonen haben versucht, die Gargoyles zu bekämpfen, aber sie waren zu schlau und zu stark und hatten Hilfe von Drachen, die mit ihrem Feueratem die Heerscharen des Bösen aus der Luft angriffen. Nun haben sich aus allen Teilen der Unterwelt die mächtigsten Dämonenpriester versammelt, auch wenn ihre Fürsten sonst Feinde sind, um ihren gemeinsamen Gegner mittels Magie zu schlagen.«
Zahar erblickte alles durch die Augen des gefesselten Gargoyles. Er lag auf dem Felsen. Es war Nacht, Sterne funkelten, doch erste Grauschleier kündigten den Morgen an.
»Ich hab das schon einmal gesehen«, wisperte David. »In meinen Träumen.«
»Gut möglich«, meinte der Schriftsteller. »Das hat bestimmt etwas damit zu tun, dass Sie einen Teil des Fluches absorbiert haben.«
Obwohl Zahar wusste, dass nicht er das Opfer war, sondern einer seiner frühesten Vorfahren, hatte er das Gefühl, dabei gewesen zu sein.
»Das ist das genetische Gedächtnis«, erklärte Monsieur Verne. »Und bitte sagen Sie ebenfalls Jules zu mir.«
Zahar erschrak, wie weit der Mann in seinen Kopf vordringen konnte.
Jules schickte ihm einen deutlich vernehmbaren Gedanken: Ich wäre auch verängstigt, wäre ich an Ihrer Stelle. Aber haben Sie keine Angst vor mir. Ich möchte Ihnen wirklich helfen.
»Was ist das genetische Gedächtnis?«, fragte David.
»Die vererbte Übertragung von Wissen, das in den kleinsten Bausteinen unserer Zellen gespeichert ist.«
Der Singsang wurde lauter und dröhnte in Zahars Ohren. Die Vibrationen durchdrangen seinen Körper; es kribbelte und zog in seinen Eingeweiden, die Muskeln schmerzten und er hatte das Bedürfnis, sich zu übergeben. Vor seinen Augen drehte sich alles. Das scheußliche Gefühl nahm zu, je näher der Tag rückte, und als die Sonne die schrecklichen Masken der Priester beleuchtete, versteiften sich Zahars Muskeln. Er hörte auf zu atmen und hatte Angst, zu ersticken – es wurde dunkel, als würde er in einen traumlosen Schlaf fallen. Dann holte er tief Luft und war plötzlich frei. Er konnte sich bewegen; keine Fesseln hielten ihn, keine Dämonen waren in der Nähe. Aber es war nicht Morgen, denn die Sonne war bereits untergegangen.
»Der Steinfluch«, flüsterte David ehrfürchtig.
»Nur war er anders geplant«, erwiderte Jules. »Die Gargoyles sollten alle versteinern und nie wieder aufwachen. Doch ein Magier hatte sich unter den Priestern versteckt, ein guter Zauberer, der den Fluch abmilderte. Ansonsten würde es heute vielleicht keine Gargoyles mehr geben.«
»Das klingt wie in einem Märchen. Und sehr kompliziert«, sagte David. »So viel unterschiedliche Magie war am Werk.«
»Wenn Sie diese dunklen Kräfte aus Ihrem Freund aufsaugen, wird er so schwach wie ein Mensch. Das habe ich verstanden, leider nicht mehr.«
Sie ließen sich los und Zahar lehnte sich zurück. Ihm war schwindlig. »Die Priester haben nur einen von unserer Rasse verzaubert, wieso versteinern wir alle?«
»Die Kraft der Priester reichte nicht aus, um alle Gargoyles zu vernichten. Aber sie waren so mächtig, um einen Fluch auf einen einzigen Gargoyle zu legen, der auf alle übergehen sollte. Dank des weisen Magiers unter ihnen kam es nicht dazu. Leider übertrug sich der abgeschwächte Fluch trotzdem auf all diejenigen, die den verzauberten Gargoyle berührten oder mit denen er in Kontakt kam, und die infizierten Wächter steckten weitere an. So wurden recht schnell alle von dem Fluch befallen, bevor sie etwas dagegen unternehmen konnten.«
David beugte sich über den Tisch. Sein Gesicht wirkte starr und farblos. »Wie kann der Fluch gebrochen werden? Ich kenne diese Sprache nicht und weiß nicht, welchen Zauber die Priester angewendet haben.«
»Das weiß ich auch nicht«, sagte Jules. »Aber eines kann ich Ihnen sagen: Wir sind heute noch nicht so weit, David, es wird Ihnen ohnehin nicht gelingen.«
»Was können Sie noch sehen?« Zahar wollte alles wissen. Alles!
Erneut reichten sie sich die Hände. Er erblickte sich im Fieber und David, der sich um ihn kümmerte, ihm einen Tee zu trinken gab. Zahar war ein Mensch, doch er wurde schwächer, je länger er in diesem Zustand verharrte. Er schlief nicht und sein Körper konnte sich nicht erholen.
»Wir dürfen uns nicht mehr so oft lieben«, sagte David in seinem Traumbild und streichelte ihm über die fiebrige
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