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Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition)

Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition)

Titel: Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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Stirn.
    Ihre Zuneigung fand mehr und mehr auf geistiger Ebene statt, sie unternahmen viele Reisen, lasen sich vor und Zahar sah sich und David als alte Männer, die nebeneinander im Bett lagen und sich an den Händen hielten. Sie waren glücklich, zusammen sein zu dürfen. Sie hatten sich mit dem, was sie besaßen, arrangiert.
    Als die Verbindung erneut abbrach, zwinkerte sich Zahar eine Träne weg und schielte zu David, der sich in ein Taschentuch schnäuzte.
    »Wir können also nichts tun?«, fragte David. »Der Schlüssel liegt anscheinend im Schlaf. Die Gargoyles haben verlernt, zu schlafen.«
    »Nicht verlernt. Es ist ihnen nicht möglich. Da sie über die Jahrtausende keinen natürlichen Schlaf finden mussten, hat der Körper diese unnütze Eigenschaft deaktiviert und nicht mehr weitervererbt.«
    »Vielleicht kann ein Arzt helfen?« Zahar wollte nicht aufgeben. Das Gesehene hatte ihn zutiefst erschüttert.
    »Die Medizin ist noch nicht so weit. Erst, wenn das neue Jahrtausend anbricht, wird es technische Errungenschaften geben, um in die kleinsten Bausteine unseres Körpers eingreifen zu können.« Jules atmete tief ein. »Aber ich will Ihnen nicht den Mutnehmen. Was Sie gesehen haben, muss nicht eintreffen. Zukünftige Ereignisse sind einem ständigen Wandel unterworfen. Je nachdem, wie wir uns im Leben entscheiden, kann die Zukunft eine andere Wendung nehmen, außer, es handelt sich um ein fest bestimmtes Schicksal. Das ist wohl unausweichlich.«
    »Sie können in die Zukunft schauen!« David klang aufgeregt.
    Jules nickte. »Das soll aber niemand erfahren.«
    »Wir werden bestimmt nichts sagen.«
    Zahar schöp fte Hoffnung. »D ann wissen Sie vielleicht, ob ich bis abends meine menschliche Gestalt habe?«
    Jules berührte ihn kurz an der Hand und nickte.
    Erleichtert atmete Zahar auf.
    »Darf ich Sie auch noch einmal um einen Gefallen bitten?«, fragte David.
    Lächelnd hielt ihm Jules die Hand hin. »Was wollen Sie wissen?«
    »Ob Sie doch noch irgendetwas finden, was uns weiterhelfen kann. Vielleicht haben Sie etwas übersehen?«
    »Darf ich ebenfalls?« Zahar schaute zwischen ihnen hin und her.
    »Natürlich.«
    Schließlich reichten sie sich alle wieder die Hände.
    Wahllose Bilder flackerten vor Zahars geistigem Auge auf. Diesmal sah er Davids Erinnerungen: Gra nny, um Jahrzehnte jünger, die David vorlas, seine Eltern, David am Schreibtisch, vertieft in seine erschaffenen Welten, im stillen Gespräch mit seinen fiktiven Charakteren. Zahar spürte Davids Verzweiflung, als er mit Fieber in seinem Schoß gelegen hatte und beinahe gestorben wäre.
    »Ich kann nicht sehen, was heute Nacht geschieht«, sagte Jules. »Das ist seltsam, alles ist verschwommen. Ich erkenne Zahars Gesicht, sonst liegt alles im Dunkeln.«
    Zahar erkannte es ebenfalls und plötzlich sah er sich – im Spiegel des Badezimmers! Er war erzürnt, hatte die Fänge gefletscht. Wieso knurrte er David an?
    »Was könnte das bedeuten? Werde ich sterben?«, fragte David aufgeregt.
    Ein Stich durchzuckte Zahars Brust. »Das kann nicht sein, ich habe dich als alten Mann gesehen!«
    »Ich bin nun in Ihrem Kopf, Zahar«, sagte Jules. »David hat Ihre Gefühle verletzt, Sie wütend gemacht.«
    »Ich würde nichts machen, was Zahar verletzt!«, rief David. »Was habe ich getan?«
    »Ich weiß nicht, was in Kürze passiert. Ich habe keinen Z ugang zu Ihrem Geist«, sagte Jules. »Ich beginne noch einmal bei Ihrer Kindheit, David, das hilft mir meine Gabe zu koordinieren und mich auf Ihren Geist zu konzentrieren.«
    Zahar beneidete David beinahe für seine Vergangenheit. Er hatte Eltern besessen, die sich um ihn kümmerten, ihn liebten und ihm viel beibrachten.
    Plötzlich erkannte er Zuhra, ihr langes schwarzes Haar und ihr herzförmiges Gesicht, dann Nuriel, der auf einer Liege lag. David, noch ein halbes Kind, schabte mit einer scharfen Klinge an seinem Horn und verpackte das Pulver in einem Papiertütchen. Danach schnitt er Nuriel eine Strähne seines zotteligen Haares ab. Davids Vater nahm ihm Blut mit einer Spritze ab.
    »Halt!«, rief Zahar. »Was ist das für eine Erinnerung? Ich dachte, du kennst Nuriel nicht?«
    »D-das tu ich auch nicht.« D avid klang atemlos. »Ich kann mich daran nicht erinnern!«
    Zahar gefiel das nicht, denn Nuriels Warnung war sehr präsent. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«
    »Ich weiß es nicht!«
    »Hier bricht der Gedanke ab«, sagte Jules und ließ ihre Hände los. Schweiß glänzte auf seiner Stirn und er

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