Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition)
geeignet.« Monsieur Verne deutete in Richtung Tresen. »Hinter der Buchhandlung finden Sie im Innenhof den Laden von Madame Esmeralda. Sie führt alles, was das Magierherz begehrt. Von ihr habe ich übrigens diese Feder.« Jules Verne hielt sie ihm vor die Nase.
»Sie sind wirklich gut.« Ihm wurde noch heißer. Der Mann wusste tatsächlich alles.
David hatte sich so sehr Hilfe gewünscht und hier war jemand, der ihm viele Fragen beantworten konnte. Hatte sein Suchzauber ihm hierbei geholfen?
Als ob Monsieur Verne auch Gedanken lesen könnte, sagte er: »Manches im Leben ist vorherbestimmt, unser Treffen war womöglich kein Zufall.«
»Das würde ja bedeuten, ich bin nur Schriftsteller geworden, damit eine höhere Macht uns zusammenführen konnte?«
Jules Verne zwinkerte vergnügt. »Vielleicht? Es soll da einen Tempel in Indien geben mit Palmblättern, auf denen all unsere Schicksale aufgeschrieben stehen.«
»Ich glaube, davon habe ich gehört …«
Sie sprachen über alles Mögliche, das Schreiben, die schöpferische Kraft ihres Geistes und die Weltausstellung, bis Davids Neugier überwog und er auf das eigentliche Thema zurückkam: »Wieso habe ich nichts von meiner Gabe gewusst?«
»Da Sie sich unserer Welt ferngehalten haben, sind Sie wohl nie mit solchen Kräften in Kontakt gekommen. Außerdem zeigt sich solch eine Fähigkeit meist nur bei direktem Körperkontakt und Erwachsenen. Ein Kind wäre überfordert mit dieser Gabe.«
Da Jules Verne ohnehin über alles Bescheid zu wissen schien, fragte David frei heraus: »Kann ich damit den Fluch von meinem Freund nehmen?«
Der Schriftsteller zuckte mit den Schultern. »Dazu müsste ich Ihren Freund kennenlernen. Warum treffen wir uns morgen nicht einfach alle auf der Ausstellung? Sie finden mich bei den Aquarien.«
»Sehr gerne, Monsieur Verne. Nur weiß ich nicht, wie ich meinen Begleiter tagsüber auf die Exposition bringen soll.«
Jules Verne grinste verschmitzt und erwiderte, ohne rot zu werden: »Sie wissen genau, wie dieses Problem zu lösen ist, und mit den Kristallen kann Ihnen nichts geschehen.« Als er den Arm ausstreckte und Davids Handgelenk berührte, sah er lebendige Bilder vor Augen, sich und Zahar nackt, in inniger Umarmung. Sie liebten sich und David hielt dabei einen rosafarbenen Quarz in der Hand, der sich schwarz verfärbte. Dann flackerte das Bild und ein neues zeigte sich: Zahar, der ein Mensch war und erschrocken wirkte. Er berührte den schwarzen Stein und verwandelte sich in einen Gargoyle … Diese dunkle Energie konnte also wieder in Zahar zurückfließen und ihn auf der Stelle wandeln! Wenn David das früher gewusst hätte! All die Sorgen, all der Kummer um das Leben seines Freundes wären halb so schlimm gewesen.
Die Verbindung brach ab, Monsieur Verne ließ ihn los.
Vor Scham wollte David sich am liebsten in Luft auflösen. »Ich bin Ihnen so dankbar für Ihre Hilfe und wünschte, ich könnte mich revanchieren.«
»Das haben Sie schon, indem Sie mir Zugriff auf Ihren Geist und ein Stück Ihrer Zukunft gewährten, wenn auch ungewollt. Was ich mit meiner Gabe sehe, nährt meine Muse. In meinem Kopf spuken bereits neue Ideen für viele Romane umher, aber das hält mich nicht ab, morgen erneut die Ausstellung zu besuchen. Wenn ich Wissenschaftlern die Hände schüttle, kann ich manchmal sehen, welche Wunder sie hervorbringen werden. Oder sogar ihre Enkel.«
»Darüber schreiben Sie in Ihren Büchern …« David kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Plötzlich hatte er so viele Fragen. »In Ihrem Buch Von der E rde zum Mond berichten Sie über die Vorbereitung zur Mondfahrt!«
Monsieur Verne nickte. »Und in der Fortsetzung, an der ich bereits arbeite, werden die Menschen auch zum Mond fliegen. Nur braucht keiner zu wissen, womit ich meine Muse fütterte und dass ich tatsächlich zeige, was in der Zukunft möglich ist. Das würde die meisten überfordern.« Er machte vor Davids Gesicht eine Handbewegung und murmelte: »Oblivisci – Vergesse«.
David kratzte sich an der Stirn und fühlte dem seltsamen Pochen in seinem Schädel nach. »Wo waren wir eben stehen geblieben?«, fragte er und hoffte, es würden sich keine Kopfschmerzen ankündigen, doch der Druck in seinem Schädel verschwand.
»Dass wir uns morgen auf der Ausstellung treffen«, erwiderte Monsieur Verne und zog ein weiteres Buch aus dem Regal. Für meinen Kollegen David Elwood. Mögen all Ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Ergebenst, Ihr Jules Verne , schrieb
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