Beinssen, Jan
Klaus, wobei sich sein Lächeln zu einem höhnischen Grinsen formte. »Wäre dir das lieber, ja?«
»Nein!« Sina hob die Hände. »Nein, auf keinen Fall. Aber wir dachten, dass du …« Sie brach mitten im Satz ab.
Klaus kam näher auf sie zu. »Ihr dachtet, dass ich so tölpelhaft bin und blindlings ins offene Messer laufe? Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Vor allem deine Busenfreundin Gabriele hat mir einen solchen Fehler bestimmt zugetraut.« Sein feistes Grinsen nahm etwas Dämonisches an, als er weitersprach. »Ihr habt euch in mir getäuscht. Bitter getäuscht. Ich bin nicht länger einer von den Guten, die gleichzeitig immer die Loser sind. Dieses Mal habe ich mich auf die richtige Seite geschlagen.«
»Sie sind in eine Falle getappt«, vollendete die alte Hexe einen Gedanken, der in Sina langsam und schmerzlich aufkeimte. Sie wankte, als ihr die Tragweite dieser Erkenntnis bewusst wurde. In Sinas Kopf begann ein Film abzulaufen. Mit Szenen aus den letzten Tagen. In allen spielte Klaus die Hauptrolle: Zunächst die zaghafte Annäherung zwischen ihnen nach langer Funkstille. Dann das gemeinsame Pläneschmieden auf der Jagd nach dem Gold. Gefolgt von der ebenso spontanen wie stürmischen Liebesnacht. Das neu gefasste Vertrauen in ihn. Kurz darauf seine Abkehr und zuletzt der Verrat: Klaus hatte das Lager gewechselt und seine besten Freunde ans Messer geliefert. Sina fühlte sich elend, als sie dem Verräter in die Augen sah.
Während Sina in Lethargie zu verfallen schien, erholte sich Gabriele schnell vom ersten Schock. Von Klaus hatte sie nie besonders viel gehalten und daraus keinen Hehl gemacht. Dennoch interessierten sie seine Beweggründe. »Hast du dich kaufen lassen?«, fragte sie ihn, und es klang wie das Bellen
eines angriffslustigen Hundes. »Wie viel Gold geben sie dir dafür, dass du deine Freunde hintergehst?«
Klaus’ Lächeln wurde minimal schmaler, als er zu einer Antwort ansetzte. Die alte Hexe kam ihm jedoch zuvor: »Niemand anders als Sie selbst tragen die Verantwortung für die Lage, in die Sie sich gebracht haben. Warnungen, sich von uns fernzuhalten, gab es genug.« Sie deutete auf di Lorenzo, der mit einem schäbigen Grinsen seine makellosen Zähne entblößte.
Sina starrte ihn an. »Dann habe ich das wirklich erlebt? Die Folter – als Sie ihm mit der Zange ins Gesicht …«
»Ja«, sagte die Alte mit kratziger Stimme. »Eine kleine Inszenierung mit Theaterblut und Tierzähnen, um Ihnen den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Aber was hat es gebracht?«
Sina kam erneut ins Wanken. Man hatte sie also verschleppt. Mitten in der Nacht mit Drogen vollgepumpt und vom Sofa gezerrt. Und ihr dann den Gewaltakt mit viel Geschrei und falschem Blut vorgespielt, um sie zu Tode zu erschrecken. Sina stand angesichts dieser schockierenden neuen Enthüllung kurz vor dem Zusammenbruch. Doch Gabriele stieß sie an und warf ihr einen entschiedenen Blick zu. Das half. Sina entsann sich ihrer Rückversicherung, ihrem heimlichen Ass im Ärmel. Friedhelm hatte sicher längst die Polizei gerufen!
Auch Gabriele klammerte sich an den dünnen Strohhalm ihrer Rettung: Friedhelm! In Kürze
müsste er mit der Polizei im Schlepptau hier aufkreuzen. Dann würden die fiese Frau und vor allem auch der hinterfotzige Klaus eine böse Überraschung erleben. Klammheimlich rieb sie sich die Hände. »Wer, zum Teufel, sind Sie eigentlich?«, sprach sie die Alte direkt an, um das Gespräch in Gang zu halten und schlimmere Handlungen hinauszuzögern.
Die Alte war klein, aber gut in Form. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie in der Gruppe den Ton angab. Die Rädelsführerin, dachte Gabriele, wie damals in Peenemünde. »Sie wollen wissen, wer wir sind? Unsere wirklichen Namen werden Sie nicht erfahren. Die kennen wir von unseren Kameraden teilweise selbst nicht. Aber ich will Ihnen verraten: Wir sind Söldner. Nicht im herkömmlichen Sinn und nicht auf einem Schlachtfeld. Aber das Prinzip ist das gleiche: Wir handeln im Auftrag.«
Gabriele war einen Moment abgelenkt, weil sie wieder das helle Surren des Aufzugsmotors hörte. Aber sie wollte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, mehr über die Verbrecherorganisation zu erfahren: »Wie lautet Ihr Auftrag? Wer sind Ihre Auftraggeber?«
Die Alte stieß ein spitzes, unangenehmes Lachen aus. »Unseren Auftraggeber werde ich Ihnen nicht nennen. Das erwarten Sie nicht wirklich, oder?« Ihre Augen wurden zu zwei schmalen Schlitzen, als sie ausführte: »Den
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