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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldfrauen
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ausbreiten …«
    Sina konnte nicht anders. Sie fing an, laut, grell und anhaltend zu schreien. Für einen kurzen Moment zog sie alle Aufmerksamkeit auf sich.
    Gabriele erfasste die Lage sofort. Sie spannte sämtliche Muskeln ihres Körpers an, machte einen gewagten Satz nach vorn und stürzte sich auf die Alte. Die zierliche Frau knickte unter Gabrieles Gewicht augenblicklich ein, wehrte sich aber mit spitzen Fausthieben.
    Während Gabriele die Alte am Boden hielt, hoffte sie auf Unterstützung ihrer Begleiter. Friedhelm könnte versuchen, dem Iren beizukommen. Er könnte sich einen Goldbarren schnappen und ihn dem Unhold an den Kopf werfen. Sina müsste derweil versuchen, an eine Waffe zu gelangen und die anderen in Schach halten …
    Nichts von all dem trat ein. Gabriele blieb die Einzige, die Courage zeigte. Sie hatte ihren letzten Gedanken kaum ausgesponnen, als sie bereits von dem Iren an der Schulter gepackt und zurückgerissen wurde. »Worauf warten wir noch?«, hörte sie seine hässliche, raue Stimme dicht über ihr. »Soll ich ihr die Spritze setzen?«
    »Nein«, antwortete die Alte entschieden, nachdem sie sich aufgerappelt hatte. »Ich möchte, dass die drei ohne toxische Rückstände im Körper aufgefunden werden. Das Feuer erledigt die Arbeit für uns.«
    Sina schrie erneut auf. Diesmal beachtete sie niemand.
    Die Anführerin gab knappe Befehle an ihre Männer, woraufhin sie sich mithilfe von Sackkarren daranmachten, die Goldbarren aus dem Lager zu schaffen. Auch Klaus legte mit Hand an und belud eine Sackkarre. Er war einer der Ersten, die den Raum verließen – ohne sich noch einmal nach Sina und ihren Begleitern umgesehen zu haben. Sina versetzte das einen weiteren tiefen Stich. Doch sie spürte ihn kaum noch. Jegliche Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren hatte sie längst aufgegeben.

    31

    Alles vorbei. Leben ade! Gabriele war dabei, mit ihrem irdischen Dasein abzuschließen. Das Goldlager war inzwischen geräumt. Sie beobachtete die anderen dabei, wie sie Kanister voller Benzin heranschafften. Frappierende Parallelen zu ihren Erlebnissen auf Usedom drängten sich ihr auf – aber was brachte es? Es blieb belanglos, denn ihr Ende war ohnehin besiegelt. Vielleicht hätte sie schon bei ihrem ersten Zusammentreffen mit den Fremden umkommen sollen. Das Schicksal hatte ihr ein zusätzliches Jahr gegönnt, aber nun war auch diese letzte Schonfrist verstrichen. Aus und vorbei …
    Sina registrierte das hektische Treiben um sie herum nur noch verschwommen, verzerrt, wie in einem Traum. Ihr war bewusst, dass man sie abgeschrieben hatte. Sie musste sich damit abfinden. Klaglos wie ein Opferlamm in den Tod gehen. Unwillkürlich näherte sie sich ihrer Freundin. Sie suchte nach ihrer Hand, bekam sie zu fassen und drückte sie fest. Das war also das Ende.
    Der Schuss, den sie hörten, klang einem knallenden Sektkorken sehr ähnlich. Obwohl ihn anfangs weder Gabriele noch Sina zuordnen konnten, blieb er beiden nachhaltig in Erinnerung.
    Dem Schuss folgten weitere. Es knallte rings um
    sie herum. Sie sahen Blitze von Mündungsfeuer. Putz und Farbe spritzten von der Wand, Holzsplitter lösten sich von den Regalen. Dazu kamen die Stimmen. Es waren kurz gehaltene Befehle.
    Sina verstand nur: »Runter!« Immer wieder: »Runter!« Folgsam duckte sie sich, machte sich ganz klein.
    Gabriele tat es ihr gleich. Nur nicht auffallen, dachte sie sich in diesem Moment. Aus der Schusslinie halten! Sich kleinmachen, möglichst unsichtbar!
    Gleich darauf brach das Chaos über sie herein. Schwarz gekleidete Gestalten stürmten auf sie zu. Von allen Seiten. Sie schrien, brüllten, dann warfen sie Rauchgranaten.
    Sina spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen. Sie hustete, spuckte und verlor das Bewusstsein …
    »Nicht schießen!« Gabriele hörte die sich überschlagende Stimme ihres Bruders, konnte ihn aber im beißenden Rauch nicht sehen. »Wir gehören nicht zu denen!«, rief er laut. »Wir sind unbewaffnet.«
    Das ohrenbetäubende Knallen aber setzte sich fort. Gabriele blieb flach auf dem Boden liegen. Sie wagte es kaum, aufzusehen. In den kurzen Momenten, in denen sie ihren Kopf vorsichtig anhob, sah sie Mündungsfeuer auf beiden Seiten des Raumes: Die Söldner erwiderten das Feuer der Angreifer, anstatt sich zu ergeben. Was für ein Wahnsinn!
    Eine laute Stimme, wohl durch ein Megafon verstärkt, hob sich über das Knallen der Schüsse in dröh
    nendem Widerhall hinweg: »Achtung, hier spricht die Polizei. Ein

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