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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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die Nachschlagemaschine fragen, wie alles funktionierte, aber es war wirklich ganz einfach. Sie wollten Symbolismen und Emotionen haben, nicht wahr? Schön. Ich muß allerdings zugeben, daß ich es ein bißchen wie Sinnes Verwirrung machte, wenn ich es auch nicht sofort erkannte.
    Ich begann mit diesem goldhaarigen Mädchen, das durch einen sonnendurchfluteten Wald aus wandernden Pflanzen lief, und nach einer Weile wurden aus den Pflanzen Männer. Zuerst nur ganz vage, aber schon bald konnte man es deutlich sehen. Sie waren schön, langgliedrig und wirklich groshing, aber immer noch wie eingeschlossen in den Stämmen der Pflanzen, die sie waren, und man begriff, daß man sie mit den Augen des Mädchens sah, daß es sich nur vorstellte, sie wären Männer. Dann wird es richtig unheimlich. Man merkt: Während das Mädchen diese Pflanzen als Männer ansieht, betrachten sie das Mädchen als eine andere Pflanze, eine phantastische, hellstielige Blume, ihre Arme als lange Blätter, ihre Haare als sonnenüberglänzte goldene Blumenblätter, nicht länger gehend, sondern sich sanft in ihrer Mitte wiegend. Dann beginnen sie, um es zu kämpfen, zuerst immer nur einer, dann alle zugleich, mit prügelnden Ranken, die sich in Arme verwandeln, und mit muskulösen Beinbewegungen, die zu verschlungenen Wurzeln werden. Ich glaube, es war eine Art von Freiheit, sich diesen Wald so ausgehungert nach Sex vorzustellen, daß er wegen einer einzigen zierlichen, kleinen Blume völlig zaradann wird, aber was soll’s. Jedenfalls nimmt dieser Kampf ein Ende, und der Sieger ist eine dunkle Pflanze oder ein dunkler Mann mit langem schwarzen Haar. Er geht hinter dem Blumenmädchen her, und sie geraten in einen Voreinander-weglaufen-wieder-zusammenkommen-Tanz und lieben sich schließlich, ganz verstrickt in Blumenblättern und Blättern und Gliedern, was eher seltsam und schön als erotisch war, aber mir gefiel es auf jeden Fall.
    Ich drückte den Signalknopf, und ein Käfig kam herunter und nahm das bespielte Band mit. Ich saß da und wartete.
    Allerdings brauchte ich nicht lange zu warten.
    Ein Kommunikationssignal schrillte, und das dreidimensionale Bild irgendeines Q-R-Kontrolleurs erschien ein paar Meter von mir entfernt.
    „An, ja“, sagte der Kontrolleur, „ein sehr annehmbarer Versuch, muß ich sagen. Er hat uns gut gefallen.“
    „Hurra“, sagte ich. Ich wußte schon.
    „Die Sache ist nur die, meine Liebe“, murmelte der Kontrolleur ganz traurig, „daß es zuviel Geschichte und zu wenig Erotik war. Sie müssen verstehen“, fuhr er fort, um einem möglichen Anfall meinerseits zuvorzukommen, zu dem ich sowieso zu müde war, „daß Bildvision fast ausschließlich von den älteren Bevölkerungsgruppen Vier BEEs gesehen wird. Dazu kommt, daß die meisten Leute, die zusehen, ein- und ausschalten möchten, wann immer sie wollen, und wenn alle unsere Unterhaltungssendungen eine Story hätten, was würde das für eine Verwirrung geben, nicht wahr?“ Räusperpause, in der ich stumm blieb. „Wie auch immer“, schloß er, „Ihr Farbempfinden und Ihre Originalität sind sehr vielversprechend. Vielleicht können wir uns noch einmal darüber unterhalten, wenn Sie Ihre Zeit als Jang hinter sich haben. Ihre Ideen werden dann ausgereifter sein, konventioneller, akzeptabler, da bin ich sicher. Also kommen Sie später wieder, wenn Sie unserer kleinen Gesellschaft dann immer noch helfen möchten.“
    Ich hätte ihm am liebsten die Nachschlagemaschine an den Kopf geworfen, hielt mich aber zurück.
    Mein Q-R traf im Korridor auf mich.
    „Verzweifeln Sie nicht“, meinte er. „Ruhen Sie sich etwas aus. Treffen Sie Ihre Freunde. Sie haben sich heute morgen sehr gut geschlagen.“
    „Getoastetes Engelsbrot“, sagte ich, „macht mich krank.“ Daraufhin ließ ich ihn stehen und marschierte hinaus nach Hause.

 
     
TEIL DREI

 
1
     
    In dieser Nacht weckte mich Hergal, als er auf das Zeefahr krachte.
    Morgens signalisierte mir einer meiner Erzeuger – ich weiß nicht genau, welcher, da er sich verändert hatte, zwar immer noch männlich, aber ein anderer Körper – und fragte, ob es mir gut ginge.
    „Oh, ja danke, mir geht es gut.“
    Dies war das letzte, was ich von ihnen hörte, aber es war eine nette Geste.
    Hatta hatte die eine oder andere Maschine erstanden, um mir ein Jang-Liebesgedicht zu schreiben, das Tierchen rupfte alle Seidenblumen im Swimmingpool ab und brachte sie mir stolz, eine nach der anderen, mit einem spöttischen

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