Beißen will gelernt sein (German Edition)
besänftigt hatte, doch schließlich beruhigte sich Sally so weit, dass sie bereit war, mir zuzuhören, und ich erzählte ihr von unserer Planänderung.
»Et tes clients? Was ist avec les Zombies, die ce soir auf dem Programm stehen?«
Ich warf einen Blick in Damians Richtung, aber er schien gar nicht zuzuhören und vernagelte bereits das nächste Fenster. »Ich werde sie eben hier empfangen. Heute Abend sind es nur noch drei, nicht wahr?«
Sally nickte.
»Prima. Es wird nicht lange dauern, bis ich mit ihnen durch bin, und dann sind wir fertig für heute.«
Sally hatte noch einiges zu unserer Planänderung zu sagen, aber ich machte ihr klar, dass wir das Geld brauchten. Als ich mit ihr fertig war, hatte Damian mithilfe des Klebebands an jedem Fensterrahmen zwei Messer befestigt, die mit den Klingen nach innen zeigten. Sally warf einen Blick darauf und hatte es plötzlich sehr eilig. »Je vais schnell une petite Mitteilung pour les Zombies an unsere Tür kleben. Bis gleich!«
»Wiedergänger heißt das!«, rief ich ihr hinterher und wendete mich dem fleißigen Handwerker zu. »Äh … Damian, sag mal … «
»Nur zur Sicherheit«, erklärte er, bevor ich die Frage überhaupt stellen konnte.
Nachdem ich ihm ein paar Minuten sehr genau bei der Arbeit zugesehen hatte, kam ich zu dem Schluss, dass er kein dummer Junge war. Er hatte Respekt vor den scharfen Messern und ging sehr vorsichtig mit ihnen um. Ich überlegte, ob ich ihn auffordern sollte, die unter Umständen tödliche Schutzvorrichtung wieder zu entfernen, beschloss jedoch, dieses Problem, solange er sich – oder andere – nicht verletzte, seinen Eltern oder seiner Nanny zu überlassen.
»Verstehe. Aber ich bin hier, um dich zu unterrichten, Damian, und obwohl mich deine Stiefmutter nur gebeten hat, auf dich aufzupassen und über Nacht hierzubleiben, finde ich, wir sollten uns an den ursprünglichen Plan halten und ein bisschen Englisch und Geschichte machen.«
»Jetzt nicht. Ich habe zu tun«, entgegnete Damian, ohne mich anzusehen, und ging in ein anderes Zimmer, dessen Fenster bereits vernagelt waren. Er nahm zwei Abhäutemesser und befestigte sie an den Seiten des Fensters. »Warum hast du einen Kontrollgeist?«
»Sally … äh … war so etwas wie ein Geschenk. Aber du brauchst gar nicht zu versuchen, mich abzulenken. Das funktioniert nicht. Auch ich würde im Moment lieber ganz andere Dinge machen, aber ich werde fürs Unterrichten bezahlt, also werde ich es auch tun.«
»Uns vor Sebastian zu schützen ist wichtiger als Unterricht«, entgegnete Damian mit einem mürrischen Blick in meine Richtung. »Mein Vater würde wollen, dass ich dir das Leben rette, statt blöde Geschichtsdaten zu lernen und Aufsätze zu schreiben.«
»Ich kenne diesen Sebastian doch gar nicht«, erwiderte ich. »Warum glaubst du, dass er eine Gefahr für mich ist?«
Der Junge sah mich genervt an. »Du hast zwei Seelen.«
Mir fiel die Kinnlade herunter. »Ich … ich weiß nicht, was du meinst. Niemand hat zwei Seelen«, sagte ich langsam und bekam eine Gänsehaut auf den Armen. Wie um alles in der Welt war es möglich, dass dieses Kind mein Handicap erkannt hatte? »Jeder bekommt nur eine, wenn er geboren wird.«
Damian zuckte mit den Schultern und schwieg.
»Was hat Sebastian überhaupt mit Seelen zu tun?«, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen. »Ist er etwa ein Dämon?«
»Nein. Ein Dunkler.« Damian schaute auf, und als er mich angrinste, sah ich zwei spitze Eckzähne aufblitzen. »Wie mein Vater und ich.«
Ich griff mir ans Herz und machte ein paar Schritte rückwärts. Ich hatte zwar schon von Dunklen gehört – es waren Vampire, die mit den dunklen Mächten im Bunde standen, sagte man; Blutsauger, die Sterblichen nach dem Leben trachteten – , aber ich war noch nie einem begegnet.
»Ich glaube … ich weiß nicht … ich muss mal an die Luft«, stammelte ich, stolperte zur Treppe und lief, so schnell ich konnte, nach unten. Jetzt wusste ich, was Abby gemeint hatte.
Ich wollte weglaufen, ich wollte nach Hause und mich verstecken und vergessen, dass ich jemals an diesem Ort gewesen war, aber als ich im Begriff war, die Haustür zu öffnen, schaltete sich mein Gewissen ein und erinnerte mich daran, dass Damian, auch wenn er ein Vampir sein mochte, in erster Linie ein Kind war. Einen Zehnjährigen konnte ich doch nicht allein lassen!
»Ich habe Hunger«, ertönte Damians Stimme von oben. »Hast du vielleicht Blut für mich?«
Mein Fluchttrieb brach
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