Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul
Ich war froh, ein wenig allein gelassen zu sein, um ungestört die Lage mustern und manches bei mir selbst vorwegnehmen zu können, was bei der Fortsetzung des Gesprächs zu erörtern war. Der Seitenpfad, die glückhafte Abzweigung von dem Wege, den mein Pate mir eröffnet hatte, indem er selbst auf solche Gelegenheiten hingewiesen, bot sich hier überraschend an, und zwar in so verlockender Gestalt, daß es der Vernunft recht lästig fiel, zu prüfen, ob es nicht eine Sackgasse war, die mich lockte. Sie hielt mir vor, daß es eine Straße der Gefahren war, die ich antreten würde, eine Straße, zu deren Begehen ein sicherer Fuß gehörte. Sie tat es mit bemühtem Nachdruck und erreichte damit doch nur, daß sie den Reiz eines Abenteuers erhöhte, das alle meine Gaben zu kühner Bewährung aufrief. Umsonst warnt man den Mutigen vor einer Sache, indem man ihm nachweist, daß Mut dazu gehöre. Ich stehe nicht an zu sagen, daß ich, lange bevor mein Partner zurückkehrte, entschlossen war, mich in das Abenteuer zu werfen, ja daß ich dazu entschlossen gewesen war in dem Augenblick schon, als ich ihm sagte, daß keiner ihm sein Versprechen abnähme. Und meine Sorge galt weniger den praktischen Schwierigkeiten, die sich uns bei der Ausführung des Planes entgegenstellten, als der Gefahr, ich möchte mich durch die Fertigkeit, mit der ich diesen Schwierigkeiten begegnete, vor ihm in ein zweifelhaftes Licht setzen.
Übrigens war das Licht, in dem er mich sah, zweifelhaft ohnedies; die Bezeichnungen, mit denen er meine Existenz versehen: »intrigierend«, »geheimnisvoll«, »phantastisch« gar, deuteten darauf hin. Ich machte mir keine Illusionen darüber, daß er seinen Antrag nicht jedem Kavalier gemacht hätte und, indem er ihn mir machte, mich zwar ehrte, jedoch auf etwas zweifelhafte Weise. Dennoch konnte ich die Wärme des Händedrucks nicht vergessen, mit dem er mir versichert hatte, daß es ihm »nicht unbehaglich« sein würde, draußen in meiner Person zu wandeln; und ich sagte mir, daß, wenn hier ein Spitzbubenstreich begangen werden sollte, er, der darauf brannte, seine Eltern zu täuschen, mehr Anteil daran haben werde als ich, wenn ich gleich der Aktivere dabei sei. Als er von seinem Telephongespäch zurückkehrte, nahm ich denn auch ganz deutlich wahr, daß ihn die Idee zum guten Teil um ihrer selbst willen, eben als Spitzbubenstreich belebte und begeisterte. Seine Kinderbacken waren hoch gerötet, nicht vom Weine allein, und in seinen Äuglein glitzerte die Verschmitztheit. Wahrscheinlich hatte er noch das silberne Lachen im Ohr, mit dem Zaza seine Andeutungen beantwortet haben mochte.
»Mein lieber Kroull«, sagte er, indem er sich wieder zu mir setzte, »wir standen schon immer auf gutem Fuß miteinander, aber wer hätte vor kurzem gedacht, daß wir einander so nahekommen würden, – bis zur Verwechslung nahe! Wir haben uns da etwas so Amüsantes ausgedacht, oder, wenn noch nicht ausgedacht, so doch entworfen, daß mir das Herz im Leibe lacht. Und Sie? Machen Sie kein so ernstes Gesicht! Ich appelliere an Ihren Humor, an Ihren Sinn für einen guten Spaß, – für einen so guten, daß es jede Mühe lohnt, ihn auszuarbeiten, ganz abgesehen von seiner Notwendigkeit für ein liebend Paar. Daß aber für Sie, den Dritten, nichts dabei abfalle, werden Sie nicht behaupten wollen. Es fällt eine Menge – es fällt eigentlich aller Spaß für Sie dabei ab. Wollen Sie das leugnen?« »Ich bin gar nicht gewohnt, das Leben als einen Spaß aufzufassen, lieber Marquis. Leichtlebigkeit ist nicht meine Sache, gerade im Spaß nicht; denn es gibt Späße, die sehr ernst genommen werden wollen, oder es ist nichts damit. Ein guter Spaß kommt nur zustande, wenn man all seinen Ernst an ihn setzt.«
»Sehr gut. Das wollen wir tun. Sie sprachen von Problemen, Schwierigkeiten. Worin sehen Sie sie in erster Linie?«
»Am besten, Marquis, Sie lassen mich selbst ein paar Fragen stellen. Wohin geht die Ihnen auferlegte Reise?«
»Ah, mein guter Papa hat da in seiner Fürsorge eine sehr hübsche, für jeden anderen als mich höchst attraktive Route zusammengestellt: Die beiden Amerika, die Südsee-Inseln und Japan, gefolgt von einer interessanten Seefahrt nach Ägypten, Konstantinopel, Griechenland, Italien und so weiter. Eine Bildungsreise, wie sie im Buche steht, wie ich sie mir, wenn Zaza nicht wäre, nicht besser wünschen könnte. Nun sind Sie es, den ich dazu beglückwünsche.« »Für die Kosten kommt Ihr Herr Papa
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