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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Marquise«, – ein einfacher Tribut der Dankbarkeit.
       Danach nun hatte es nichts Leichtsinniges mehr, Monsieur Machatschek zu eröffnen, Familienumstände nötigten mich, am . August den Dienst im Saint James and Albany zu quittieren. Er wollte davon nichts hören, sagte, ich hätte den vorgeschriebenen Kündigungstermin versäumt, ich sei unentbehrlich, ich würde nach solchem Weglaufen nie wieder eine Anstellung finden, er werde mein Salaire für den laufenden Monat einbehalten, und so fort. Was er damit erreichte, war nur, daß ich mit einer scheinbar nachgiebigen Verneigung beschloß, das Haus schon vor dem Ersten, und zwar sofort, zu verlassen. Denn wenn die Zeit mir lang wurde bis zum Eintritt in meine neue und höhere Existenz, – in Wirklichkeit war sie zu kurz, nämlich für meine Reisevorbereitungen, die Beschaffung der Ausstattung, die ich meinem Stande schuldete. Ich wußte: am 5. August ging mein Schiff, die ›Cap Arcona‹, von Lissabon. Acht Tage vorher meinte ich doch, mich dahin begeben zu sollen – und da sieht man, wie wenig die mir verbleibende Frist für die notwendigen Anfertigungen und Einkäufe ausreichte.
    Auch dies besprach ich mit dem zu Hause bleibenden Reisenden, als ich ihn nach der Abhebung meines Barvermögens, das heißt: nach dessen Überschreibung auf seinen, auf meinen Namen, von meinem Privat-Refugium aus in seiner hübschen Drei-Zimmer-Wohnung in der Rue Croix des Petits Champs aufsuchte. Das Hotel hatte ich in aller Stille und Morgenfrühe unter verachtungsvoller Zurücklassung meiner Livree und gleichmütigem Verzicht auf meine letzte Monatslöhnung verlassen. Es kostete mich einige Selbstüberwindung, dem Diener, der mir bei Venosta öffnete, meinen abgetragenen, mir längst schon widrig gewordenen Namen anzugeben, und nur der Gedanke half mir darüber hinweg, daß ich mich zum letzten Mal mit ihm zu bezeichnen hatte. Louis empfing mich mit der aufgeräumtesten Herzlichkeit und hatte nichts Eiligeres zu tun, als mir den so wichtigen Zirkular-Kreditbrief für unsere Reise zu überhändigen: ein Doppelpapier, dessen einer Teil das eigentliche Kredit-Dokument, will sagen: die Bestätigung der Bank; darstellte, daß der zu ihren Lasten Reisende Abhebungen bis zur Höhe der Gesamtsumme vornehmen könne, der andere die Liste der korrespondierenden Banken in den Städten enthielt, die der Inhaber zu besuchen gedachte. In diesem Büchlein war, auf der Innenseite, als Mittel der Identifikation, die Unterschriftsprobe des Berechtigten anzubringen, und Loulou hatte die Signatur in seiner mir so ganz geläufigen Art schon geleistet. Sodann übergab er mir nicht nur das Eisenbahnbillett nach der portugiesischen Hauptstadt und die Schiffskarte nach Buenos Aires, sondern es hatte der gute Junge auch einige sehr angenehme Abschiedsangebinde für mich vorbereitet: eine flache goldene Remontoir-Uhr mit Monogramm, nebst feingegliederter Platinkette und schwarzseidener, ebenfalls mit dem LV in Gold versehener Chatelaine für den Abend, dazu eine jener unter der Weste laufenden und zur hinteren Hosentasche führenden Goldketten, an der man damals Feuerzeug, Messer, Bleistift und ein zierliches Zigaretten-Etui, golden ebenfalls, zu tragen liebte. War all dies nur erfreulich, so erhob sich zu einer gewissen Feierlichkeit der Augenblick, als er mir eine genaue Kopie seines Siegelringes, die er sinnigerweise hatte anfertigen lassen, mit dem in Malachit geprägten Familienwappen, einem von Türmen flankierten und von Greifen bewachten Burgtor, an den Finger steckte. Diese Handlung, ein pantomimisches ›Sei wie ich!‹, erweckte zu viele Erinnerungen an bereits unserem Kindersinn vertraute Einkleidungs- und Erhöhungsgeschichten, als daß sie mich nicht eigentümlich hätte ergreifen sollen. Aber Loulou’s Äuglein lachten verschmitzter dabei als je und zeigten recht deutlich, daß es ihm darum zu tun war, keine Einzelheit eines Juxes zu versäumen, der ihm an und für sich und ganz abgesehen von seinem Zweck den größten Spaß machte.
       So manches besprachen wir noch, bei mehreren Gläschen Benediktiner Likör und sehr guten ägyptischen Zigaretten. Seiner Handschrift wegen machte er sich nicht die geringsten Sorgen mehr, hieß aber meinen Vorschlag sehr gut, ihm Briefe, die ich unterwegs von den Eltern emp fangen würde, an seine schon feststehende neue Adresse (Sèvres, Seine et Oise, Rue Brancas) einzusenden, damit ich auf etwa vorkommende und nicht vorauszusehende

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