Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul
geredet. Ich beglückwünschte ihn herzlich zu der prächtigen Aufgabe und bedauerte nur, daß ich das Ergebnis dieser seiner Arbeit nicht würde abwarten können, da schon in einer Woche mein Schiff gehe – mein Schiff nach Buenos Aires. Aber möglichst viel von seinem bisherigen Schaffen zu sehen, sei ich entschlossen. Professor Kuckuck habe sich aufs hochherzigste erboten, selbst meinen Führer durch das Museum zu machen. Um eine bestimmte Verabredung mit ihm sei es mir eben zu tun.
Die könne sogleich getroffen werden, sagte Hurtado. Wenn ich mich morgen vormittag, etwa um elf Uhr, zu dem Museum, Rua da Prata, nicht weit von hier, bemühen wolle – der Herr Professor sowohl wie auch seine Wenigkeit würden um diese Zeit dort anwesend sein, und zur Ehre werde es ihm gereichen, sich bei dem Rundgang anschließen zu dürfen.
Wundervoll. Ich reichte ihm geradezu die Hand zum Einverständnis, und die Damen ließen mit mehr oder weniger Wohlwollen die Verabredung geschehen. Das Lächeln der Senhora war herablassend, dasjenige Zouzou’s spöttisch. Aber an dem noch nachfolgenden kurzen Gespräch beteiligte doch auch sie sich ziemlich gesittet, obschon nicht ohne Einschlag von dem, was Herr Hurtado »Neckerei« genannt hatte. Ich erfuhr, daß »Dom Miguel« den Professor vom Bahnhof abgeholt, ihn nach Hause begleitet und in der Familie das Mittagsmahl eingenommen, danach dann den Damen bei ihren Einkäufen hier unten Gesellschaft geleistet und sie schließlich an diesen Erfrischungsort geführt hatte, den ohne männliche Bedeckung zu betreten die Landessitte ihnen nicht erlaubt haben würde. Auch von meinen vorhabenden Reisen war die Rede, dieser einjährigen Weltreise, die meine lieben Eltern in Luxemburg mir spendeten – ihrem einzigen Sohn, für den sie nun einmal eine Schwäche hätten. »C’est le mot«, versagte Zouzou sich nicht, einzuschalten. »Allerdings, das kann man wohl Schwäche nennen.« »Ich sehe Sie andauernd um meine Bescheidenheit besorgt, mein Fräulein.«
»Das wäre wohl eine hoffnungslose Sorge«, erwiderte
sie.
Ihre Mutter belehrte sie:
»Mein liebes Kind, ein junges Mädchen muß es lernen, zwischen Züchtigkeit und Stachligkeit zu unterscheiden.«
Und doch war es gerade diese Stachligkeit, die mir Hoffnung machte, eines Tages – so knapp mir die Tage waren – diese reizend geschürzten Lippen küssen zu können.
Madame Kuckuck selbst sollte es sein, die mich in dieser
Hoffnung bestärkte, denn es geschah, daß sie mich in aller Form für morgen zum Mittagessen einlud. Hurtado nämlich erging sich in Überlegungen, für welche Sehenswürdigkeiten der Stadt und ihrer Umgebung ich meine bemessene Zeit unbedingt nutzen müsse. Er empfahl den erhebenden Ausblick auf Stadt und Fluß, den man von dem öffentlichen Garten Passeio da Estrella genieße, sprach auch von einem bevorstehenden Stierkampf, rühmte besonders das Kloster Belem, eine Perle architektonischer Kunst, und die Schlösser von Cintra. Ich hingegen gestand ihm, daß, was mich nach allem, was ich davon gehört hätte, am stärksten anziehe, der Botanische Garten sei, wo es Pflanzen geben solle, die eher der Steinkohlenzeit als der gegenwärtigen Vegetation unseres Planeten angehörten, nämlich Farnbäume. Das berühre mich mehr als alles andere, und vom Naturhistorischen Museum abgesehen müsse dahin mein erster Gang sein.
»Ein Spaziergang, nichts weiter«, äußerte die Senhora. Er sei bequem zu unternehmen. Das einfachste werde sein, ich speiste nach dem Besuch des Museums in der Rua João de Castilhos en famille zu Mittag, und für den Nachmittag könne man, ob Dom Antonio José nun mitkommen wolle oder nicht, die botanische Promenade ins Auge fassen.
Mit Hoheit tat sie den Vorschlag, erließ sie die Einladung, und daß ich diese mit artigster Überraschung und Dankbarkeit annahm, brauche ich nicht zu versichern. Nie, sagte ich, hätte ich das Programm eines nächsten Tages mit mehr freudiger Voraussicht ins Auge gefaßt als heute. Nach geschehener Abmachung erhob man sich zum Gehen. Herr Hurtado ordnete beim Kellner die Rechnung für sich und die Damen. Nicht nur er, sondern auch Madame Kuckuck und Zouzou reichten mir zum Abschied die Hand. »A demain«, hieß es wiederholt. Selbst Zouzou sagte »A demain«. »Grâce à l’hospitalité de ma mère«, setzte sie spottend hinzu. Und dann, die Augen etwas gesenkt: »Ich rede nicht gern nach Weisung. Darum schob ich es auf, Ihnen zu sagen, daß es nicht
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