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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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strecken sie ihre Arme aus, und die fremden Hände tun sich zusammen, umschlingen sich, drücken einander, – und das ist gar nichts, das Allergewöhnlichste, es hat nichts auf sich damit, so scheint es, so meint man. In Wahrheit aber, bei Lichte besehen, gehört es in das Gebiet des Erstaunlichen und ist ein kleines Fest der Abweichung der Natur von sich selbst, die Leugnung des Widerwillens des Fremden gegen das Fremde, die Spur der heimlich allgegenwärtigen Liebe.« Meine Frau Mutter in Luxemburg hätte hierzu gewiß gemeint, so könne ich nicht wohl gesprochen haben, es sei ohne Zweifel nur eine schöne Fiktion. Aber bei meiner Ehre schwöre ich: so sprach ich. Denn es strömte mir zu. Es mag zum Teil aufs Konto der extremen Hübschheit und völligen Eigenart des Kreuzganges von Belem zu setzen sein, den wir umwandelten, daß mir eine so originelle Rede gelang; dem sei wie ihm sei. Auf jeden Fall sprach ich so, und da ich geendet, geschah etwas ungemein Merkwürdiges. Zouzou nämlich gab mir die Hand! Ohne mich anzusehen, den Kopf abgewandt, als betrachte sie die steinerne Laubsägearbeit zur Seite, reichte sie mir, der ich natürlich zu ihrer Linken ging, ihre Rechte herüber, und ich nahm sie und drückte sie, und sie erwiderte den Druck. In demselben Augenblick aber schon zog sie mit einem Ruck die Hand wieder aus der meinen und sagte, die Brauen zornig zusammengezogen:
    »Und jene Zeichnungen, die Sie sich erlaubt haben?
    Wo bleiben sie? Warum überbringen Sie sie mir nicht endlich?«
       »Aber Zouzou, ich habe das nicht vergessen. Ich bin auch nicht darauf aus, es in Vergessenheit zu bringen. Nur wissen Sie selbst, es fehlt an Gelegenheit …«
       »Ihre Phantasielosigkeit im Ausfinden einer Gelegenheit«, sagte sie, »ist recht kläglich. Ich sehe, man muß Ihrem Ungeschick zu Hilfe kommen. Bei etwas mehr Umsicht und Beobachtungsgabe wüßten Sie, ohne daß ich es Ihnen erzählte, daß da hinter unserem Haus, im rückwärtigen Gärtchen, verstehen Sie, eine Bank ist, in einem Oleandergebüsch, schon mehr einer Laube, wo ich nach dem Dejeuner gern sitze. Das könnten Sie nachgerade wissen, wissen es aber natürlich nicht, wie ich mir schon manchmal sagte, wenn ich dort saß. Bei der geringsten Einbildungsgabe und Anschlägigkeit hätten Sie längst einmal, nach dem Kaffee, wenn Sie bei uns gespeist hatten, so tun können, als ob Sie weggingen, und auch wirklich etwas weggehen, dann aber umkehren und mich in der Laube aufsuchen können, um mir Ihre Machwerke einzuhändigen. Erstaunlich, nicht wahr? Eine geniale Idee? – für Ihre Begriffe. Sie werden es also gefälligst nächstens so machen – werden Sie?«
       »Unbedingt werde ich, Zouzou! Es ist wirklich ein ebenso glänzender wie naheliegender Einfall. Verzeihen Sie, daß ich auf die Oleanderbank noch niemals aufmerksam geworden bin! Sie steht so rückwärtig, ich habe nicht acht auf sie gegeben. Dort sitzen Sie also nach Tische ganz allein im Gebüsch? Wundervoll! Ich werde es ganz so
machen, wie Sie eben sagten. Ich werde mich ostentativ verabschieden, auch von Ihnen, und mich zum Schein auf den Heimweg machen, stattdessen aber mit den Blättern zu Ihnen kommen. Ich gebe Ihnen die Hand darauf.« »Behalten Sie Ihre Hand für sich! Wir können nachher shake hands machen, nach der Rückfahrt in Ihrer Equipage. Es hat keinen Sinn, daß wir uns zwischendurch alle Augenblicke die Hände drücken!«

    Elftes Kapitel

    G ewiß war ich glücklich über diese Verabredung, dochversteht es sich, daß auch Beklommenheit mich ankam bei dem Gedanken, Zouzou die Bilder sehen zu lassen, was ja ein starkes Stück sein würde oder eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Hatte ich doch dem hübschen Körper Zaza’s, den sie verschiedentlich darstellten, durch Hinzufügung der so kennzeichnenden Schläfenfransen die Bedeutung ihres eigenen Körpers verliehen, und wie sie diese kecke Art, sie zu porträtieren, aufnehmen würde, stand recht ängstlich dahin. Übrigens fragte ich mich, warum ich notwendig vor der Zusammenkunft in der Laube bei Kuckucks gespeist haben und die Komödie des Weggehens gespielt sein mußte. Wenn Zouzou gewohnheitsmäßig nach Tische allein dort saß, so konnte ich mich ja jeden beliebigen Tag um diese Zeit bei der Oleanderbank einfinden, hoffentlich ungesehen, im Schutz der Siesta-Stunde. Hätte ich nur ohne die verwünschten, überkühnen Kunstblätter zum Stelldichein kommen dürfen!
    War es nun, weil ich das nicht durfte

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