Bel Ami (German Edition)
was Interessantes. Denke dir, der Justizminister hat zwei Richter ernannt, die Mitglieder der gemischten Kommission waren. Wir werden ihm eins versetzen, an das er lange denken wird.«
Und der Minister bekam eins versetzt, und am nächsten Tage eins und am übernächsten noch eins. Der Abgeordnete Laroche-Mathieu, der jeden Dienstag in der Rue Fontaine zu Mittag aß — nachdem Graf Vaudrec am Tage vorher den Anfang gemacht hatte —, schüttelte kräftig und energisch der Frau und dem Gatten die Hand und war außer sich vor Freude. Er wiederholte immerfort:
»O Gott, das ist ein richtiger Feldzug. Wenn wir jetzt keinen Erfolg haben ...«
Er hoffte sehr, auf diese Weise das Portefeuille des Auswärtigen zu ergattern, auf das er schon lange hinzielte.
Er war einer von diesen Politikern mit mehreren Gesichtern ohne Überzeugung, ohne große Fähigkeiten, ohne Mut und ernstliche Kenntnisse; er war Provinzadvokat und galt in einer Departementhauptstadt als hübscher Mann; er verstand es, durch alle Parteien sich durchzuschlängeln, er war eine Art von republikanischer Jesuit, ein liberaler Pilz von höchst zweifelhaftem Wesen, wie sie zu Hunderten auf dem volkstümlichen Düngerhaufen des allgemeinen Stimmrechts gedeihen. Seine machiavellistische Bauernschlauheit ließ ihn unter seinen Kollegen, unter diesen entgleisten und gescheiterten Existenzen, aus denen Abgeordnete gewählt werden, als stark und gewandt erscheinen. Er war elegant, korrekt, gemütlich und liebenswürdig genug, um Karriere zu machen. In der Gesellschaft hatte er Erfolg, allerdings in der ziemlich wahllos durcheinander gemischten und wenig vornehmen Gesellschaft der heutigen hohen Staatsbeamten.
Man sagte überall von ihm: »Laroche wird einmal Minister.« Und er war genau so fest wie die anderen überzeugt, daß er einmal Minister würde.
Er war Hauptaktionär der Zeitung des Vater Walter und war fast an allen seinen finanziellen Unternehmungen beteiligt.
Du Roy unterstützte ihn vertrauensvoll mit etwas unklaren Hoffnungen für die spätere Zukunft. Übrigens setzte er damit nur das Werk fort, das Forestier begonnen hatte. Diesem hatte Laroche-Mathieu die Ehrenlegion versprochen, sobald der Tag des Sieges gekommen sei. Nun mußte der Orden auf die Brust des neuen Gatten von Madeleine übergehen. Das war alles. Sonst hatte sich eigentlich nichts geändert. Man empfand es so deutlich, daß sich nichts geändert hatte, daß Du Roys Kollegen ihn zu necken begannen, was ihm auf die Dauer lästig wurde.
Man nannte ihn nur noch Forestier. Sooft er ins Redaktionsbureau kam, rief jemand: »Sag' mal, Forestier.«
Er tat so, als ob er nicht hörte und begann, die Briefe aus dem Schubkasten herauszusuchen. Dieselbe Stimme wiederholte noch lauter:
»He, Forestier!«
Und er vernahm ein unterdrücktes Gelächter.
Du Roy ging nach dem Bureau des Direktors, und der, welcher ihn eben gerufen hatte, trat ihm in den Weg und sagte:
»Oh, verzeih, ich wollte dich sprechen, aber es ist zu dumm, ich verwechsle dich stets mit dem armen Charles. Das kommt davon, weil alle deine Artikel den seinigen so verflucht ähnlich sind. Alle Welt läßt sich dadurch täuschen.«
Du Roy antwortete nichts, aber er wurde wütend und in seinem Herzen begann er den Toten dumpf und heftig zu hassen.
Der Vater Walter selbst hatte erklärt, als man sich über die schlagende Ähnlichkeit in Form und Inhalt zwischen den Aufsätzen des neuen und des alten politischen Redakteurs wunderte:
»Ja, es ist Forestier, aber ein kräftigerer und energischerer Forestier.«
Ein anderes Mal, als Du Roy zufällig den Bilboquetschrank öffnete, hatte man die seines Vorgängers am Stiel mit schwarzem Flor umwunden und sein eigenes, mit dem er unter Anleitung Saint-Potins zu spielen pflegte, trug ein rosa Seidenbändchen; auf dem Brett, auf welchem die Bilboquets der Größe nach aufgestellt wurden, war ein Zettel angeheftet, ähnlich wie im Museum, auf dem stand:
»Alte Sammlung Forestier & Co. — Forestier, Du Roy Nachfolger G. m. b. H. Unveräußerliche Gegenstände dürfen bei jeder Gelegenheit selbst auf Reisen gebraucht werden.«
Er schloß ruhig den Schrank und sagte so laut, daß es jeder hören konnte:
»Neidische Dummköpfe gibt es überall.«
Er war tief verletzt in seinem Stolz und seiner Eitelkeit, in dieser besonders empfindlichen und nervösen und mißtrauischen Schriftstellereitelkeit, die sowohl dem kleinsten Reporter wie auch dem genialsten Dichter zu eigen ist.
Dieses
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