Bélas Sünden
schreibst, schießt Meta doch nicht Heinz über den Haufen. Da hätte sie das schon vor Jahren tun müssen.«
»Er hat es mir ja erst im Mai erzählt«, murmelte ich. Sonjas Augen wurden noch ein bisschen größer.»Ach, ich dachte, Marion hätte es dir erzählt. Dass er auch damit hausieren geht, hätte ich nicht gedacht. Aber trotzdem«, sie schüttelte den Kopf.»Ist doch egal, wer es dir erzählt hat, das ändert nichts an den Tatsachen. Und mit denen hatte Meta sich längst abgefunden. Dein Verdacht ist einfach blödsinnig.«
»Nicht blödsinniger als der, den ich zuerst hatte«, sagte ich. Und dann ging es ganz leicht. Die Nacht im August, Haare in meinem Bett und benutzte Tücher in meinem Abfalleimer. Bélas Leugnen. Die gesamte Ungeheuerlich- keit. Sonja hörte mir mit regloser Miene zu, trank literweise Mineralwasser mit Zitronensaft. Sie kam mir nicht einen winzigen Schritt entgegen. Erst als ich erklärte, welche Schlussfolgerungen ich am Donnerstagabend aus meinem Verdacht gezogen hatte, riss sie voller Protest die Augen auf.»Du bist wirklich nicht ganz bei Trost, Mama. Du kannst doch nicht im Ernst angenommen haben, ich hätte auf Heinz geschossen, nur weil er mich mit Béla erwischt. Sag mal, bist du bescheuert? Was phantasierst du dir zusammen? Da gehört aber eine Menge mehr dazu, einen Menschen zu erschießen.«
Sie stieß die Luft aus, griff sich gleichzeitig an die Schläfen und verzog das Gesicht.»Wie bist du überhaupt auf diese hirnverbrannte Idee gekommen? Ich und Béla!«
Sie tippte sich an die Stirn.»So nötig müsste ich’s mal haben.«
Wie sie da auf dem Hocker vor dem Tresen saß, ihr Glas anhob, den Kopf schüttelte, immer noch vollkommen entrüstet. Wie sie mich anschaute, das göttliche Strafgericht in Person. Bist du bescheuert?! Das war meine Sonja, jung und stark und von oben herab. Es lohnte eben nicht, sich von einem Mann das Leben und den Unterleib durchrütteln zu lassen. Auch dann nicht, wenn er einsame Spitze war. Sie wechselte das Thema, bevor ich etwas sagen oder tun konnte. Ein Schluck Mineralwasser, eine nachdenkliche Miene.»Aber jetzt mal was anderes. Wie wir gerade festgestellt haben, war ich es nicht. Wer war es dann?«
Sie meinte nicht etwa, wer Heinz erschossen hatte, das berührte sie nur noch am Rande. Bélas Verhältnis war viel interessanter.»Ist doch nicht so wichtig«, sagte ich.»Das sehe ich anders, Mama.«
Sie machte eine kleine Pause, um das, was nachkommen sollte, effektvoller zu gestalten.»Du hast im Oktober gesagt, du weißt, wer sie ist. Damit war ich gemeint. Das sollte wohl ein Schuss vor den Bug werden. Und der ging daneben. Aber wir sollten uns jetzt wirklich fragen, mit wem dein Göttergatte sich amüsiert hat. Kleines Mädchen, hast du gesagt. Da dachte ich, ich wüsste, wer gemeint ist. Und wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, wenn sich nämlich herausstellen sollte, dass die Blonde auf dem Tisch und der kleine Putzteufel da oben identisch sind, könnte es kritisch werden. Du hast doch so viel Phantasie, dann spiel das mal durch. Marion lässt sich von Béla besteigen, und Heinz kommt dahinter. Reicht deine Phantasie, um dir auszumalen, was dann passiert? Hast du mal darüber nachgedacht, warum Béla bisher nicht hier aufgetaucht ist? Er hat dich um drei Uhr in der Nacht angerufen, Mama. Jetzt ist es zwölf durch.«
Von Dierks Anruf mochte ich ihr nicht erzählen. Ich hatte auch nicht mehr den Atem, das zu tun. Was sie gerade gesagt hatte, war mir wie flüssiges Blei in sämtliche Knochen gefahren. Der kleine Putzteufel! Und Heinz sagte in meinem Hinterkopf:»Kannst dich vertrauensvoll an mich wenden.«
Ich starrte Sonja an und sie mich, bis sie schließlich meinte:»Jetzt guck nicht so entsetzt, Mama, auf das Naheliegende kommt man meistens zuletzt. Also, dass du mich im Verdacht hattest, ist wirklich ein starkes Stück. Hast du nicht gewusst, dass Marion für ältere Herren schwärmt? Die haben Erfahrung, sind immer gut bei Kasse. Das ist was anderes als so ein kleiner, grüner Junge mit seinen paar Mark Taschengeld. Ich geh mal rauf und rede mit ihr. Willst du mitkommen?«
Nein, das wollte ich bestimmt nicht. Ich hätte es auch nicht gekonnt. Die Blonde auf dem Tisch! Manchmal ist man so blind. Und so dumm. Dümmer, als die Polizei erlaubt. Aber Marion war für mich fast noch mehr Kind geblieben als Sonja.
11. Kapitel
Sonja blieb eine halbe Stunde in der Wohnung. Ich stand allein in diesem riesigen Raum, alles
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