Bélas Sünden
immer den Anschein, dass sie damit einverstanden war. Sonja wurde eingeschult und legte vom ersten Tag an los, als wolle sie im nächsten Jahr bereits ihr Abitur machen. Karl-Josef stellte auch die Unterhaltszahlungen für unsere Tochter und damit gleichzeitig die Besuche bei uns ein, als er zum dritten Mal Vater wurde. Ich kam nicht auf die Idee, ihn zu verklagen, mir reichte, was ich verdiente.
Meine eigene Geschichte hatte ich in etlichen Variationen zu Papier gebracht und mit der letzten Fassung endgültig abgeschlossen. Danach war ich dazu übergegangen, die Böhrings und alles, was mir zu ihnen einfiel, zu verarbeiten. Es gab zwölf Seiten über den Oberarzt, der bei einem tragischen Unfall seine Frau verlor und sich wenig später mit der jungen Krankenschwester tröstete, die er seit langem heimlich liebte.
In einer Version von sechzehn Seiten starb die Frau des Oberarztes nach langer, schweren Krankheit. Und ihr Mann, der treu und ergeben neben ihr ausgehalten hatte, fand ein spätes Glück in den Armen seiner jungen Geliebten, durfte sich auch endlich zur gemeinsamen Tochter bekennen. Zur Abwechslung schrieb ich auch mal über den strahlenden Karatekämpfer mit dem Motorrad und die leidenschaftliche Tänzerin, die endlich ihr gemeinsames Glück fanden. Und nachdem ich gelernt hatte, dass diese Geschichten nur eine exakte Anzahl von Zeilen und Anschlägen umfassen durften und mit dem innigen Kuss Schluss sein musste, verkaufte ich die ersten abgeschlossenen Liebesromane an die Fernsehillustrierte. Natürlich unter Pseudonym, wenn man Märchen erzählt, heißt man nicht Lieschen Müller, sondern Annette von und zu. Und weil mir die heile Welt mit Happy End so verlogen vorkam, dass es mir peinlich gewesen wäre, mich offen dazu zu bekennen, schickte ich die Manuskripte unter der Adresse meiner Mutter an die Redaktion.
Mit dem Honorar richtete ich uns nach und nach die Wohnung neu ein, gönnte mir den Jahresurlaub mit Sonja, einen kleinen Gebrauchtwagen und übernahm die Rechnung im Restaurant, wenn ich mit Heinz essen ging. Einmal im Monat taten wir das, erst essen, dann tanzen. Meta wünschte uns jedes Mal viel Spaß, wenn wir losfuhren. Sie selbst war nicht abkömmlich bei drei kleinen Kindern.
Alles in allem war es ein ruhiges und gleichmäßiges Leben. Ich hielt mich für eine moderne, aufgeschlossene, unabhängige junge Frau. Lange Zeit war ich zufrieden, hatte alles, was ich brauchte: Ein regelmäßiges Einkommen, und ich konnte mein Geld verdienen, ohne mir Gedanken um das Wohlergehen meiner Tochter machen zu müssen. Sonja war bei Meta bestens aufgehoben. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Sogar meine Mutter fand sich damit ab, dass ich wohl nie wieder heiraten würde. Mein Vater hielt es ohnehin für besser. Mit Meta verstand ich mich ausgezeichnet. Wenn ich meinen freien Tag hatte, hütete ich ihre Kinder, damit sie ihren Vater besuchen konnte. Sonntags fuhr sie nicht mehr zu ihm, mit den drei Kleinen hätte sie doch keine Ruhe, meinte sie. Und Heinz war nicht bereit, auf die Mädchen aufzupassen, um seiner Frau ein paar geruhsame Stunden im Elternhaus zu verschaffen.
Vielleicht hätte ich mir wirklich schon zu der Zeit Gedanken machen sollen über die Tatsache, dass Meta bei ihrem Vater ihre Ruhe brauchte und ihre Kinder dort als störend empfand. Aber für mich war damals nur wichtig, dass ich meine Ruhe hatte und Heinz keine Ausreden erfinden musste, wenn er zu mir kam. Wir lebten fast wie eine Familie, Meta liebte die Kinder und ihren Vater und ich ihren Mann. Es hätte ewig so weitergehen können. Aber Sonja wurde älter und aufmerksamer. Manchmal erzählte sie mir abends, dass Meta nachmittags am Küchentisch schlief.
»Aber sie schläft nicht richtig, Mutti, sie macht nur die Augen zu. Und dann tut sie, als ob sie weint. Aber sie weint auch nicht richtig.« Und wie oft hörte ich sie nachts streiten. Heinz sprach leise, Meta umso lauter.
»Lass mich bloß in Ruhe! Geh nach nebenan, wenn du was willst.«
Das war deutlich, fand ich jedes Mal und fühlte mich schuldig. Bei aller zur Schau getragenen Gelassenheit, Meta litt. Und wenn Heinz mir erzählte, dass sie seit Anikas Geburt gar nicht mehr mit ihm schlafen wollte, verweigerte sie sich ihm vielleicht nur, weil er mit mir schlief.
Dann lag ich wach und überlegte, ob ich für klare Verhältnisse sorgen müsse, wenn Heinz es nicht konnte.
Zwei Möglichkeiten: Schluss machen mit ihm oder darauf bestehen, dass er sich von
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