Bélas Sünden
soll der Quatsch? Es hat keiner was dagegen, wenn du mal ’nen Ausflug machst.
Deshalb musst du ihn doch nicht gleich abservieren. Oder machst du jetzt wieder auf die Ein-Mann-für-mich-allein-Tour?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Meta lachte einmal kurz und gehässig auf.
»Das ist doch wieder nur eine Laune. Das habe ich ihm auch gesagt. Reg dich nicht auf, hab ich gesagt, die kriegt sich wieder ein. Die weiß, was sie an dir hat.« Ich wusste immer noch nicht, was ich sagen sollte, starrte sie nur an und hatte das Gefühl zu träumen.
»Tu mir einen Gefallen«, verlangte Meta.
»Sag ihm, du hast es nicht so gemeint. Aber sag es ihm, bevor er sich den Hals bricht mit seiner Raserei. Was soll ich denn machen, wenn ihm was passiert? Dann steh ich da mit drei Kindern.«
Da bekam ich endlich den Mund auf:
»Er ist dein Mann, nicht meiner.«
»Das fällt dir aber früh auf«, meinte Meta und lächelte. Es war exakt dasselbe Lächeln, mit dem sie bei ihrem Einzug die teure Vase und das Porzellan die Treppen hinaufgetragen hatte, ein bisschen abfällig, ein bisschen überlegen.
»Aber es hat dich bisher nicht gestört«, fuhr sie fort.
»Und ich habe mich noch nie beschwert. Also lassen wir es doch so.« Ich schüttelte den Kopf. Meta kniff die Augen zusammen, ihre Stimme klang ein wenig verunsichert.
»Du warst doch überhaupt nicht mehr alleine weg. Willst du mir wirklich erzählen, dass du einen anderen hast?«
Noch nicht, aber das musste ich ihr nicht auf die Nase binden. Ich nickte. Und wartete.
Nach den drei Monaten sagte ich zu Béla:
»Ich habe Sie jetzt schon so oft hier gesehen, darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen? Man spricht die Kunden gerne mit Namen an.« Auf die Tour hatte sich unser Metzger vor endlosen Jahren nach meinem Namen erkundigt. Da war das vermutlich auch berechtigt gewesen, immerhin stand der Metzger hinter der Theke und fragte die Kunden nach ihren Wünschen. Aber in einem Drogeriemarkt gibt es Selbstbedienung, und an der Kasse geht es nur ums Geld. Das fiel Béla nicht auf. Er fühlte sich geschmeichelt, lächelte mir zu, wie man einer guten Bekannten zulächelt, nannte mir bereitwillig seinen Namen. Béla Szabo. Zu Deutsch schlicht und ergreifend Adalbert Schneider. Aber wer will es denn so profan?
Béla Szabo, da klang tatsächlich die Puszta durch. Ich hatte ihm schon etliche Nationalitäten angedichtet, weil ich seinen Akzent nicht einordnen konnte, nur das Rollen und Singen hörte.
Ich hatte Herzklopfen und nahm mir vor, mir beim nächsten Mal etwas Besseres einfallen zu lassen. Ich war doch nicht auf den Mund gefallen, ich musste ihm ja nicht gleich sagen, dass er mir gefiel. Nur ein bisschen reden mit ihm, mir dabei vorstellen, wie es sich anhörte, wenn er
»ich liebe dich« flüsterte. Das nächste Mal war die darauf folgende Woche, der übliche Freitag. Sonja verbrachte das Wochenende bei meinen Eltern. Inzwischen wusste ich genau, wie ich es anstellen musste. Ich hatte daheim geübt, damit es selbstbewusst und zufällig wirkte. Als er dann an der Kasse stand, schob ich ihm einen Pfennig hin.
»Mit vielem Dank zurück«, sagte ich,
»vielleicht probieren Sie es jetzt selbst einmal. Mir hat er wirklich Glück gebracht. Es wäre egoistisch, ihn noch länger zu behalten.«
Zuerst schaute Béla mich nur verwundert an, dann begann er zu lächeln. Den Pfennig nahm er nicht sofort.
»Brauchen Sie jetzt kein Glück mehr?«, wollte er wissen.
»Natürlich brauche ich noch welches«, gab ich zurück.
Es klang wirklich locker.
»Wir können es ja so machen. Jetzt nehmen Sie ihn für drei Monate, dann geben Sie ihn mir zurück. Wir wechseln uns ab. Einverstanden?« Er überlegte noch, hielt den Kopf ein wenig zur Seite geneigt und zog leicht die Stirn in Falten.
»Was für eine Art von Glück hat er Ihnen gebracht, die große Liebe?« Bildete ich es mir nur ein, oder schaute er wirklich auf meine Hände? Suchte er etwa nach einem Ring?
»Nur Geld«, flüsterte ich und erklärte etwas lauter:
»Auf die große Liebe warte ich noch.«
Den letzten Satz griff er nicht auf. Beim Üben hatte ich mir vorgestellt, dass er daran anknüpfte. So warf er mein Konzept über den Haufen.
»Haben Sie im Lotto gewonnen?« Ich schüttelte den Kopf, brauchte zwei oder drei Sekunden, um den zerrissenen Faden neu zu knüpfen.
»Nein. Ich habe ein Hobby für den einsamen Feierabend. Ich schreibe Geschichten. Er hat mich zu einer besonders guten inspiriert und mir auch
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