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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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geholfen, sie zu verkaufen.«
    Er schien interessiert.
    »Was für Geschichten?«
    Inzwischen war eine Frau hinter ihn getreten. Sie sah, dass wir uns unterhielten, und wandte sich dem Ständer mit Strumpfhosen zu.
    »Von Männern und Frauen«, sagte ich,
    »von Sehnsucht und Leidenschaft. Möchten Sie eine lesen, oder mögen Sie keine normalen Liebesgeschichten?« Das war noch besser als das, was ich mir zurechtgelegt hatte. Die leichte Betonung auf den normalen Liebesgeschichten war zwar sehr direkt, aber auch diplomatisch, fand ich. Béla antwortete nicht sofort. Er betrachtete mich nachdenklich. Es sah aus, als versuche er abzuwägen, welch ein Unterbau sich hinter dem Kassentisch verbarg. Als er mit seiner Musterung fertig war, erklärte er gedehnt:
    »Doch, aber nicht gelesen. Gelebt sind sie mir lieber.« Mein Herz führte sich auf, als hätte es niemals gleichmäßig schlagen gelernt, es holperte und stolperte nur noch. Aber das war doch eine Andeutung, eine massive sogar, und sein Blick dabei. Und dann ritt mich der Teufel.
    Ich war für ein paar Sekunden nicht mehr Lisa Müller, sondern Annette von und zu, eine moderne, junge Frau, aufgeschlossen und was sonst noch dazu gehört. Ich hoffte später nur, dass ich ihn nicht angeschaut hatte wie die Kuh den Bauern, wenn der wegen Stromausfall persönlich zum Melken kommt. Dass ich etwas Leichtes und Verwegenes im Blick hatte und einen Hauch von Erotik in der Stimme, als ich sagte:
    »Mir auch, wenn sich die Gelegenheit bietet.
    Nur bietet sie sich nicht oft. Für einen Mann ist es leichter.
    Er sagt einer Frau einfach, dass sie ihm gefällt.«
    »Und eine Frau kann das nicht?« Er beugte sich ein bisschen tiefer. Die Frau hinter ihm sortierte weiter Strumpfhosen und schielte mit einem Auge zu mir hinüber. Sie hatte offenbar Zeit und wartete gespannt auf den Ausgang der Verhandlungen.
    Na los doch, Lisa, dachte ich, worauf wartest du? Mehr als einen Korb kannst du dir nicht holen. Und es sieht nicht danach aus, als wolle er dir einen Korb geben.
    »Natürlich kann sie«, sagte ich,
    »wenn sie mutig ist.«
    »Sind Sie mutig?«, fragte Béla.
    »Ich weiß nicht. Soll ich es einmal versuchen?«
    Als er nickte, fragte ich:
    »Wie wäre es mit morgen
    Abend? Ein nettes Essen zu zweit, anschließend lese ich Ihnen ein paar Seiten vor. Und wenn sie Ihnen gefallen…«
    Den Rest sprach ich lieber nicht aus.
    Zwei lange Sekunden vergingen, dann zuckte er bedauernd mit den Achseln.
    »Morgen Abend muss ich arbeiten.« Er verdiente sein Geld zu der Zeit noch ausschließlich als Musiker, überlegte wieder. Dann nannte er mir ein Lokal. Ich kannte es. Vor der Hochzeit war ich mit Karl-Josef oft dort gewesen. Inzwischen war es kein Treffpunkt für die Jugend mehr. Hin und wieder war mir bereits eine Anzeige in dem Werbeblatt aufgefallen, das wöchentlich kostenlos an sämtliche Haushalte im Kreis verteilt wurde.
    »Verbringen Sie einen gemütlichen Nachmittag und einen bezaubernden Abend in entspannter Atmosphäre.« Tanztee nannte sich das.
    »Da spielen wir morgen Abend«, sagte Béla.
    »Kommen Sie hin, wenn Sie Lust haben. Und wenn Sie viel Zeit haben, können Sie mir später Ihre Geschichte vorlesen.« Ich hatte noch Herzklopfen, als er zur Tür ging. Natürlich fuhr ich am nächsten Abend hin. Den halben Nachmittag hatte ich beim Friseur gesessen. Es war nicht einfach gewesen, so kurzfristig noch den späten Termin zu bekommen. Aber es hatte sich gelohnt. Dann saß ich da, in einem dezent ausgeleuchteten, saalartigen Raum. Ich hätte unsere frühere Disco fast nicht wiedererkannt. Kleine Tischchen mit Kerzen und jeweils einer einsamen Teerose im Wasserröhrchen. Bei jedem Tischchen zwei rotgepolsterte Sessel, alles war auf Intimität ausgelegt. Rund um mich herum zwei Dutzend Frauen zwischen fünfzig und siebzig, meist paarweise an einem Tisch. Ein halbes Dutzend Männer der gleichen Altersgruppe, die alleine saßen. Das Verhältnis erschien mir bezeichnend. Haben ältere Männer keine Sehnsucht mehr nach Zärtlichkeit? Oder trauen sie sich damit nur nicht an die Öffentlichkeit? Die Band war auf einem Podest in einer Ecke untergebracht. Béla saß links, rechts der Schlagzeuger, in der Mitte der Gitarrist und Sänger. Es war ein Schock, in ihm den Blonden aus dem Kölner BMW zu erkennen.
    Aber gleichzeitig sagte ich mir, damit sei das geklärt. Nur ein Freund und Arbeitskollege. Sie spielten den gesamten Gerhard Wendland rauf und runter, ein bisschen Heintje und Roy

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