Bella und Edward, Band 4: Biss zum Ende der Nacht
zusammen in der Kälte zelteten. Es war fast unvorstellbar, was sich seit letztem Juni alles verändert hatte. Noch vor sieben Monaten schien unsere Dreiecksbeziehung unmöglich, ein dreifaches Leid, unvermeidlich. Jetzt war alles im Gleichgewicht. Welch grausame Ironie des Schicksals, dass die Puzzleteile sich gerade rechtzeitig zusammengefügt hatten, nur um allesamt zerstört zu werden.
Am Silvesterabend begann es wieder zu schneien. Diesmal zerfielen die winzigen Flocken nicht auf dem steinigen Boden der Lichtung. Während Renesmee und Jacob schliefen â Jacob schnarchte so laut, es war erstaunlich, dass Renesmee nicht davon aufwachte â, überzog der Schnee die Erde erst mit einer dünnen Schicht, dann wuchs er immer höher. Als die Sonne aufging, war die Szene aus Aliceâ Vision vollkommen. Edward und ich hielten uns an der Hand, während wir über das glitzerweiÃe Feld schauten, keiner von uns sagte ein Wort.
Bis zum frühen Morgen hatten sich auch die anderen versammelt, ihre Augen waren stumme Zeugen ihrer Vorbereitungen â manche hellgolden, andere blutrot. Bald darauf hörten wir, wie sich die Wölfe im Wald regten. Jacob tauchte aus dem Zelt auf und gesellte sich zu ihnen, Renesmee lieà er weiterschlafen.
Edward und Carlisle stellten die anderen in einer lockeren Schlachtordnung auf, die Zeugen wie Säulen an den Rand.
Ich schaute aus einiger Entfernung zu, ich wartete am Zelt darauf, dass Renesmee aufwachte. Dann half ich ihr beim Anziehen der Kleider, die ich zwei Tage zuvor sorgfältig ausgewählt hatte. Kleider, die ein bisschen rüschig und mädchenhaft aussahen, die jedoch so robust waren, dass man sie nicht so schnell abnutzte â selbst wenn man damit auf dem Rücken eines riesigen Werwolfs durch mehrere Staaten ritt. Ãber der Jacke trug sie den schwarzen Lederrucksack mit den Papieren, demGeld, dem Hinweis und meinen Briefen an sie und Jacob, Charlie und Renée. Sie war so stark, dass ihr das Gewicht nichts ausmachte.
Mit groÃen Augen sah sie, wie ich litt. Doch sie hatte sich schon so viel zusammengereimt, dass sie mich nicht fragte, was ich tat.
»Ich hab dich lieb«, sagte ich. »Mehr als alles auf der Welt.«
»Ich hab dich auch lieb, Momma«, sagte sie. Sie berührte das Medaillon, das sie um den Hals trug und in dem ein kleines Foto von ihr, Edward und mir steckte. »Wir bleiben immer zusammen.«
»In unseren Herzen bleiben wir immer zusammen«, verbesserte ich sie flüsternd, leise wie ein Atemhauch. »Doch wenn heute die Zeit gekommen ist, musst du mich verlassen.«
Ihre Augen weiteten sich und sie legte die Hand an meine Wange. Das stumme Nein war lauter, als wenn sie es geschrien hätte.
Ich versuchte zu schlucken, meine Kehle fühlte sich geschwollen an. »Wirst du das für mich tun? Bitte?«
Sie presste die Finger fester an mein Gesicht. Warum?
»Das kann ich dir nicht sagen«, flüsterte ich. »Aber du wirst es bald verstehen. Das verspreche ich dir.«
In meinem Kopf sah ich Jacobs Gesicht.
Ich nickte. Dann nahm ich ihre Hand von meinem Gesicht. »Denk nicht daran«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Sag Jacob nichts davon, bis ich dir sage, du sollst wegrennen, ja?«
Das verstand sie. Auch sie nickte.
Ich holte eine letzte Kleinigkeit aus der Tasche.
Als ich die Sachen für Renesmee eingepackt hatte, war mir auf einmal etwas Funkelndes ins Auge gestochen. Ein zufälliger Sonnenstrahl war durch das Dachfenster gefallen und hatte dieEdelsteine auf dem wertvollen antiken Kästchen erleuchtet, das ich weit oben in einem Regal versteckt hatte. Ich hatte einen Moment überlegt und dann die Schultern gezuckt. Nach allem, was ich aus Aliceâ Hinweisen geschlossen hatte, konnte ich nicht davon ausgehen, dass die bevorstehende Begegnung friedlich verlaufen würde. Aber warum sollte man nicht so freundlich wie möglich beginnen? Das konnte ja nicht schaden. Also hatte ich vielleicht doch noch einen Rest Hoffnung â blinde, sinnlose Hoffnung â, denn ich war auf die Leiter gestiegen und hatte das Hochzeitsgeschenk, das Aro mir geschickt hatte, aus dem Regal geholt.
Jetzt legte ich mir das goldene Seil um den Hals und spürte, wie sich das Gewicht des gewaltigen Diamanten in die Mulde meiner Kehle drückte.
»Schön«, flüsterte Renesmee. Dann schlang sie die Arme wie einen Schraubstock um meinen
Weitere Kostenlose Bücher