Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
Hand.»
    «Warum?»
    «Weil du mich heute auch im Leichenschauhaus statt im Krankenhaus hättest vorfinden können.»
    Sara biss sich auf die Lippe und kämpfte gegen Tränen an.
    «Ist ja jetzt alles okay», sagte sie und legte die Hand auf seine Wange. «Und nun schlaf.»
    Er schloss die Augen. Sie merkte deutlich, dass er um ihretwillen wach bleiben wollte.
    «Ich will aber nicht einschlafen», sagte er und schlief ein.
    Sara schaute ihn an, sah, wie sich sein Brustkorb bei jedem Atemzug hob und wieder senkte. Sie streckte den Arm aus, strich ihm die Haare aus der Stirn und ließ die Hand ein paar Sekunden dort liegen. Dann berührte sie seine Wange. Seine Bartstoppeln machten sich bemerkbar, schwarz meliert am Gesicht und am Hals. Sie strich behutsam mit den Fingern darüber und lächelte bei den Erinnerungen, die sich einstellten.
    Im Schlaf war er wie der Jeffrey, in den sie sich verliebt hatte:
    -192-
    der Mann, der ihr zugehört hatte, wenn sie von ihrem Tag erzählte, der Mann, der ihr die Tür aufhielt und Spinnen umbrachte und die Batterien im Rauchmelder wechselte.
    Schließlich nahm Sara seine Hand und küsste sie, bevor sie das Krankenzimmer verließ.
    Sie ließ sich Zeit für den Weg über den Flur zur
    Schwesternstation und hatte dabei das Gefühl, von Erschöpfung überwältigt zu werden. Die Uhr an der Wand zeigte, dass sie eine Stunde hier gewesen war, und Sara wurde abrupt bewusst, dass sie wieder nach Krankenhauszeit funktionierte, in der acht Stunden so schnell vergingen wie acht Sekunden.
    «Schläft er?», fragte Ellen.
    Sara stützte sich mit den Ellbogen auf den Tresen der Aufnahme. «Ja», antwortete sie. «Er wird schon wieder.»
    Ellen lächelte. «Aber sicher doch.»
    «Da bist du ja», sagte Hare und massierte Saras Schultern.
    «Wie fühlst du dich denn so in einem echten Krankenhaus unter erwachsenen Ärzten?»
    Sara wechselte einen Blick mit Ellen. «Sie müssen meinen Cousin schon entschuldigen, Ellen. Was ihm an Haar und Körpergröße fehlt, macht er dadurch wett, dass er sich aufführt wie ein Arschloch.»
    «Autsch.» Hare schnitt eine Grimasse und presste die Daumen in Saras Schultern. «Könntest du vielleicht für mich einspringen, während ich mal einen Happen essen gehe?»
    «Wen haben wir denn?», fragte Sara. Es würde ihr
    wahrscheinlich nicht gut tun, jetzt gleich nach Hause zu fahren.
    Ellen deutete ein Lächeln an. «In zwei haben wir einen Vielflieger, der Neonlicht-Therapie bekommt.»
    Sara musste laut lachen. Im Krankenhausjargon hatte Ellen sie gerade informiert, dass der Patient in Zimmer zwei ein Hypochonder war, den man einfach in die Deckenbeleuchtung
    -193-
    starren ließ, bis er sich besser fühlte.
    «Miniblatt», fasste Hare zusammen. Der Patient spielte nicht mit einem kompletten Kartenspiel.
    «Und was sonst?»
    «Ein Bürschchen vom College, das seinen Rausch
    ausschläft», sagte Ellen.
    Sara wandte sich an Hare. «Ich weiß nicht, ob ich mit so komplizierten Fällen fertig werde.»
    Er griff ihr liebevoll neckend unters Kinn. «So ist's recht, Mädchen.»
    «Ich muss vorher meinen Wagen umparken», sagte Sara, der einfiel, dass sie auf einem Behindertenplatz stand. Da jeder Cop in der Stadt ihren Wagen kannte, bezweifelte Sara, dass sie einen Strafzettel bekäme. Aber sie wollte nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen und ihre Gedanken zu sammeln, bevor sie wieder hineinging, um nach Jeffrey zu sehen.
    «Wie geht es ihm?», fragte Lena, kaum dass Sara das Wartezimmer betreten hatte. Sara sah sich um und stellte verblüfft fest, dass außer Lena niemand da war.
    «Wir haben es aus dem Funkverkehr rausgehalten»,
    informierte Lena sie. «Solche Dinge...» Ihre Stimme verlor sich.
    «Solche Dinge - was?», reagierte Sara sofort. «Entgeht mir hier etwas, Lena?»
    Lena blickte nervös zur Seite.
    «Sie wissen, wer es getan hat, hm?», fragte Sara.
    Lena schüttelte den Kopf. «Ich bin mir nicht sicher.»
    «Und jetzt ist Frank da und vertritt ihn?»
    Sie zuckte die Achseln. «Ich hab keine Ahnung. Er hat mich hier abgesetzt.»
    «Ziemlich leicht, keine Ahnung zu haben, wenn man sich
    -194-
    nicht die Mühe macht nachzufragen», schimpfte Sara. «Dass Jeffrey heute Abend hätte tot sein können, ist Ihnen wohl auch entgangen.»
    «Das weiß ich durchaus.»
    «Ja?», hakte Sara nach. «Und wer hat ihm Rückendeckung gegeben, Lena?»
    Lena schickte sich an, ihr zu antworten, aber sie wandte sich ab, bevor Lena etwas sagen konnte.
    Sara stieß die

Weitere Kostenlose Bücher