Belladonna
soll.» Er deutete auf Julia Matthews. «Ich möchte nämlich nicht, dass sie auch so endet.»
Sara betrachtete ihn forschend über den Rand ihrer Brille. Sie wusste nicht, ob er es mit billiger Amateurpsychologie versuchte und seine Besorgnis um Sara hinter vorgegebener Besorgnis um Lena verbarg oder ob er tatsächlich um einen Rat bat, wie er mit Lena umgehen sollte.
Sie gab ihm eine Antwort, die zu beiden Alternativen passte. «Lena Adams?» Sie schüttelte verneinend den Kopf, sich dieser einen Sache ganz sicher. «Sie ist eine Kämpferin. Menschen wie Lena bringen sich nicht um. Sie töten andere, aber niemals sich selbst.»
«Ich weiß», antwortete Jeffrey. Dann schwieg er, als Sara den Magen abklammerte und entfernte.
«Das wird jetzt unangenehm», warnte sie vor und legte den Magen in eine Schale aus rostfreiem Stahl. Jeffrey hatte schon viele Autopsien miterlebt, und nichts verströmte einen so beißenden Geruch wie der Verdauungstrakt.
«He.» Überrascht davon, was sie sah, hielt Sara inne. «Sieh dir das hier an.»
«Was ist das denn?»
Sie rückte etwas zur Seite, damit er den Mageninhalt sehen konnte. Der war schwarz und flüssig. Daher benutzte sie ein Sieb, um den Inhalt herauszufiltern.
«Was ist das?», wiederholte er.
«Ich weiß nicht. Vielleicht irgendwelche Samen», sagte sie zu ihm und nahm einen von ihnen mit der Pinzette heraus. «Ich denke, wir sollten Mark Webster anrufen.»
«Hier», sagte er und hielt ihr einen Beutel für Beweismittel hin. Sie ließ den Samen in den Beutel fallen. «Meinst du, er will erwischt werden?»
«Sie wollen doch alle erwischt werden, oder?», entgegnete er. «Bedenke doch, beide zur Schau gestellt. Beide an halbwegs öffentlichen Orten. Er weidet sich an dem Risiko.»
«Ja», stimmte sie zu und zwang sich, nicht mehr zu sagen. Sie wollte nicht in die grässlichen Details der Fälle gehen. Sie wollte nur ihre Arbeit tun und dann von dort, aus Jeffreys Gegenwart, verschwinden.
Jeffrey hingegen schien das Gegenteil vorzuhaben. Er fragte: «Die Samen haben eine starke Wirkung, stimmt's?»
Sara nickte.
«Glaubst du also, er hat dafür gesorgt, dass sie nicht bei sich war, während er sie vergewaltigte?»
«Ich habe nicht die geringste Ahnung», antwortete sie wahrheitsgemäß.
Er hielt inne, als wüsste er nicht, wie er den nächsten Satz formulieren sollte.
«Was ist?», forderte sie ihn auf.
«Lena», sagte er. «Ich meine, Julia hat Lena gesagt, dass es ihr gefallen hat.»
Sara merkte, dass sie unwillkürlich die Stirn runzelte. «Was?»
«Nicht dass es ihr wirklich gefiel, aber dass er Liebe mit ihr gemacht hat.»
«Er hat ihr die Zähne ausgeschlagen und ihr das Rektum aufgerissen. Wie konnte sie das als Liebemachen bezeichnen?»
Er zuckte die Achseln, als sei er ebenso um eine Antwort verlegen, aber sagte dann: «Vielleicht hat er sie derart unter Drogen gesetzt, dass sie nichts gespürt hat. Vielleicht wüsste sie gar nicht, wie ihr geschah, bis danach.»
Sara überlegte. «Wäre möglich», sagte sie. Ihr war unwohl bei dem Gedanken. «Jedenfalls hat sie das gesagt», antwortete er.
Bis auf das abebbende Geräusch der Kühlanlage war es still im Raum. Sara machte sich wieder an die Autopsie und trennte mit Hilfe von Klemmen Dünndarm von Dickdarm. Die Gedärme lagen schlaff in ihren Händen, wie nasse Nudeln, als sie sie aus der Bauchhöhle hob. Während der letzten paar Tage ihres Lebens hatte Julia Matthews so gut wie keine feste Nahrung zu sich genommen. Ihr Verdauungstrakt war relativ leer.
«Sehen wir uns das mal an», sagte Sara und legte die Eingeweide auf die Organwaage. Ein metallisches Klicken ertönte, als sei ein Penny in eine Blechdose gefallen.
«Was war das?», fragte Jeffrey.
Sara antwortete ihm nicht. Sie nahm die Eingeweide wieder in die Hand und ließ sie nochmals auf die Waage fallen. Dasselbe Geräusch war zu hören, eine blecherne Vibration auf der Waagschale. «Irgendwas ist da drin», murmelte Sara und ging hinüber zum Lichtkasten an der Wand. Mit dem Ellbogen schaltete sie das Licht ein, das die Röntgenaufnahmen von Julia Matthews beleuchtete. Die Bilder vom Hüftbereich befanden sich in der Mitte.
«Erkennst du etwas?», fragte Jeffrey.
«Was immer es ist, es befindet sich im Dickdarm», antwortete Sara und starrte auf etwas in der unteren Hälfte des Rektums, das aussah wie ein Splitter. Sie hatte ihn vorher noch nicht bemerkt oder war davon ausgegangen, dass es ein Fehler im Film war. Der
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