BELLAGIO -- Roman (German Edition)
war überfällig. Nur... was? Aber wäre das nicht zu egoistisch? Sie hatte nicht viel Geld. Vielleicht sollte sie jetzt doch lieber abwarten wie sich das mit Chris entwickelte. Sie schlug die Zeitung auf, doch heute konnte sie sich nicht auf die Texte konzentrieren. Sie blätterte einfach durch, um wenigstens die Überschriften zu lesen und informiert zu sein.
Doch plötzlich hielt sie inne.
‚Carola Maurer’
stand da in großen schwarzen Lettern. Als Todesanzeige! War das die Carola Maurer aus ihrer damaligen Clique in der Schule? Das konnte doch nicht sein. Sie war doch nur ein Jahr älter gewesen als sie selbst! Ela las den Text:
‚Nach einer kurzen heftigen Krebserkrankung verabschieden wir uns von unserer Mutter, Tochter, Lebenspartnerin und Freundin Carola Maurer die mit nur 3 9 Jahren von uns ging...’
Also doch. Sie war es. So jung war sie gestorben. Die hübsche Caro, die nichts anbrennen ließ, die eines der beliebtesten und begehrtesten Mädchen an der Schule gewesen war. Unzählige Herzen hatte sie gebrochen, mit ihrer coolen, aber auch charmanten Art. Natürlich hatte sie alles mitgenommen, Männer, Rauchen, Alk, Hasch, und auch härtere Drogen. Aber mit 3 9 an Krebs sterben? Wo alle dachten, dass einmal etwas ganz Großes aus Caro werden würde?
Ela saß wie versteinert da. Sie war wie betäubt, konnte kaum denken. Aber trotzdem tauchten ungewollt die Bilder der Erinnerung vor ihrem inneren Auge auf. Als sie diese Todesanzeige sah, wurde es Ela endgültig und ein für allemal klar: Das Leben war kurz!
Was, wenn sie selbst in einem Jahr tot wäre? Mit dem bisschen Leben, das sie jetzt gehabt hatte? Ach was, Leben! Es war eigentlich nur noch pures Existieren, manchmal sogar eher ein Vegetieren. Nein. Damit musste jetzt Schluss sein. Ela beschloss in diesem Moment, dass sie so nicht weiter machen würde. Ab heute würde sie anders leben. Mit Schwung, mit Elan, sie würde das machen, was sie liebte.
Schluss, aus, Punkt. Die alte Ela gab es ab sofort nicht mehr.
X Y Y
Alex fing an zu packen, nachdem er Frau Sauer, die Haushälterin, angerufen hatte. Er hatte ihr die Situation geschildert und sie gebeten, ihm nicht böse zu sein, dass er sie nicht mehr beschäftigen könne. Eigentlich hatte er von der resoluten Frau Sauer mit einem Donnerwetter gerechnet. Anstatt dessen wäre sie ihm telefonisch fast um den Hals gefallen. Sie flötete ins Telefon, dass sie so froh sei darüber, weil sie so viel Arbeit hatte und ihr vor Kurzem ein neuer Auftrag bei sich quasi um die Ecke angetragen worden war. Dass sie zu Schönauers hingegen aber durch die ganze Stadt fahren musste. Dass ihr das sehr gelegen käme, sich aber nie getraut hätte, von sich aus zu kündigen, weil sie die Familie nicht im Stich lassen wollte, die viele Jahre so nett und großzügig zu ihr gewesen war.
Als Alex auflegte dachte er ’Eine Sorge weniger – für beide.’ Wie das Leben manchmal spielte. Er lächelte vor sich hin. Warum kam es so gut wie nie so, wie man es sich gedacht hatte? Weder im Guten noch im Schlechten? Am besten, man dachte gar nicht mehr. Nicht mehr denken, einfach leben und es nehmen, wie es kam. Einfach das tun, das einen glücklich machte und mit den Menschen die man liebte, möglichst viel Zeit verbringen. Ja, so wollte er es ab jetzt halten. All seine hoch fliegenden Pläne und Ziele hatten nur zu einem geführt, zu seinem Bankrott. Hätte er sich nicht so abgehetzt, wäre er nicht so hohe Risiken eingegangen, wäre er nicht so größenwahnsinnig geworden, hätte er nur mit ehrlichen und verlässlichen Menschen Geschäfte gemacht, wäre er mit weniger zufrieden gewesen, hätte er sich mehr um seine Kinder und seine Frau gekümmert... wie wäre dann alles gekommen?
Und dann schlich sich plötzlich noch ein lange verdrängtes ‚Wäre’ in seine Gedanken ein, an das zu denken er sich vor langer Zeit verboten hatte.
‚Wie wäre alles gekommen, wenn er bei Gabi geblieben wäre?’
Denn trotz aller Verdrängung war ihm eines längst klar geworden. Dass sie es war, die er geliebt hatte. Nicht Camille.
Camille hatte ihn geblendet, sie war die unwiderstehlichste Sirene gewesen, die ihm je begegnet war. Auf so einen Typ Frau war er einfach nicht vorbereitet gewesen. Niemand, den er je gekannt hatte, war so gewesen wie sie. Sie hatte ihn bezirzt, hatte ihn umgehauen und von seinem Kurs abgebracht. Sie hatte ihn dazu verführt, sich selbst an ihrer Seite zu sehen, sich in
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