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Benedikt XVI

Benedikt XVI

Titel: Benedikt XVI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licht der Welt
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ist Fortschritt?
Heute sehen wir, dass der Fortschritt auch zerstörerisch sein kann. Insofern
müssen wir reflektieren, welche Kriterien wir finden müssen, damit Fortschritt
auch wirklich Fortschritt ist.
    Das
Konzept des Fortschritts hatte ursprünglich zwei Aspekte: Zum einen war da der
Fortschritt an Erkenntnis. Darunter verstand man, die Realität zu begreifen.
Das ist in einem unglaublichen Ausmaß durch die Kombination von mathematischer
Weltsicht und Experiment auch geschehen. Heute können wir dadurch die DNA, die
Struktur des Lebens wie überhaupt die Struktur des Funktionierens der ganzen
Wirklichkeit, rekonstruieren - bis dahin, dass wir sie inzwischen teilweise
nachbauen können und bereits anfangen, nun selber Leben zu bauen. Insofern
sind mit diesem Fortschritt auch neue Möglichkeiten des Menschen entstanden.
     
    Der Grundgedanke war: Fortschritt ist Erkenntnis.
     
    Und Erkenntnis ist Macht. Das
heißt, wenn ich erkenne, dann kann ich auch verfügen. Erkenntnis hat Macht gebracht,
aber in einer Weise, dass wir nun mit unserer eigenen Macht zugleich die Welt,
die wir glauben durchschaut zu haben, auch zerstören können.
    So wird
sichtbar, dass in der bisherigen Kombination des Fortschrittsbegriffs aus
Erkenntnis und Macht ein wesentlicher Gesichtspunkt fehlt, nämlich der Aspekt
des Guten. Es ist die Frage: Was ist gut? Wohin muss die Erkenntnis die Macht
führen? Geht es nur darum, eben überhaupt einmal verfügen zu können - oder muss
auch die Frage nach den inneren Maßstäben, nach dem, was für die Menschen, für
die Welt gut ist, gestellt werden? Und das ist, denke ich, nicht in
ausreichender Weise geschehen. Dadurch ist im Grunde der ethische Aspekt, zu
dem die Verantwortung vor dem Schöpfer gehört, weitgehend ausgefallen. Wenn
dann nur die eigene Macht durch eigene Erkenntnis vorangetrieben wird, wird diese
Art von Fortschritt richtiggehend zerstörerisch.
     
    Welche Konsequenzen müssten nun folgen?
     
    Es müsste heute eine große
Gewissenserforschung einsetzen. Was ist wirklich Fortschritt? Ist es
Fortschritt, wenn ich zerstören kann? Ist es Fortschritt, wenn ich Menschen
selber machen, selektieren und beseitigen kann? Wie kann Fortschritt ethisch
und menschlich bewältigt werden? Aber nicht nur die Kriterien des Fortschritts
müssten neu bedacht werden. Es geht neben der Erkenntnis und dem Fortschritt
auch um den anderen Grundbegriff der Neuzeit: um die Freiheit. Die als
Freiheit verstanden wird, alles machen zu können.
    Es gibt
aus diesem Denken heraus den Anspruch, dass die Wissenschaft nicht teilbar ist.
Das heißt, was man kann, muss man auch machen können. Alles andere wäre gegen
die Freiheit.
    Ist das
wahr? Ich denke, es ist nicht wahr. Wir sehen, wie die Macht des Menschen
ungeheuer gewachsen ist. Was aber nicht mitwuchs, war sein ethisches Potential.
Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich heute in den Früchten eines Fortschritts,
der nicht moralisch bedacht war.
    Die große Frage ist nun: Wie kann
man den Begriff des Fortschritts und seine Realität korrigieren und dann auch
von innen her positiv beherrschen? Insofern ist hier eine umfassende
Grundlagenbesinnung notwendig.
     
    Wie schwer wir uns damit tun,
diese Kriterien des Fortschritts zu verändern, machte die Weltklimakonferenz
in Kopenhagen vom Dezember 2009 deutlich. 17 Jahre haben die Regierungen dieser
Welt seit dem ersten Treffen von Rio bis zu diesem entscheidenden Gipfel gebraucht,
den Wissenschaftler, Umweltschützer und Politiker zu einer der wichtigsten
Konferenzen in der Geschichte der Menschheit erklärt hatten. Grundlage war das
Forschungsergebnis von mehr als eintausend Wissenschaftlern, die im Auftrag des
UN-Klimarates IPCC errechneten, dass die globalen Temperaturen von heute an nur
noch maximal um zwei Grad steigen dürfen. Bei einer weiteren Erwärmung wird
das Klima unumkehrbar kippen.
    Der
Kompromissentwurf von Kopenhagen aber beinhaltet noch nicht einmal konkrete
Vorgaben. Die Zwei-Grad-Grenze wird nun mit hoher Sicherheit überschritten
werden. Die Folge davon sind Stürme, Überschwemmungen, verdorrte Ernten. Muss
dieses Ergebnis nicht auch jene bestätigen, die die Menschheit für schlichtweg
unfähig halten, eine Bedrohung wie den Klimawandel in einer kollektiven
Anstrengung überhaupt noch lösen zu können?
     
    Das ist in der Tat das große
Problem. Was können wir tun? Es gibt angesichts der drohenden Katastrophe inzwischen
überall die Erkenntnis, dass wir moralische Entscheidungen

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