Benedikt XVI
geradezu
ein Beweis dafür, dass Er die Kirche hält und gegründet hat. Wenn sie nur von
den Menschen abhinge, wäre sie längst zugrunde gegangen.
Das Gros der Missbrauchsfälle ist
in den 70er und 80er Jahren zu verzeichnen. Der Präfekt der Kongregation für
die Ordensleute, Kardinal Franc Rode, verwies in dem Zusammenhang auch auf den
langjährigen Verfall des Glaubens und die Aushöhlung der Kirche, die mit für
die Skandale ursächlich seien. "Die säkularisierte Kultur ist in einige
westliche Orden eingedrungen", so Rode, "und dabei sollte gerade das
Ordensleben eine Alternative zur ,Leitkultur' darstellen, anstatt diese widerzuspiegeln.
"
Natürlich hat die geistige
Konstellation der 70er Jahre, die sich bereits in den 50er Jahren anbahnte,
dazu beigetragen. Damals wurde nicht zuletzt auch die Theorie entwickelt,
Pädophilie sei als etwas Positives zu betrachten. Vor allen Dingen aber wurde
die These vertreten - und sie ist auch in die katholische Moraltheologie eingedrungen
-, dass es etwas in sich Schlechtes nicht gebe. Es gebe nur "relativ"
Schlechtes. Was gut oder schlecht ist, hänge von den Folgen ab.
In einem
solchen Kontext, in dem alles relativ ist und das in sich Böse nicht existiert,
sondern nur das relativ Gute und das relativ Böse, sind dann Menschen, die eine
Neigung zu solchem Verhalten haben, bodenlos geworden. Natürlich ist
Pädophilie zunächst eher eine Krankheit Einzelner, aber dass sie dann so
wirksam werden und sich so ausbreiten konnte, hing auch mit einer geistigen
Konstellation zusammen, durch die in der Kirche die Grundlagen der Moraltheologie,
Gut und Böse, fragwürdig geworden waren. Gut und Böse wurden vertauschbar, sie
standen nicht mehr in aller Klarheit gegeneinander.
Auch die Aufdeckung des
Doppellebens des Gründers der Ordensgemeinschaft der "Legionäre Christi",
Marcial Maciel Degollado, erschütterte die Kirche. Missbrauchsvorwürfe gegen
den 2008 in den USA verstorbenen Maciel standen bereits seit Jahren im Raum.
Die Lebensgefährtin Maciels gab an, Mutter zweier gemeinsamer Kinder zu sein.
In Mexiko sind nun Stimmen zu hören, die öffentlichen Entschuldigungen der "Legionäre
Christi" reichten nicht aus, die Ordensgemeinschaft müsse aufgelöst
werden.
Leider sind wir nur sehr langsam
und verspätet an diese Dinge herangekommen. Sie waren irgendwie sehr gut verdeckt,
und erst seit etwa dem Jahr 2000 haben wir konkrete Anhaltspunkte gewonnen.
Schließlich brauchte es eindeutige Zeugnisse, um wirklich Gewissheit zu haben,
dass die Vorwürfe zutreffen.
Für mich
bleibt Marcial Maciel eine mysteriöse Gestalt. Da ist einerseits ein Leben,
das, wie wir nun wissen, jenseits des Moralischen liegt, ein abenteuerliches,
vertanes, verdrehtes Leben. Andererseits sehen wir die Dynamik und die Kraft,
mit der er die Gemeinschaft der Legionäre aufgebaut hat.
Wir haben
inzwischen eine Apostolische Visitation durchführen lassen und einen Delegaten
eingesetzt, der mit einer Gruppe von Mitarbeitern die nötigen Reformen
vorbereitet. Natürlich sind Korrekturen zu machen, aber im Großen und Ganzen
ist die Gemeinschaft gesund. Es gibt hier viele junge Menschen, die mit
Begeisterung dem Glauben dienen wollen. Diese Begeisterung darf man nicht
zerstören. Viele sind von einer falschen Gestalt letztendlich doch zum
Richtigen gerufen worden. Das ist das Merkwürdige, der Widerspruch, dass sozusagen
ein falscher Prophet doch eine positive Wirkung haben konnte. Diesen vielen
jungen Menschen muss neu Mut gegeben werden. Es braucht eine neue Struktur,
damit sie nicht ins Leere fallen, sondern, richtig geleitet, weiter der Kirche
und den Menschen einen Dienst tun können.
Der Fall Maciel ist
unvergleichlich; aber daneben gibt es überall auch Priester, die entweder
heimlich oder auch mit Wissen ihrer Gemeinde oder gar der Kirchenleitung in
einer eheähnlichen Beziehung leben. Der Skandal wird umso größer, wenn Kinder
aus diesen Verbindungen in Heime abgeschoben werden, während die Kirche die
Alimente bezahlt.
Das darf es nicht geben. Alles,
was Lüge und Verheimlichung ist, darf nicht sein. Es gibt in der Kirchengeschichte
leider immer wieder Zeiten, in denen solche Situationen eintreten und sich
ausbreiten, gerade wenn sie gleichsam im Zug des geistigen Klimas der Zeit liegen.
Dies ist natürlich auch eine besonders dringliche Herausforderung für uns alle.
Wo ein Priester mit einer Frau zusammenlebt, muss geprüft werden, ob ein wirklicher
Ehewille
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